Der Deutsche Zollverein (1834-1871) diente als Instrument der damaligen politischen und wirtschaftlichen Einheit Deutschlands, analog zur Europäischen Union. In einem direkten Vergleich von EU und EAWU werden Möglichkeiten und Grenzen eines einheitlichen Wirtschaftsraumes von Lissabon bis Wladiwostok skizziert. Sollte man ihn besser bis Schanghai denken?

Die Haltung Österreichs zum Zollverein

[…] Der österreichische Staatskanzler Klemens Wenzel Lothar von Metternich (Clemens Wenceslaus Nepomuk Lothar Fürst von Metternich-Winneburg zu Beilstein, 1773-1859) bekämpfte die nationalen und liberalen Bewegungen und folglich auch den Zollverein. Er verwendete den Deutschen Bund als Unterdrückungsinstrument; die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraumes gemäß Art. 19 der Bundesakte wurde folglich vernachlässigt. Diese Passivität unterstützte letztlich die Vorherrschaft Preußens im Zollverein und die kleindeutsche Lösung.

Metternich betrachtet den Zollverein zunächst als „höchst nachteilige unheildrohende Erscheinung“. In einem Bericht von 1833 an Kaiser Franz I. (1768-1835) schreibt er: „Die kommerziellen Nachteile, welche [der Zollverein] für die österreichische Monarchie notwendig haben muss, eurer Majestät näher zu entwickeln, muss ich der Finanzbehörde […] überlassen […] Allein noch viel bedenklicher dürfte diese Rückwirkung auf dem politischen Felde sich für uns gestalten…

In dem großen Bundesverein (d.h. dem 1815 gegründeten deutschen Bund mit seinen wichtigsten Mächten Österreich und Preußen) entsteht ein kleinerer Nebenbund […], welcher nur zu bald sich daran gewöhnen wird, seine Zwecke mit seinen Mitteln in erster Linie zu verfolgen und die Bundeszwecke und Bundesmittel nur in zweiter Linie, insofern sie mit den ersteren sich vereinbaren lassen, zu berücksichtigen. Nach und nach werden die Vereinsstaaten unter tätiger preußischer Leitung und bei den sich notwendig bildenden gemeinsamen Interessen in einem mehr oder weniger kompakten Körper zusammenfließen, welcher bei jeder am Bundestage zur Verhandlung kommenden Frage (und dies nicht bloß in den Handel betreffenden Angelegenheiten) nach gemeinschaftlich verabredeten Grundsätzen vorangehen und in demselben Sinne abstimmen wird.“

Friedrich Wilhelm Freiherr von Reden (1802/04-1857) sieht 1846 folgende Gründe gegen einen Beitritt Österreichs zum Zollverein: „Ein mehrmonatlicher Aufenthalt im österreichischen Kaiserstaate hat in mir die Überzeugung befestigt: dass die österreichische Regierung ohne Beeinträchtigung anderer sehr wichtiger Absichten, mit dem besten Willen dem deutschen Zollvereine nicht beitreten kann. Die wichtigsten Interessen der österreichischen Monarchie gebieten nämlich die Forstschaffung der Binnenzolllinien; der gesamte Staat muss ein Handelsgebiet werden, wenn Geringwertigkeit und Verkehr sich gehörig entwickeln sollen. Österreich kann mithin nicht teilweise dem Zollvereine beitreten, die innere Scheidelinie würde dadurch noch verschärft; es kann aber auch nicht als Ganzes beitreten. Gegen den Beitritt des österreichischen Staates als Ganzes würden die Ungarn sich erheben, sie würden die Aufhebung der Binnenlinie dann nicht zugeben; allein auch dem Zollvereine würde dadurch ein fremdes Element zugesellt werden, welches leicht seine ursprüngliche Natur verändern dürfte. Die bisherige Nichterfüllung des Artikels 19 der Bundesakte, hat ohne Zweifel in diesen Schwierigkeiten ihren hauptsächlichsten Grund; den Bestimmungen der Bundesakte kann aber auch durch einen Vertrag über die gegenseitigen Beziehungen des Handels und der Schifffahrt vollständig Genüge geleistet werden.“ […]

Die Fortsetzung dieses Beitrags lesen Sie in den nachfolgenden Ausgaben.

Peter Enders, Galina Nurtasinowa und Ulf Schneider

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