Nirgendwo anders lauscht man so gerne dem Ohrenkino als in der Bundesrepublik. Seit 95 Jahren begeistern Hörspiele die Nation. Die Serie „Die drei ???“ ist die erfolgreichste Hörspielreihe nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Rund 40 Mio. Tonträger gingen von ihr über die Ladentische – mehr als viele Musiker sich für ihre Platten erträumen könnten.

Deutschland ist die Hörspielnation Nr. 1. In keinem anderen Land werden mehr Hörspiele produziert und konsumiert. Der Hörspielbereich stellt damit den einzigen Kultursektor dar, in dem die Bundesrepublik weltweit eine unangefochtene Spitzenposition besitzt. Die Begeisterung färbte in den vergangenen Jahrzehnten auch auf die anderen deutschsprachigen Länder ab.

Ihren Anfang nahm die einzigartige Erfolgsgeschichte im Jahre 1923, als der Ingenieur F. A. Tiburtius in den Berliner Experimentalstudios von Telefunken das erste richtige Hörspiel nach heutigen Maßstäben inszenierte. Es hatte den Titel „Anke“ und spielte in einem Leuchtturm an stürmischer Küste mit vielen entsprechenden Meeresgeräuschen. Öffentlich ausgestrahlt wurde es jedoch nie. Die ersten über Radiosender ausgestrahlten Hörspiele gab es in Deutschland 1924.

„Deutschlands internationale Führungsposition ist darauf zurückzuführen, dass in den 70er und 80er Jahren Hörspiel-Kassetten und -Schallplatten sehr günstig verkauft wurden – oft sogar in Supermärkten. Dadurch gelangten enorm viele in die deutschen Kinderzimmer. Die Kinder von damals kaufen heute als Erwachsene selbst Hörspiele – meist in Form von CDs – und halten so die große Nachfrage aufrecht“, erklärt Björn Akstinat, Autor des meistverkauften Buchs über Hörspiele.

„Mittlerweile ist die Serie „Die drei ???“ die erfolgreichste Hörspielreihe Deutschlands und der Welt. Von ihr gingen bereits über 40 Mio. Tonträger über die Ladentische. Da werden selbst internationale Musikstars neidisch“, meint Björn Akstinat, der sich in seinem Buch „Das ABC der drei Fragezeichen“ intensiv mit der Detektivserie beschäftigte. Weitere bekannte und populäre Serien aus deutscher Produktion sind „John Sinclair“, „TKKG“, „Gabriel Burns“, „Bibi Blocksberg“, „Sherlock Holmes“ oder „Point Whitmark“. Solch eine Produktionsvielfalt kennt kein anderes Land, wie internationale Untersuchungen ergeben haben.

Als in den 70er und 80er Jahren die Hörspiel-Euphorie ausbrach, warnten viele Lehrer vor dem Konsum des populären Mediums, weil dadurch angeblich das Lesen zu kurz käme.
Dass der Hörspielkonsum der Intelligenz und Kreativität nicht schadet, beweisen viele prominent gewordene Hörspielfans wie Bastian Pastewka, Enie van de Meiklokjes, Hennes Bender, Daniel Brühl, Bela B., Oliver Kalkofe und Xavier Naidoo. Sie hören ihre Lieblingsserien beim Einschlafen, bei Hausarbeiten oder beim Autofahren. „Ich kenne viele Menschen, die sind regelrecht süchtig nach Hörspielen. Sie brauchen die leise Berieselung zum Einschlafen“, so Experte Akstinat.

Kaufhörspielen wird heute verständlicherweise öfter und lieber gelauscht als zeitgebundenen Radiohörspielen. Aber eine neue, sehr zeit– und ortsgebundene Art des Hörspielkonsums wird immer beliebter: Live-Hörspiele. Zur Aufführung eines „Drei ???“-Hörspiels auf der Berliner Waldbühne kamen über 15.000 Fans aus ganz Deutschland – das war Weltrekord. Auch eine neue Form der Hörspielpräsentation ist das Vorspielen von „Drei ???“-Produktionen in deutschen Planetarien. Wo normalerweise Sternbilder und astronomische Phänomene zu sehen sind, können Besucher seit einiger Zeit die Abenteuer der drei jungen Detektive Justus, Peter und Bob mit 3D-Toneffekten und Filmbildern zu den jeweiligen Hörspielszenen erleben.

Berlin (IMH)

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