Kasachstan ist nach Russland zweitwichtigster Handelspartner Bayerns in der GUS. Bayerische Produkte, vor allem im Bereich Maschinen- und Anlagenbau, aber auch im Gesundheitswesen und im Baubereich, sind in Kasachstan sehr gefragt. Im Interview mit der DAZ spricht die Staatssekretärin des bayerischen Wirtschaftsministeriums Katja Hessel über die geplante Rohstoffpartnerschaft, die bayerischen Exporte nach Kasachstan und das kasachstanische Engagement in internationalen Organisationen.
/Bild: bayrisches Staatsministerium. ‚Auf dem Berg Kok Töbe: Mitglied des Landtags Alexander Muthmann, der frühere Generalkonsul Hans-Jürgen Keilholz, Staatssekretärin Hessel, Hans-Joachim Heusler, Geschäftsführer Bayern International und Kanat Akishev, Direktor der Firma Mercur Ltd. (v.l.n.r.)’/
Frau Hessel, im März 2009 haben Sie mit einer Delegation Kasachstan bereist. Welche Eindrücke haben Sie dabei gewonnen?
Kasachstan ist wirklich ein sehr interessantes, facettenreiches Land. Die Delegationsreise im März 2009 hat mir und den mitreisenden bayerischen Unternehmensvertretern eine gute Gelegenheit geboten, mit Land und Leuten in Kontakt zu kommen. Wir wurden an beiden Orten, die wir besucht haben, in der alten Hauptstadt Almaty und in der neuen Hauptstadt Astana, sehr herzlich empfangen. Die Wirtschaftsvertreter in Kasachstan sind sehr interessiert an einer Zusammenarbeit mit Bayern, das habe ich deutlich gespürt. Daher kann ich nur Positives berichten.
Der Freistaat Bayern und bayerische Firmen sind schon länger und sehr erfolgreich in Kasachstan tätig. Wie kam es zu dem Engagement? Welche Rolle spielt dabei das Unternehmen Bayern International?
Bayerische Unternehmen sind generell im Export sehr stark, da verwundert es nicht, dass sie auch in Kasachstan tätig sind. Kasachstan ist einer der wichtigsten Märkte unter den ehemaligen Staaten der Sowjetunion. Bayerische Produkte, vor allem im Bereich Maschinen- und Anlagenbau, aber auch im Gesundheitswesen und im Baubereich, sind dort sehr gefragt. Die Unterstützung durch Bayern International spielt für die Unternehmen sicherlich auch eine wichtige Rolle, um den kasachstanischen Markt zu erschließen. Ich denke hier zum Beispiel an die bayerischen Gemeinschaftsstände auf Messen in Kasachstan oder an Weiterbildungsprojekte für Fach- und Führungskräfte aus Kasachstan im Rahmen unseres Programms ‚Bayern fit for Partnership’.
Welche Innovationspartnerschaften zwischen Bayern und Kasachstan sind besonders attraktiv?
Momentan ist dies leider noch nicht sehr entwickelt. Es gibt aber etwa zehn Hochschulkooperationen zwischen bayerischen und kasachischen Hochschulen und Universitäten. Das bedeutet, dass erste Schritte für eine Zusammenarbeit im Bereich der Innovationspartnerschaften bereits gemacht wurden. Ich würde es jedenfalls begrüßen, wenn diese Kooperation in Zukunft weiter ausgebaut werden kann.
Wie beurteilen Sie die geplante Rohstoffpartnerschaft mit Kasachstan, die der deutschen Industrie besseren Zugang zu Seltenen Erden ermöglichen soll?
Die Rohstoffpartnerschaft, wie sie aktuell gemeinsam vom Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit Kasachstan geplant ist, begrüße ich ausdrücklich. Ich sehe hier großes Potenzial für eine Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern, in die sich auch Bayern und die bayerische Wirtschaft gerne einbringen werden. Kasachstan hat nach wie vor großes Interesse an Technologien aus Deutschland, und Deutschland hat großes Interesse am Zugang zu wichtigen Rohstoffen aus Kasachstan. Ich sehe dies als eine klassische win-win-Situation, aus der beide Partner großen Nutzen ziehen können.
