Gastarbeiter aus Tadschikistan, Usbekistan, Kirgisistan und anderen Staaten kommen immer öfter nach Almaty, um mehr zu verdienen und ein besseres Leben zu führen. Einer von ihnen ist der 18-jährige Usbeke Alischer – ein Porträt.
/Bild: Dildora Abdullajewa. ‚Mit dem Verkauf traditioneller zentralasiatischer Backwaren wie dem „Lepjoschka“ lässt sich in Almaty gut verdienen.’/
Eine lebendige Straße voller Menschen im dezemberkalten Almaty. Ein besonders leckerer Geruch von frischgebackenem Brot lockt. „Mmm … woher kommt denn dieser Duft“, fragt eine junge, gut aussehende Kasachin ihre Begleiterin. „Hier in der Nähe gibt es ein usbekisches Lokal, dort bäckt man im ‚Tandyr’, einem zentralasiatischen Ofen, das Brot ‚Lepjoschka’, Samsas und Piroschki“, lautet die Antwort, „Wollen wir was kaufen?“ Ein breitschultriger blonder Mann war schneller und hat fünf Samsas bestellt. „Ich kaufe hier jeden Tag etwas zum Mittagessen. Ich arbeite in der Nähe auf einer Baustelle und brauche viel Energie. Da die usbekische Küche sehr kalorienreich ist, passt es perfekt.“
Auf der Durchreise hängen geblieben
Auf der anderen Seite des Verkaufsfensters steht ein schwarzäugiger Mann mit schnellen Händen. Alischer, 18, kocht und verkauft hier jeden Tag. Vor zwei Jahren war er in Almaty mit seinem Onkel auf Durchreise und kam auf die Idee, in der Stadt Arbeit zu suchen, „weil ich in Kasachstan mehr Geld verdienen kann als in Usbekistan“. Eine ähnlich gebackene „Lepjoschka“ koste in Taschkent 30 kasachische Tenge, in Almaty dagegen 50.
„Kochen kann ich schon von Kindheit an, weil das auch mein Vater konnte“, erklärt Alischer. Im Vergleich zu Kasachstan können in Usbekistan viele Männer Brot backen, besonders in Kleinstädten und Dörfern. „Ich habe die Schule in meiner Heimatstadt Andischan besucht und danach gleich angefangen zu arbeiten.“ Andischan ist eine nicht allzu große Stadt im Osten Usbekistans.
„Es kommen ganz verschiedene Gäste: Ausländer, Usbeken und die Kasachen selbst. Einige interessieren sich für unsere Kultur. Meistens fragen sie nach unseren Hochzeitsbräuchen“, sagt Alischer. Alischer formt den Lepjoschkateig zu flachen runden Scheiben und schiebt ihn in den Ofen. Fertige Brote nimmt er wieder heraus und verkauft sie nebenbei. „Geben Sie mir zwei, aber warme“, fordert ein kleiner alter Mann mit dunkler Brille und gibt das Geld. „Oft wenden sich an mich auch andere Arbeitsuchende verschiedener Nationalitäten, aber vor allem natürlich die Usbeken“, erzählt Alischer und ergänzt: „Wir helfen gerne, wenn wir etwas für sie haben oder schlagen andere Orte vor, meist irgendwelche Baustellen. Mit der Regierung haben wir kaum Probleme, aber sie prüft regelmäßig, ob alles in Ordnung ist.“ Während er das erzählt, ist ein Polizist in Uniform gekommen und hat schnell mal mit ernstem Gesicht in die „Ecken“ geguckt.
6.000 registrierte Gastarbeiter in Almaty
Laut einem Bericht des Fernsehsenders KTK sind in Almaty in diesem Jahr ungefähr 6.000 legale Gastarbeiter registriert, tatsächlich seien es aber wesentlich mehr. „Am besten wäre es, wenn die Arbeitgeber einfach niemanden ohne Pass und Arbeitserlaubnis beschäftigen würden. Aber zurzeit droht ihnen, wenn sie erwischt werden, eine vergleichsweise geringe Strafe. Menschen suchen doch immer nach einem besseren Leben. Sie sollten das auf offiziellem Wege machen“, heißt es in dem Bericht weiter.
Alischer hat schon während des Gesprächs eine ganze Menge von seinen Lepjoschki verkauft. „Es gefällt mir hier zu arbeiten, weil es sich lohnt. Ich plane hier zu bleiben, bis ich genug gespart habe. Und dann: Mal sehen!“
Der Tandyr ist ein Ofen aus Lehm. Er hat meist eine kugelförmige Form mit Loch und Feuer. Der Teig klebt von selbst am Lehm, wenn er heiß ist. So bekommt das Gebäck einen besonderen Feuergeruch.
Lepjoschka ist ein rundes Brot, das aus Mehl, Wasser, Hefe und Salz gebacken wird. Oft werden Sesamkerne darauf gestreut, um den Geschmack und das Aussehen zu verbessern.
Samsa ist ein Teig mit verschiedenen Füllungen wie Fleisch, Kartoffeln, Kürbis, Zwiebeln oder einer grünen Mischung aus Petersilie, grünem Knoblauch, Minze und anderem. Samsas können sowohl in alten Tandyrs, als auch in einfachen Öfen gebacken werden.
Piroschki sind in Öl rotbraun gebratene Gebäcke aus weichem Teig mit Hefe und Füllungen wie Fleisch, Kartoffeln, Zwiebeln, Marmelade oder Kohl.
Plow ist ein Reisgericht mit Lammfleisch, Möhren, Knoblauch und Gewürzen. Es ist sehr beliebt in Zentralasien.
Der Text ist während des Aufbauseminars zur II. Zentralasiatischen Medienwerkstatt in Almaty entstanden.
Von Dildora Abdullajewa
12/12/08