In Kasachstan soll keiner etwas vom russischen Importverbot für Lebensmittel aus Europa und den USA spüren. Unternehmer und Politiker wittern ihre große Chance mehr Einfluss zu gewinnen.

Gerade ist im Supermarkt auf der Dostyk-Straße Torte im Angebot– aus Deutschland! Es gibt sogar Götterspeise. Die kleinen roten und grünen Becher werden von der Supermarktkette, die hauptsächlich Lebensmittel aus Deutschland verkauft, als besondere Saisonware angepriesen. Leere Regale gibt es hier in der südlichen Hauptstadt Kasachstans nicht– im Gegenteil, wer lieber französischen Käse mag und das nötige Kleingeld in der Tasche, der soll auf nichts verzichten.

Fleischtransport zurückgeschickt

Waren aus Europa und der Zollunion werden nach wie vor nach Kasachstan importiert. Nachdem bekannt wurde, dass Putin vergangene Woche ein Einfuhrverbot von Lebensmitteln aus Europa und den USA erlassen hatte, verkündete die Presseagentur von Präsident Nursultan Nasarbajew, dass Kasachstan als zweitgrößtes Land der Zollunion das Importverbot nicht unterstütze. In der Presseerklärung heißt es, dass sich bei den Sanktionen um einseitige Maßnahmen der Russischen Föderation handele, welche andere Länder der Zollunion und des vereinten Wirtschaftraumes der Eurasischen Union nicht treffen sollten.
Dazu berichtete die Agentur „today.kz“, das seitens des Zoll– und Finanzministeriums der Republik Kasachstan keine Reaktionen zu erwarten sind, die einen Reimport von Waren in die Russische Föderation verbieten.

„Theoretisch ist die Wiedereinfuhr europäischer Produkte durch die Zollunion Russlands mit Kasachstan und Belarus möglich“, weiß Fabian Nemitz, von Germany Trade and Invest. Der Wirtschaftsexperte bezweifelt aber, dass sich Exportunternehmer darauf einlassen, weil es zum Beispiel logistische Probleme gäbe. In Kasachstan sind schon alleine große Entfernungen zu überwinden. Oder die russischen Zollbehörden wissen den Reexport zu verhindern: Vor kurzem wurde in Omsk ein Transporter mit 20 Tonnen Hühnerfleisch, aus amerikanischer Produktion wieder nach Pawlodar zurückgeschickt. Das Fleisch wurde laut dem Nachrichtenportal „Kaz-Inform“ bereits in Kasachstan erworben. Angeblich fehlten Veterinärurkunden gemäß den Bestimmungen der Zollunion.

Vor dem Hintergrund der Importbeschränkung wittern Unternehmer und Politiker nun ihre Chance den Einfluss innerhalb des Wirtschaftsraumes der Eurasischen Union zu vergrößern.
„Kurzfristig hat das keinen Sinn, weil keine Kapazitäten da sind. Die Sanktionen sind zu kurzfristig gedacht für den Exportmarkt in Kasachstan, wenn die Importsanktionen nur für ein Jahr gelten sollen. Außerdem muss man sich auch mal genau ansehen, welche Produkte aus Europa kommen“, kritisiert Eugen Gudi die positive Stimmung. Der Geschäftsführer der Assoziation der Deutsch-Kasachischen Unternehmer bezweifelt, dass Kasachstan innerhalb von einem Jahr mehr Einfluss auf dem russischen Markt gewinnen kann.

Ein Drittel der Importe aus Russland

Selbst hierher werden Lebensmittel eingeführt, davon die meisten aus Russland: Nach Angaben des Agrarministers Asylschan Mamytbekow kann sich Kasachstan nur zu 60 Prozent selbst mit Lebensmitteln versorgen. Der Rest muss importiert werden. Davon sind rund 18 Prozent Konditoreiprodukte, 13 Prozent Milchprodukte, acht Prozent Zucker, je sechs Prozent Hühnerfleisch und Konserven, fünf Prozent Tee und drei Prozent verarbeitete Fleischprodukte. Insgesamt kommen nach WTO-Angaben 38,4 Prozent aller importierten Agrarprodukte aus der Russischen Föderation. Die Europäische Union hat daran einen Anteil von 16,8 Prozent und die USA 4,8 Prozent.

„Wie in Russland, ist auch hier französischer Käse ein Luxusgut“, kommentiert Gudi die Produktauswahl in den Supermärkten.

Die deutsche Torte ist gerade etwas billiger, weil bald ihr Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist.

Von Dominik Vorhölter

Teilen mit:

Все самое актуальное, важное и интересное - в Телеграм-канале «Немцы Казахстана». Будь в курсе событий! https://t.me/daz_asia