Wie beurteilen Sie im Rückblick das ‚Kasachstanjahr 2009 in Deutschland’ und das ‚Deutschlandjahr 2010 in Kasachstan’ aus bayerischer Perspektive?
Im Rahmen des Kasachstanjahrs 2009 in Deutschland hatten wir auch in Bayern eine Reihe von Aktivitäten mit Kasachstan. Neben unserer Delegationsreise fanden mehrere Treffen zwischen Vertretern aus Kasachstan und Bayern statt, zum Beispiel ein ‚Wirtschaftstag Kasachstans’ in München. Er wurde gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern organisiert. 2010 konnten einige Veranstaltungen aus Bayern in Kasachstan stattfinden, etwa eine bayerische Gemeinschaftsbeteiligung auf der Baumesse KazBuild. Insgesamt wurden die Aktivitäten leider etwas getrübt durch den starken Einbruch im bilateralen Außenhandel, den wir 2009 verzeichnen mussten.
Welche Rolle spielen die noch ausstehenden Hermes-Exportkreditgarantien für den bilateralen Handel?
Die Aussetzung der generellen Anerkennung von kasachischen Banken für Hermes-Exportgarantien hat die Außenhandelsaktivitäten in den letzten ein bis zwei Jahren sichtlich erschwert. Mittlerweile haben sich die Aktivitäten zwar wieder stabilisiert, aber wir haben das Vorkrisenniveau, vor allem was die bayerischen Exporte nach Kasachstan betrifft, noch nicht ganz erreicht. Ich bin zuversichtlich, dass das Hermes-Exportkreditgarantie-Programm mit Kasachstan in Kürze wieder in vollem Umfang aufgenommen werden kann und wir die positiven Auswirkungen auch im bayerisch-kasachischen Handel spüren werden.
Kasachstan ist mit dem OSZE-Vorsitz 2010, dem Vorsitz über die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) sowie der Organisation der Islamischen Konferenz 2011 auch international politisch aktiv. Wie schätzen Sie diese Initiativen ein?
Der internationale Dialog ist sehr wichtig, um die Verständigung zwischen Völkern und damit ein friedliches Zusammenleben sicherzustellen. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit ist dabei ein wichtiger Teil, denn wer erfolgreich miteinander Handel treibt, hat großes Interesse daran, in Frieden miteinander zu leben. Wir sollten uns aber nicht nur auf die wirtschaftliche Ebene der Zusammenarbeit beschränken, sondern auch auf politischer Ebene internationale Kooperationen weiter intensivieren. Daher kann ich das Engagement von Kasachstan in internationalen Organisationen nur begrüßen.
Wo sehen Sie die bayerisch-kasachischen Beziehungen in fünf Jahren?
Ich bin sicher, dass sich die bayerisch-kasachischen Beziehungen bis zum Jahr 2016 weiter intensivieren werden. Ich hoffe, dass noch deutlich mehr bayerische Unternehmen als bisher das Potenzial Kasachstans nutzen. Die nächsten Schritte könnten dann auch über reine Handelsbeziehungen hinausgehen. Vielleicht ist ja auch das ein oder andere Unternehmen aus Bayern daran interessiert, das Fundament für langfristige Geschäftsbeziehungen zu legen und eine Repräsentanz oder Niederlassung in Kasachstan zu gründen. Ich würde mir aber auch wünschen, dass das keine Einbahnstraße wird. Wir freuen uns auch über Investoren aus Kasachstan, die hier im Freistaat tätig werden wollen und unterstützen sie gerne über unsere Ansiedlungsagentur Invest in Bavaria.
Interview: Konstantin Dallibor