Welche Perspektiven hat der deutsche Unternehmer in Kasachstan und wie kann er dem Land helfen, die Abhängigkeit vom Rohstoffsektor zu verringern? Das deutsch-kasachstanische Investitions- und Handelsforum, organisiert von ViPromotion, bot Mitte Februar Informationen rund um die staatliche Förderpolitik, Zukunftsbranchen und Investitionsströme.

/Bild: Christine Karmann. ‚Deutsch-kasachstanisches Investitions- und Handelsforum: „Das Investitionsvolumen ist nicht das Problem, sondern die einseitige Ausrichtung auf den Rohstoffsektor Kasachstans, in den mehr als 80 Prozent der Investitionen fließen“’/

Im Hotel Dostyk in Almaty trafen sich Ministeriumsvertreter, Unternehmer und Berater zu einem Informationsaustausch über die Branchenschwerpunkte Landwirtschaft, Lebensmitteltechnik und Leichtindustrie.
„Das Investitionsvolumen ist nicht das Problem, sondern die einseitige Ausrichtung auf den Rohstoffsektor Kasachstans, in den mehr als 80 Prozent der Investitionen fließen“, sagte Timur Nuraschew, Vorsitzender des Investitionskomitees des Ministeriums für Industrie und Handel der Republik Kasachstan auf dem Investitions- und Handelsforum Mitte Februar in Almaty.
Um die Industrialisierung und Modernisierung des Landes zu beschleunigen, existieren eine ganze Reihe staatlicher Entwicklungsprogramme. Die Palette reicht von der Exportfinanzierung der Bank für Entwicklung, der Exportförderung der Gesellschaft für Entwicklung des Exports „KazNex“ bis zu einem Fonds für die Zunahme klein- und mittelständischer Unternehmen.
„Die Transformation der kasachstanischen Wirtschaft geschieht nicht heute oder morgen, sondern ist ein Prozess, der Zeit braucht“, sagte der deutsche Botschafter Rainer Schlageter. „Kein deutsches Unternehmen kann es sich leisten, Kasachstan als Brücke zwischen Europa und Asien zu vernachlässigen.“ Viel Potential für eine Zusammenarbeit zwischen deutschen und kasachstanischen Unternehmen bietet die Landwirtschaft. „76 Prozent der Fleisch- und 67 Prozent der Milchproduktion werden nicht im Land weiterverarbeitet“, sagte Aina Kusanowa vom Landwirtschaftsministerium Kasachstans.
Hier kann die richtige Ausrüstung Abhilfe schaffen. Moderne landwirtschaftliche Geräte für Bodenbearbeitung, Aussaat und Pflanzenschutz und auf den kasachstanischen Markt zugeschnittene technologische Lösungen bietet das Unternehmen Lemken an, das sich bereits in der siebten Generation im Familienbesitz befindet.

„Nicht jede deutsche Firma ist ein potentieller Investor“

Lemken ist seit 2003 mit einer Repräsentanz in Kasachstan vertreten und eins der typischen Beispiele der erfolgreichen wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Kasachstan. „Nicht jede deutsche Firma ist ein potentieller Investor“, sagte Jörg Hetsch, Leiter des Delegiertenbüros der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien.
Das liegt an der Struktur und der Größe der deutschen Mittelstandsunternehmen, die in der Regel ihre Waren und Dienstleistungen im Land vertreiben. „Der Handel darf nicht stiefmütterlich betrachtet werden. Auch durch die Gründung von Repräsentanzen im Land werden Arbeitsplätze geschaffen und Steuereinnahmen verbucht. Viele mittelständische Unternehmen denken nach einiger Zeit im Land auch über die Aufnahme einer Produktionsstätte nach.“

Tipps für den Geschäftsaufbau in Kasachstan

Auf mittelständische Unternehmer warten noch einige bürokratische Hürden in Kasachstan. Um eine Arbeitsgenehmigung als Geschäftsführer zu bekommen, muss man beispielsweise eine Hochschulausbildung nachweisen. Hat man eine deutsche Fachhochschule beendet, kann sich die Genehmigung unter Umständen herauszögern.
Fallstricke rund um den Geschäftsaufbau in Kasachstan stellte Mario Wolosz, Direktor des Beratungsunternehmens Kazakhstan Consulting, auf dem Investitions- und Handelsforum vor.
„Wählen Sie die richtige Rechtsform, denn zwischen Repräsentanz, Filiale und dem kasachstanischen Äquivalent zur GmbH (TOO) existieren unterschiedliche formale Anforderungen im Tagesgeschäft“, sagte der deutsche Berater.  „Um die formalen Voraussetzungen für das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Kasachstan zu erfüllen, sollten Sie bereits zu Beginn des Jahres eine Ansässigkeitsbescheinigung beantragen.“

