Auch in der Schweiz singt die Familie am Weihnachtsabend „O du fröhliche“ und „O Tannenbaum“, zumindest im deutschsprachigen Raum. Es gibt aber auch einige typische Bräuche, die man in Deutschland so nicht kennt. Rafael Wiedenmeier ist im Osten der Schweiz, im Bergkanton Glarus, geboren und arbeitet seit drei Jahren als Webdesigner in Kasachstan. In der DAZ berichtet er über das Original Schweizer Käsefondue, das Läuten der Kuhglocken am Nikolaustag und den Lichterberg als Weihnachtsbaumersatz.

/Bild: Rafael Wiedenmeier. ‚Schweizer Tradition am Weihnachtsabend: Das Käsefondue.’/

Was darf an einem typisch schweizerischen Weihnachtsabend nicht fehlen?

Die Schweiz ist eine multikulturelle Nation. Ob Fischgerichte, Weihnachtsgans oder Truthahn – viele Familien haben längst ihr eigenes Lieblingsessen zum traditionellen Weihnachtsmahl gekürt. Der Klassiker ist aber immer noch das Fondue. Entweder Fondue chinoise mit dünn aufgerolltem Rindfleisch, das man zusammen mit Chips in eine Sauce tunkt, oder Käsefondue.

Wie läuft ein Original Schweizer Käsefondue ab?

Als erstes muss man eine spezielle Käsemischung zubereiten, dann einen Vorrat an gewürfelten Brotstückchen bereithalten, und schließlich würzt der Hausvater oder die Hausmutter den aufgekochten Käsebrei mit einem Schuss Wein. Wer beim Eintauchen seinen Brotwürfel in der zähen Käsemasse verliert, muss zur Strafe jemanden küssen, einen Schnaps kippen oder unter dem Tisch hindurch krabbeln. Es geht heiß zu beim Käsefondue. Zum Schluss soll man unbedingt einen kleinen Spaziergang machen, um den Käseklumpen zu verdauen. Wann isst man sonst schon ein halbes Kilogramm Käse auf einmal?

An welche Weihnachtsbräuche erinnerst du dich noch aus deiner Kindheit?

Ich erinnere mich noch an das Klausschellen zum 6. Dezember. Als Schüler sind wir mir Kuhglocken durch das Dorf gezogen und haben um Mandarinen, Schokolade und Erdnüsse geläutet. Für den großen Tag haben wir zwei Wochen geübt und sind dann in Zweierreihen durchs Dorf marschiert. Jeder wollte eine besonders große Glocke tragen. Je größer die Glocke, desto größer die Ehre, aber bei den Riesenglocken haben die Ledergurte ganz schön eingeschnitten.

Hattet ihr auch einen Weihnachsbaum?

Meine Mutter wollte nicht jedes Jahr einen neuen Weihnachtsbaum kaufen und ihn dann nach ein paar Wochen auf den Müll werfen. Sie hat immer im Garten einen zwei Meter hohen Schneehaufen gebaut und in die Schneekugel lauter Nischen gegraben. In jede Nische hat sie eine Kerze gesteckt und am Heiligabend alle Kerzen angezündet. So hatten wir zu Weihnachten immer einen Lichterberg.

Auf welchen Schweizer Weihnachtsbrauch kannst du auch in Kasachstan nicht verzichten?

Letztes Jahr habe ich meine Freunde in Kasachstan zu einem Käsefondue eingeladen. Ich habe ein teures Fertigpaket mit einer Käsemischung im Supermarkt gekauft, in einer Tonbüchse mit Spiritus Watte angezündet und den Käsebrei in einem russischen Gusseisentopf gekocht. Was soll ich sagen? Das Fondue hat lecker geschmeckt.

Was ist dein größter Weihnachtswunsch in diesem Jahr?

Mein größter Weihnachtswunsch ist bereits in Erfüllung gegangen: Ende Dezember ist mein Sohn Alexander auf die Welt gekommen.

Das Gespräch führte Christine Karmann.

25/12/09

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