Der Beitritt Kasachstans zu der Welthandelsorganisation ist so gut wie sicher. Nach langen Verhandlungen feiert die politische Elite den Erfolg. Ob sich auch die kasachische Wirtschaft über mehr internationale Konkurrenz freut?

Nach 19 Jahren langen Verhandlungen wird es offiziell: Kasachstan tritt noch in diesem Jahr der Welthandelsorganisation (WTO) bei. „Ich gratuliere zu diesem historischen Schritt und freue mich, Kasachstan bald in der Welthandelsorganisation begrüßen zu können“, sagte der WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo vergangene Woche.

Nasarbajews Erfolg auf internationalem Parkett

Die Arbeitsgruppe hatte vergangene Woche das Beitrittspaket zusammengestellt. Die Verhandlungen um den Beitritt Kasachstans laufen bereits seit 1996. Besonders schwierig seien die Verhandlungen der Zolltarife mit den Mitgliedstaaten der Eurasischen Union gewesen, teilte die WTO mit. Kasachstan soll das 161. Mitglied werden. Die Welthandelsorganisation fördert den offenen Handel unter ihren Mitgliedstaaten. Kasachstan ist nicht das einzige Mitglied der WTO in Zentralasien. Kirgisistan und Tadschikistan sind bereits WTO-Mitglieder.

Bereits kurz nach seiner Wiederwahl im April feierte Präsident Nursultan Nasarbajew einen weiteren Erfolg: „Wir hoffen, noch in diesem Jahr Mitglied in der Welthandelsorganisation zu werden“, sagte er dem Nachrichtenportal „Zakon.kz“. Mit der Abgabe der Beitrittsdokumente ist dies nun so gut wie sicher. Die Unterlagen sollen den WTO-Mitgliedern am 22. Juni zur formellen Abstimmung vorgelegt werden. Der Beitritt Kasachstans wurde in politischen Kreisen bereits als großes Ereignis gefeiert.

„Die WTO-Mitgliedschaft gibt unserer Wirtschaft und Industrie den nötigen Wachstumsschub“, freute sich der Mäschelis-Abgeordnete Viktor Rogaljow.

Dank der Annäherungspolitik des Präsidenten mit der Europäischen Union sei es in diesem Jahr gelungen, die WTO-Beitrittsverhandlungen zu Ende zu bringen. Kasachstan hat zu Beginn dieses Jahres mit der Europäischen Union ein Partnerschafts– und Kooperationsabkommen abgeschlossen. Schon seit Jahren sucht Nasarbajew die Nähe zur europäischen Politik.

Nicht jeder kasachische Unternehmer kann die Freude der Politiker teilen, bald auch in der Arena der Global Player mitspielen zu dürfen. Die Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation mache Kasachstan nicht automatisch konkurrenzfähig. „Eine Reihe von Unternehmen sind im Moment nicht oder nicht ausreichend international wettbewerbsfähig. Deren Probleme könnten sich bei weiterem Zustrom von billiger werdenden Importströmen verstärken“, sagte Wirtschaftsexperte Prof. Dr. Bodo Lochmann.

WTO und der kasachische Milchmarkt

Besonders die mittelständischen und kleinen Unternehmer betrachten den WTO-Beitritt Kasachstans eher mit Unbehagen – zum Beispiel Milchbauern und Molkerei-Besitzer. Sie befürchten, dass ihre Milchprodukte nicht mehr konkurrenzfähig sind. „Wenn die Zolltarife gesenkt werden, wären Milchprodukte aus Weißrussland und Russland noch billiger. Das gefährdet unseren Binnenmarkt. Eigentlich bräuchten wir daher eine Zollschranke für ausländische Milchprodukte. Wie wird darauf die WTO reagieren?“ fragte Lydia Michejewa. Die Sprecherin des Milchverbandes sieht in dem Beitritt Kasachstans zur WTO eine neue Herausforderung für die kasachische Milchwirtschaft.

Von Dominik Vorhölter

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