Rubel und Tenge unter großem Druck, nachdem Westen drittes Sanktionspaket gegen Russland beschließt
Als am Freitag die Regierungschefs der EAWU-Mitgliedstaaten tagten, stand das Treffen ganz unter dem Eindruck der Ereignisse in der Ukraine. Tags zuvor hatte Kreml-Chef Wladimir Putin den Beginn der Militäroperation in der Ukraine verkündet, die westlichen Länder hatten darauf mit augenblicklichen Sanktionen reagiert. Da von diesen nicht nur Russland betroffen ist, sondern auch die mit ihm wirtschaftlich stark verbundenen Nachbarländer, schlug Kasachstans Präsident Tokajew als Gastgeber des Treffens die Bildung einer Arbeitsgruppe innerhalb der EAWU vor. Ziel sei es, die Risiken durch die Sanktionen abzuschätzen und den negativen Folgen entgegenzuwirken.
Begrüßt wurde der Vorschlag von Russlands Premierminister Michail Mischustin, der die Sitzung auch nutzte, um die Solidarität der anderen EAWU-Mitglieder und eine engere Zusammenarbeit zu beschwören. „Das heutige Treffen ist die beste Bestätigung dafür, dass wir unter allen Umständen zusammen sind und gemeinsam in allen Bereichen die Zusammenarbeit stärken“, so Mischustin – „entgegen jeglichem Druck von außen und allen Versuchen der westlichen Länder, uns zu entzweien“.
SWIFT-Ausschluss für russische Banken
Die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Konflikts und der Sanktionen abzuwehren, ist jedoch für die EAWU-Staaten seit dem Wochenende nicht leichter geworden. Mit dem Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-System können seine Banken keine internationalen Finanztransaktionen mehr tätigen – auch wenn zunächst nur jene Banken betroffen sind, die ohnehin bereits Sanktionen unterlagen. Ziel der Maßnahme ist, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, russische Exporte und Importe weitgehend zu blockieren. Für Kasachstan aber ist Russland inzwischen das größte Zielland für Importe. 2021 ist der Anteil Russlands an Kasachstans Gesamtimporten auf knapp 40 Prozent gestiegen.
Wirtschaftsexperten machen diesen hohen Anteil auch für den Einbruch des Tenge in der vergangenen Woche verantwortlich, da Kasachstan sich so eben auch die russische Inflation importiere. Die Verwerfungen setzten sich auch am Montag nach dem SWIFT-Hammer fort. In der Hauptstadt Nur-Sultan waren die Wechselstuben laut Medienberichten zunächst geschlossen, während in Almaty einige von ihnen den Kauf von einem US-Dollar für 500 Tenge anboten – einem absoluten Rekordwert. Extrem war auch der Spread – also der Unterschied zwischen Kauf- und Verkaufspreis, den Banking-Apps anzeigten. Dieser betrug phasenweise bis zu 20 Prozent, das heißt die Banken verkauften US-Dollar für 600 Tenge und kauften für 500.
Die kasachische Zentralbank hatte bereits am Sonntag auf eine erhöhte Volatilität hingewiesen und sich Eingriffe vorbehalten. Am Montag verkündete sie schließlich gemeinsam mit der kasachischen Börse, dass man sich die komplette Aussetzung des Handels mit Währungen vorbehalte, sollte die aktuelle Unsicherheit sich weiter verstärken. Auch am kasachischen Aktienmarkt machten sich die Belastungen durch den Ukraine-Konflikt und die Strafmaßnahmen gegen Russland vom Wochenende weiter bemerkbar. So verloren etwa die Aktien der Halyk-Bank rund 15 Prozent an Wert.
Verhandlungen in Belarus
Andere Sektoren der kasachischen Wirtschaft könnten dagegen von der wachsenden Entfremdung zwischen Russland und dem Westen profitieren, vor allem wenn Europa seine Zusammenarbeit mit Russland in Energiefragen weiter zurückfährt. Am Wochenende verkündete der britische Energieriese BP, sich von seinen Anteilen am russischen Ölunternehmen Rosneft zu trennen. Auch das norwegische Energieunternehmen Equinor verkündete, dem russischen Markt den Rücken zu kehren. Um weniger abhängig von russischem Gas zu werden, könnte nun der Ausbau alternativer Energieträger noch stärker beschleunigt werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte am Wochenende in diesem Zusammenhang erstmals, dass selbst längere AKW-Laufzeiten kein Tabu mehr seien, auch wenn er zugleich durchblicken ließ, dass er das „sicher nicht“ wolle. Trotzdem würde von einer Fortsetzung des Atomkraft-Comebacks Kasachstans Uran-Riese Kazatomprom profitieren.
Die weitere Entwicklung der Ukraine-Krise wird auch davon abhängen, wie sich die für heute geplanten Verhandlungen zwischen einer russischen und einer ukrainischen Delegation im benachbarten Belarus gestalten. Die Kampfhandlungen in der Ukraine gingen indessen weiter, unter anderem gab es Berichte über Explosionen in den beiden größten Städten des Landes, Kiew und Charkiw. Die russischen Truppen sind allerdings laut Einschätzung von ausländischen Geheimdiensten bei ihrem Vormarsch nicht wie geplant vorangekommen. Man stoße auf wesentlich stärkeren ukrainischen Widerstand als erwartet, heißt es.
cstr.