Seit vier Jahren existiert die Eurasische Zollunion zwischen Russland, Kasachstan und Belarus. Davon profitiert nicht nur die russische Volkswirtschaft, sondern auch die der Republik Kasachstan. Doch welche Stellung hat die Republik in diesem Gefüge?

An der Staatsgrenze von Kirgisistan in das Gebiet Almaty ist immer Hochbetrieb. In langen Schlangen stehen Menschen, bepackt mit großen zugeschnürten Taschen, Koffern und manchmal auch Kartons mit neuen Fernsehern oder anderen Waren darin. Sie müssen alle warten auf die Zollkontrolle, denn zwischen der Republik Kasachstan und Kirgisistan gibt es noch keine Aufhebung der Zollgrenzen. Das könnte sich möglicherweise bald ändern.

Im Mai dieses Jahres sollen die Verträge für die Gründung einer Eurasischen Union zur Ratifizierung vorliegen. In den ehemaligen Sowjetrepubliken Kasachstan, Russland, Belarus, Armenien und Kirgisistan soll mit Beginn des kommenden Jahres ein einheitlicher Raum für Handel, Arbeitskräfte– und Kapitalaustausch geschaffen werden, nach dem Vorbild der Europäischen Union. Doch welche Rolle spielt dabei Kasachstan? Die Republik verfügt, wie auch Russland über wichtige Rohstoffe, an denen andere Staaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, interessiert sind.

Positive Bilanzen durch Exporte

Vor vier Jahren hat sich Kasachstan mit Russland und Belarus zu einer Zollunion zusammengeschlossen, welche den Warenverkehr zwischen den drei Staaten vereinfacht. „Ein besonderer Vorteil für Kasachstan sind dabei unter anderem die Verbesserung der Ausfuhrbedingungen für Waren der Metall-, Kohle,– und Chemieindustrie nach Russland“, schrieb die Wirtschaftsexpertin Gulnur Rachmatulina vom Kasachischen Institut für strategische Forschung in ihrer Analyse über die Perspektiven Kasachstans in der Zollunion. Auch die Rohstoffvorkommen sind nicht zu unterschätzen, denn sie bringen der Republik ausländische Investitionen und Exporte. Das führt zu einer positiven Handelsbilanz.

Kasachstan ist stark im Bereich Öl, Gas und Metallen. Nach Angaben der Außenhandelskammer betrug das Exportsaldo Kasachstans im Januar 2013 47,9 Milliarden US-Dollar, das Importsaldo 26,8 Milliarden Dollar. Anfang 2013 betrug das russische Exportsaldo 81 Milliarden Dollar, das Importsaldo 47,3 Milliarden Dollar.

Höhere Zölle nach Unionsgründung

Mit dem Beitritt der Republik Kasachstan in die Zollunion wurden die Tarife den Russischen Zöllen angeglichen. Das hat zunächst dazu geführt, dass die Zölle in Kasachstan und Belarus gegenüber Drittländern gestiegen sind. Das verteuert die Importe zum Leidwesen der Unternehmer, weiß Dr. Prof. Bodo Lochmann von der Deutsch-Kasachischen Universität. Laut dem Wirtschaftsmagazin „Export Manager“ wurden 2010 die Importzölle für ca. 5.000 Waren erhöht, unter anderem Produkte der Chemieindustrie, Medizin– und Agrarerzeugnisse. Damit stiegen die Einfuhrzölle nach Kasachstan aus Drittländern um ca. 3,7 Prozent.

„Dabei ist Kasachstan die zweigrößte Volkswirtschaft in der Zollunion und macht sich besonders durch eigene Rohstoffvorkommen ausländische Investitionen und Exporte in Drittländer etwas unabhängiger von Russland als es im Vergleich Belarus von Russland ist“, sagt Muratbek Ketebajew. Er beobachtet die Politik des Kremls und der Republik Kasachstan bezüglich der Eurasischen Integration sehr genau. Der Ökonom und Metallurg-Experte weiß aber auch, dass Russland für Kasachstan nicht unwichtig ist: Wirtschaftliche und auch politische Beziehungen zu Russland spielen nach wie vor eine Rolle für Kasachstan“.

Eurasische Union wird kommen

In Kasachstan, Russland und Belarus führte die Einigung auf Ein– und Ausfuhrregelungen für Drittländer und Abschaffung der Binnenzölle zur Gründung eines einheitlichen Wirtschaftraumes. So wie 1951 die Montanunion ein wichtiger Schritt zur Gründung der Europäischen Union war, soll die Eurasische Zollunion eine ähnliche Etappe zur Eurasischen Union sein. Natürlich ist die wirtschaftliche Entwicklung der ehemaligen Sowjetstaaten nicht mit der Europas vergleichbar. Dennoch gibt es strukturelle Parallelen.

Die nächsten Etappenziele hin zu einer Eurasischen Union haben die drei Präsidenten der Sowjetunion bereits vor dem Jahreswechsel im Kreml vereinbart. Bereits im Mai dieses Jahres sollen die Verträge für eine Unionsgründung zur Ratifizierung vorliegen, war in der offiziellen Pressemeldung vom 24. Dezember zu lesen. Dann sollen auch Kirgisistan und Armenien der Zollunion beigetreten sein. Ein möglicher Beitritt wird auch der Ukraine in Aussicht gestellt.

Zollfrei einkaufen?

In Expertenkreisen wird die baldige Aufnahme der Republik Kirgisien in die Eurasische Zollunion nicht ganz so unkritisch betrachtet: „Wenn die Zollgrenzen zwischen Kasachstan und Kirgisistan fallen, dann könnte der Markt Probleme mit dem Reexport von chinesischen Waren bekommen“, vermutet Ketebajew. Wenn bald auch in Kirgisistan die Zollgrenzen fallen, dürfte es die Verbraucher freuen. Denn schon heute nehmen einige Kasachen, die in der Nähe von Bischkek wohnen, lange Wartezeiten an dem Grenzübergang in Kauf, weil sie in der Hauptstadt Kirgisistans zum Beispiel Elektrogeräte günstiger erstehen können.

Von Dominik Vorhölter

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