Nach Moskau, nach Moskau! Für Nadja Klimenko ist der Wunsch der drei Schwestern aus dem gleichnamigen Drama von Anton Tschechow im letzten Jahr Wirklichkeit geworden. Die ehemalige Vertriebsmanagerin der DAZ bringt nun seit einem halben Jahr die Moskauer Zeitung an die Leser. Im Gespräch mit der DAZ zieht sie eine erste Bilanz.
/ Bild: privat. ‚Nadja Klimenko, Vertriebsmanagerin der Moskauer Deutschen Zeitung.’/
Nadja, mit welchem Ziel bist du von Kasachstan nach Russland ausgewandert?
Die Auswanderung nach Russland war eine gemeinsame Familienentscheidung. Vor drei Jahren habe ich meinen Vater verloren. Es war sein Wunsch, dass ich meinen Urlaub in Russland verbringe und alle unsere Verwandten besuche. Als ich seinen Wunsch in die Tat umsetzte, war ich von Moskau entzückt. Nach meiner Rückkehr habe ich mir das Ziel gesetzt, in Moskau zu leben.
Nun arbeitest du als Vertriebsmanagerin bei der Moskauer Deutschen Zeitung. Wie unterscheiden sich deine Aufgaben von denen bei der DAZ?
Das erste, was mir bei der Moskauer Deutschen Zeitung auffiel, ist, dass sie in einem sehr großen Verlag erscheint, in dem es verschiedene Abteilungen gibt. Außer der Moskauer Deutschen Zeitung veröffentlichen wir auch Zeitschriften für Schüler und Lehrer sowie Schrumdirum, Schrumdi, Deutsch Kreativ, Warum Darum etc.
Bei der DAZ habe ich mich auch an der Gestaltung des Layouts und beim Korrekturlesen beteiligt. In Moskau bin ich hauptsächlich mit dem Vertrieb beschäftigt. Trotzdem ist die Arbeit nicht monoton, sondern im Gegenteil sehr vielfältig. Insgesamt kann ich sagen, dass sowohl meine Arbeit bei der DAZ als auch bei der Moskauer Deutschen Zeitung mir immer viel Vergnügen bereitet hat und auch jetzt bereitet.
Wie unterscheidet sich dein Leben in Moskau von dem in Almaty?
Das Leben in Moskau ist sehr interessant, aber schwer. Ich fange noch einmal von vorne an. Die Mentalität und die Lebensweise der Menschen sind sehr unterschiedlich. Viele Moskauer sind öfter unfreundlich und grob. Aber das ist Teil der Psychologie einer Großstadt. Ich habe Glück mit meiner Arbeit. Mein Team ist wie eine eigene Welt für mich in Moskau, wo alle sehr
nett sind!
Gibt es etwas, was du in Moskau vermisst?
Ehrlich gesagt, vermisse ich meine Mutter, meine Familie, meinen kleinen Neffen, mein Geburtshaus, meine Freundinnen, die zentralasiatische Mentalität und kasachische Kuchen.
Deine Familie hat auch russlanddeutsche Wurzeln. Kannst du etwas darüber erzählen?
Meine Oma hat deutsche Wurzeln gehabt und gut Deutsch gesprochen. Als sie 14 Jahre alt war, ist sie als Russlanddeutsche nach Petschora in Nordrussland verbannt worden. Während des Krieges hat sie als Dolmetscherin gearbeitet. Im Jahr 1942 kam sie wegen ihrer Herkunft ins Arbeitslager, die sogenannte Trudarmee. Ein Jahr nach Kriegsende wurde sie in eine Sondersiedlung der Trudarmee in der Republik Komi umgesiedelt, wo sie bis 1956 lebte.
Habt ihr in der Familie deutsch gesprochen oder deutsche Feste gefeiert?
Als ich ganz klein war, hat meine Oma mit mir Deutsch gesprochen. Und jedes Jahr haben wir in unserer Familie zweimal Weihnachten und Ostern gefeiert. Einmal nach russischer und das andere Mal nach deutscher Tradition. Dieser Brauch besteht bei uns weiterhin, auch wenn in meiner Generation neben Deutschen auch Polen und Ukrainer zu der Familie zählen. Heute kann man uns eine multinationale Familie nennen. Der Mann meiner Schwester ist beispielsweise Türke. Mein kleiner Neffe wächst bereits zweisprachig auf – er spricht Russisch und Türkisch.
Zieht es dich auch nach Deutschland?
Ja, wahrscheinlich werde ich auch eines Tages nach Deutschland auswandern, aber das ist gerade nicht aktuell. Jetzt lebe ich in Moskau. Aber meinen ersten Urlaub in Russland plane ich, in Deutschland zu verbringen. Dort leben meine Verwandten, meine Freundinnen, die ich während des Studiums und auch während der Arbeit bei der DAZ kennengelernt habe.
Wie geht es für dich in Moskau weiter?
In meiner neuen Wohnung in Moskaus Vorstadt Mytischtschi, mit meiner lieben Arbeit und im Kreise meiner eigenen glücklichen Familie, die ich in Moskau gründen werde.
Interview: Christine Karmann