Für Kasachstan ist die Champions League weit mehr als nur ein prestigeträchtiges Turnier. Sie ist die Bühne, um der Welt zu zeigen, dass auch Mannschaften aus Zentralasien im europäischen Fußball mitreden können. In den vergangenen Jahren haben kasachische Vereine bereits für Überraschungen gesorgt: 2013 schockierte Schachtjor Karaganda den schottischen Rekordmeister Celtic, 2015 schaffte es Astana sogar in die Gruppenphase der Königsklasse. Nun ist Kairat an der Reihe – der älteste Klub des Landes, Symbol von Almaty, mit großer Tradition und ehrgeizigen Zielen.

Noch vor kurzem hätte kaum jemand geglaubt, dass Kairat drei Qualifikationsrunden übersteht und nur noch einen Schritt von der Gruppenphase entfernt steht. Doch in dieser Saison gelang genau das. Nun wartet mit Celtic einer der traditionsreichsten Klubs Schottlands – eine Aufgabe, die zugleich Herausforderung und Chance ist.

Kairats Weg in der Qualifikation begann in der ersten Runde gegen Olimpija Ljubljana. Mit mutigem Offensivspiel setzte sich das Team aus Almaty souverän mit 3:1 durch. In der zweiten Runde wurde es knapper: Gegen KuPS aus Finnland endete das Hinspiel unentschieden, ehe ein später Treffer im Rückspiel den Einzug in die nächste Runde sicherte. Das größte Drama folgte gegen Slovan Bratislava. Nach einem 1:1 in beiden Spielen fiel die Entscheidung im Elfmeterschießen – und der erst 17-jährige Dastan Satpajew verwandelte den entscheidenden Schuss eiskalt.

Kasachische Sport- und Kulturgeschichte

Kairat ist nicht nur ein Fußballverein, sondern ein Stück kasachischer Sport- und Kulturgeschichte. 1954 gegründet, war der Klub schon in der Sowjetzeit ein Aushängeschild des Landes und spielte in der höchsten Liga der UdSSR. Nach der Unabhängigkeit folgten mehrere Meistertitel, doch international blieb der ganz große Durchbruch bislang aus. In den letzten Jahren war Kairat vor allem in der Europa League und der Conference League vertreten – die Champions League schien ein Traum.

Der aktuelle Erfolg hat viele Gründe. Die Mannschaft vereint erfahrene kasachische Spieler mit starken Legionären aus Südamerika, Europa und Afrika, was ihr taktische Flexibilität verleiht. Trainer und Mannschaft setzen auf Disziplin, Pressing und gefährliche Standards, während junge Talente wie Satpajew gezielt gefördert werden. Nicht zuletzt ist das Zentralstadion von Almaty mit seiner Höhenlage, der Sommerhitze und den leidenschaftlichen Fans ein echter Heimvorteil.

Der Erfolg Kairats hat auch eine gesellschaftliche Dimension. Er steigert das Ansehen des kasachischen Sports, inspiriert den Nachwuchs und zieht Sponsoren an. In Almaty sind die Spiele des Klubs Ereignisse, die Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenbringen, darunter zählt sicherlich auch die seit langem in der Region lebende deutsche Minderheit.

Der größte Härtetest

Nun steht mit Celtic der größte Härtetest bevor. Das Hinspiel findet am 20. August im legendären Celtic Park statt, das Rückspiel am 26. August in Almaty. Schon 2013 erlebte Celtic in Kasachstan ein böses Erwachen, als Karaganda mit 2:0 gewann – erst das Rückspiel drehte die Serie. Damals waren die lange Anreise, die Zeitverschiebung und die ungewohnte Atmosphäre große Themen in der schottischen Presse. All das könnte auch diesmal wieder eine Rolle spielen.

Die Experten sehen Celtic klar im Vorteil – im Kader, im Budget, in der internationalen Erfahrung. Doch Kairat hat in dieser Qualifikation bewiesen, dass er Überraschungen schaffen kann. Ein Unentschieden in Glasgow und ein Heimsieg in Almaty sind keineswegs ausgeschlossen.

Schon jetzt hat Kairat Vereinsgeschichte geschrieben. Drei Runden in der Qualifikation zu überstehen und das Play-off zu erreichen, galt lange als unerreichbar. Selbst wenn der Traum von der Gruppenphase an Celtic scheitern sollte, wird diese Saison ein Fundament für zukünftige Erfolge bilden. Und sollte Kairat tatsächlich den Einzug schaffen, wäre es eine Sensation – und ein Meilenstein für den gesamten kasachischen Fußball.

Ruslan Mussirep

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