Vor weniger als drei Monaten veröffentlichte die DAZ ein Interview mit dem Gelehrten. Nun ist der Sohn des sowjetischen Schriftstellers Mukhtar Äuesow aus dem Leben geschieden. Mit dem wichtigsten deutschen Dichter und Übersetzer Herold Belger verband den 81-jährigen eine freundschaftliche Beziehung.
In Almaty ist am vergangenen Freitag der bekannte Kulturwissenschaftler und Diplomat Murat Äuesow verstorben. Er wurde 81 Jahre alt. An der Trauerfeier für den Gelehrten in Almaty nahmen Hunderte von Menschen teil. Sie fand im Kasachischen Nationalen Schauspielhaus statt, das nach Äuesows Vater Mukhtar Äuesow benannt ist.
Zu den Besuchern der Zeremonie zählten neben Verwandten und Freunden des Verstorbenen auch kasachstanische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Senatsabgeordnete, Journalisten und einfache Bürger teil. Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew drückte der Familie und den Freunden Äuesows sein Beileid aus. Die Beisetzung fand auf dem Zentralfriedhof in Almaty in der Nähe des Grabes seines Vaters statt.
In den Fußstapfen des Vaters
Murat Äuesow leitete Anfang der 2000er Jahre die Stiftung „Soros Kasachstan“, wurde später Direktor der Nationalbibliothek (von 2003 bis 2007) und leitete seit 2007 die Mukhtar-Äuesow-Stiftung. Zu Lebzeiten machte er sich einen Namen als Forscher im Bereich der kasachischen Literatur. Zudem war er Autor der monografischen Werke „Der Faden, der die Zeiten verbindet“ und „Hippokrene. Gang zu den Quellen der Zeiten“. Somit trat er in die Fußstapfen seines großen Vaters Mukhtar Äuesow, der vor allem als Autor des Romans „Abais Weg“ Berühmtheit erlangte, und setzte dessen Werk fort.
Nur wenige Monate vor dem Tod Äuesows gelang es der Deutschen Allgemeinen Zeitung, ein Interview mit dem weltgewandten Intellektuellen zu führen, der neben Kasachisch und Russisch auch Englisch und Chinesisch beherrschte. Darin äußerte er sich vor allem über Herold Belger, der in diesem Jahr sein 90. Geburtstagsjubiläum gefeiert hätte und Äuesow als Vorbild galt. „Ich hatte Glück: Mehr als ein halbes Jahrhundert meines Lebens verstrich unter Herold Karlowitschs warmem, sehr wohlwollendem Auge und erzieherischem Einfluss“, sagte Äuesow gegenüber der DAZ-Korrespondentin Marina Angaldt. „Belger brachte Ost und West zusammen, vermenschlichte die Geschichte und belebte die alte Einheit der Kunst wieder. Er ist eine Persönlichkeit von gesamtgeschichtlichem Ausmaß.“
Belger verglich Äuesow mit Sokrates
Doch auch Belger sparte nicht mit lobenden Worten für seinen Zeitgenossen, verglich ihn sowohl mit Sokrates als auch mit dem Protagonisten aus Hermann Hesses „Steppenwolf“. Äuesow nahm jede Anerkennung seitens Belger mit Freude auf, schwärmte: „Er (Belger) merkte erfreut an, und das geschah öffentlich vor anderen Schriftstellern: Seht her, wie erfolgreich Murat in der kasachischen Sprache floriert! Das war für mich so ein hohes Lob und eine hohe Anerkennung. Von Herold Karlowitsch ging so ein Wohlwollen mit erhöhter Komplementarität aus, indem er denjenigen stärkte, der auf dem richtigen Weg war und nach höchsten Ergebnissen strebte.