Moderate Steuern und strenge Auslegung der Gesetze

Der Experte wies auch darauf hin, sich den 20. Dezember als Abgabetermin für die Körperschaftssteuer-Schätzung des laufenden Jahres zu merken und eine Buchhaltungs- und Steuerpolice zur Vorlage bei Steuerprüfungen zu erstellen. Insgesamt schätzt Mario Wolosz die Steuern in Kasachstan als vergleichsweise moderat ein. Bei Verletzungen der Anforderungen der Gesetzgebung drohen jedoch empfindliche Strafen.
Auf den Unternehmer mit Durchblick warten in Kasachstan nicht nur steuerliche Vergünstigungen, mit der Einführung energiesparender Technologien können bis zu 40 Prozent der Energiekosten eingespart werden. „Angesichts der gegenwärtigen Krise muss jeder Unternehmer mit Absatzschwankungen rechnen. Wir bieten mit vergünstigten Kreditlinien einen Anreiz in energieeffiziente Technologien zu investieren und so nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, sondern die operativen Kosten zu senken“, sagte Helmut Lorenz, Ökonom bei Kazseff.
Die Absatzschwankungen aufgrund sinkender Rohstoffpreise spüren auch die deutschen Unternehmen im Land, die 200 Repräsentanzen, 400 juristischen Personen, 600 Firmenvertreter und 1.500 deutsch-kasachstanischen Handelsbeziehungen. „90 Prozent des deutschen Handels mit Zentralasien entfällt auf Kasachstan“, sagte Jörg Hetsch. Die vielen Vorteile des Landes wie die geographische Lage, die ausgewogene Politik und die konvertierbare Währung konnten Kasachstan nicht vor der Wirtschaftskrise bewahren.
„Erfreulicherweise hat sich keine deutsche Firma aus Kasachstan zurückgezogen. Trotz der Verluste halten die Deutschen dem Land die Treue“, sagte Jörg Hetsch. „Die Möglichkeiten in Kasachstan sind zu attraktiv. Zu den zukunftsträchtigen Branchen gehören die chemisch-pharmazeutische Industrie, die Stromversorgung, die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion,  die Metallurgie, der Bausektor, Umwelttechnologien und der Einzelhandel.“

Neue Qualitätsstandards: Zum Beispiel das Metro-Huhn

Bei Einzelhandel muss man sofort an die METRO denken, die im Oktober vergangenen Jahres ihren ersten Laden in Astana eröffnet hat und dieses Jahr mit ihrer zweiten Kaufhalle den Markt in Almaty erschließen will, streng nach Investmentplan. „Entgegen der landläufigen Meinung sind wir kein Einzelhandelsunternehmen. Zu unseren Kunden zählen Hotels, Restaurants und Caterer, kleine Handelsunternehmen und Büros, für die wir Lebensmittel und saisonale Angebote wie Gartenstühle präsentieren“, sagte Bert Bender, Finanzdirektor bei METRO Cash & Carry.
Nach METRO-Analysen ist Kasachstan unterversorgt. Viele Produkte sind nur unregelmäßig verfügbar, hinzu kommt neben Verpackungs- und Dokumentenproblemen die Abhängigkeit von wenigen Lieferanten. „Frisch und günstig sollen unsere Produkte sein. Nicht so frisch und günstig wie auf dem Basar, wo das Hühnchen im Angebot dreimal aufgetaut und wieder eingefroren wurde, sondern qualitativ hochwertig frisch und günstig, so wie das abgepackte Tiefkühlhuhn aus Deutschland“, so Bender. Die Waren werden aus Kostengründen nicht aus Deutschland eingeflogen, sondern von lokalen Unternehmen zugeliefert, deren Qualitätsstandards gleich mitentwickelt werden.
Es ist eben so, wie Generalkonsul Dr. Gerold Amelung sagte: „Alle Sektoren, ob Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion, Leicht- und Schwerindustrie, Handel oder Finanzen, bieten sich für einen Technologietransfer an.“ Für den Generalkonsul beginnt mit dem Jahr „Deutschland in Kasachstan“ 2010 die aktivste Phase in 20 Jahren deutsch-kasachstanische Beziehungen mit der Perspektive, die guten bilateralen Beziehungen auf einer höheren Ebene zu gestalten. Spätestens zum Tag der Deutschen Wirtschaft Anfang Oktober erwartet Jörg Hetsch die ersten Berichte über gelöste Probleme und Erfolgsgeschichten.

19/02/10

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