Für viele Menschen in Duschanbe ist das Rohat-Teegartenhaus weit mehr als nur ein Ort zum Tee trinken. Der kunstvoll verzierte Pavillon – einst von CNN als eines der bemerkenswertesten Teehäuser der Welt hervorgehoben – ist zu einem vertrauten Symbol der Stadt geworden. Nun soll es abgerissen werden. Die Behörden versichern, ein neues, modernes Gebäude mit demselben Namen werde es ersetzen, doch wann, wo und wie das geschehen soll, bleibt völlig unklar. Für viele Bewohner*innen ist die Ankündigung ein weiteres Zeichen dafür, dass die architektonische Vergangenheit der Stadt ohne ernsthafte öffentliche Debatte verschwindet.
Ein Jahrzehnt der Abrisse
In den vergangenen zehn Jahren hat Duschanbe eine Welle städtischer Umgestaltung erlebt. Nach und nach verschwanden Gebäude aus den 1930er bis 1960er Jahren: das alte Zentralpostamt, das Panoramakino Jomi, der ehemalige Präsidentenpalast, das Grüne Theater sowie das russische Majakowski-Dramatheater, in dem 1929 die Gründung der Tadschikischen SSR verkündet wurde. Dieses Jahr kam auch das Hotel Wachsch hinzu. Die älteren Viertel des Zentrums – einst ein Mix aus früh-sowjetischem Neoklassizismus und Avantgarde – werden zunehmend von Glas- und Marmor-Hochhäusern dominiert.
Ein Ende dieses Umbruchs ist nicht in Sicht. Die Stadtverwaltung behauptet durchgehend, die Gebäude seien veraltet, unsicher oder ohne historischen Wert – und versucht, durch das Entfernen der sowjetischen Hinterlassenschaften eine nationale urbane Identität zu schaffen. Bewohner*innen aber widersprechen: Viele Gebäude seien gut erhalten, architektonisch eigenständig und eng mit wichtigen kulturellen und politischen Momenten des Landes verbunden.
Der Streit um das Rohat flammt erneut auf
Die Debatte um das Rohat-Teegartenhaus ist nicht neu. Schon 2015 versuchten die Behörden, es abzureißen, was eine Welle öffentlicher Unzufriedenheitsbekundungen und Petitionen hervorrief. Die Entscheidung wurde damals auf unbestimmte Zeit verschoben. Bis zum vergangenen Jahr, als die Stadt erneut ankündigte, das Gebäude abreißen zu wollen.
Auf einer Pressekonferenz bestätigte Nizom Mirsozoda, Leiter des Komitees für Architektur und Bauwesen, dass sowohl Rohat als auch das Lohuti-Dramatheater abgerissen würden. „Diese Gebäude sind veraltet und entsprechen nicht mehr den modernen Anforderungen, aber die Marken werden erhalten und neue Gebäude errichtet“, habe er laut Asia-Plus erklärt.
Im März dieses Jahres wurde eine neue Petition verbreitet. Aktivist*innen äußerten ihre Unzufriedenheit, forderten eine Renovierung statt eines Abrisses und plädierten dafür, das Teegartenhaus offiziell als Kultur- und Geschichtsdenkmal anzuerkennen. Seit seinen frühen Jahren entwickelte sich das Rohat zu einem zentralen Treffpunkt der intellektuellen und künstlerischen Szene Duschanbes, an dem sich Schriftsteller, Dichter, Wissenschaftler und Kulturschaffende regelmäßig begegneten.

„Wir, die Bewohnerinnen und Besucherinnen von Duschanbe, sind zutiefst beunruhigt über den geplanten Abriss des legendären Rohat-Teegartenhauses. Dieser Ort ist mehr als ein Gebäude; er ist ein Symbol unserer Kultur, Geschichte und Traditionen“, vermerkt die Petition.
Die Petition fordert zudem, dass die Stadtverwaltung die Öffentlichkeit bei Entscheidungen, die breite Teile der Bevölkerung betreffen, einbezieht, um so gemeinsam mit den Bürger*innen einen offenen Dialog über ihre Vorstellungen für eine Umgestaltung ihrer Heimatstadt zu führen. Doch bis jetzt haben solche Appelle zu keinem politischen Einfluss geführt.
Moderne Fassaden, reale Probleme
Während weite Teile des Landes unter Armut und mangelnder Infrastruktur leiden, wird in Duschanbe in teure Prestigeprojekte investiert. Tadschikistan bleibt der ärmste Staat des postsowjetischen Raums – laut Weltbank leiden rund 70 Prozent der Bevölkerung im Winter unter massiven Stromausfällen, nur 28 Prozent der Straßen des Landes sind asphaltiert und jedes Jahr verlassen mehr als eine Million Menschen das Land, um im Ausland zu arbeiten.
Dennoch fließen öffentliche Gelder weiterhin in Bauprojekte in Duschanbe. Die Hauptstadt strahlt Wohlstand und Status aus, während die Menschen in den Regionen mit den tatsächlichen Härten des Alltags kämpfen. Dabei fragen sich viele, wie viel ausgegeben wird und wer am Ende von den Projekten profitiert. Eurasia.net beschreibt, wie „korrupte Beamte kräftig von Schmiergeldzahlungen und Diebstahl im Zusammenhang mit neuen Bauprojekten profitieren“.
Duschanbe wandelt sich, doch die Umbauten spiegeln eher Prestige als die tatsächlichen Bedürfnisse der Menschen wider – welches Bauprojekt als Nächstes folgt, bleibt abzuwarten.


























