Die internationale Presse widmet sich dem Ölstreit zwischen Russland und Weißrussland, der zu einem Lieferstopp für Öl nach Europa geführt hat. Die Kommentatoren eint ihre Wut über die russische Energiepolitik.
La Repubblica, Italien
„Die Schließung der Ölleitung ist der jüngste Schritt in einem Guerillakrieg, der vor einem Monat mit der Verdopplung der russischen Gaspreise für die weißrussischen Konsumenten begonnen hatte und vermutlich in den nächsten Monaten zu weiteren Gelegenheiten für ähnliche Zusammenstöße führen wird. (..) Aber diese neue Kraftprobe nährt die Besorgnis innerhalb der Europäischen Union beim Thema Energieversorgung, nach dem ‘Gaskrieg’ zwischen Russland und der Ukraine im vergangenen Jahr sowie dem zwischen Russland und Weißrussland vor knapp einer Woche. Wieder einmal wird hier eine Strategie des Muskelspiels deutlich, einschließlich plötzlicher und brutaler Schritte, die die russische Hegemonie über die Energieressourcen der ehemaligen Sowjetunion bekräftigt, einschließlich der Strategie, auf dieser Basis die internationale Rolle Russlands wieder zu festigen.”
Washington Post, USA
„Wieder einmal sollte die Nachricht klar sein: Länder, die im Bezug auf ihre Energieversorgung von Russland abhängen, können unberechenbaren und politisch motivierten Forderungen unterworfen werden – und Unterbrechungen der Versorgungen, wenn diese Forderungen nicht erfüllt werden. Der weißrussische Präsident muss folglich zwischen den beiden Optionen wählen, Mr. Putin zu geben, was er will, oder Weißrussland zu einem wirklich unabhängigen Land zu machen. Da das Letztere bahnbrechende politische und ökonomische Liberalisierung erfordern würde, mag das Risiko für den Kreml nicht groß sein. Weißrussland hat bereits zugestimmt, Russland die Kontrolle über seine Gas-Pipeline zu übergeben, ein Zugeständnis, dem sich Lukaschenko lange widersetzt hat.”
El País, Spanien
„Dies ist bereits das dritte Mal in drei Jahren, dass Russlands schlechte Beziehungen zu seinen Nachbarn die Energieversorgung in einem Teil Europas mitten im Winter in Gefahr bringen. Die jetzige Krise zeigt, auf welch unsicherer Basis die Versorgung mit Energie in Europa steht. Deshalb wäre eine Energie-Charta erforderlich, wie die EU sie Moskau vorgeschlagen hatte. Der russische Präsident Wladimir Putin lehnte dies jedoch ab, weil er bilaterale Abkommen bevorzugt. Europa ist nun zu einer Geisel von streitenden Ex-Sowjetrepubliken geworden. Die EU sollte künftig die Sicherung der Energieversorgung zu einem zentralen Bestandteil der Beziehungen zu ihren Nachbarn machen.”
Corriere della Sera, Italien
„Erst das Gas, jetzt das Öl. Der unendliche Streit zwischen Russland und Weißrussland, der sogar nach der jüngsten Einigung beim Gas weitergeht, hat praktisch zum völligen Halt der russischen Öllieferungen nach Westeuropa geführt, die durch die Ölleitung in Weißrussland fließen. Wieder einmal hat eine staatliche russische Einrichtung entschieden, zu einer solchen harten Maßnahme zu greifen, ohne sich dabei um die schweren Folgen für einen großen Teil des europäischen Kontinents zu kümmern. Russland zeigt damit, dass es seine Strategie nicht ändern will. Wenn es Streit gibt, greift es zu allen zur Verfügung stehenden ökonomischen und politischen Druckmitteln. Und am Ende dreht es den Hahn zu, ohne darüber auch nur zwei Mal nachzudenken.