Des einen Fluch, des anderen Segen – das Internet wird ähnlich kontrovers betrachtet wie einst das Telefon. Auch in Usbekistan spalten die neuen Kommunikationsmöglichkeiten des weltweiten Datennetzes die Gemüter.

/Bild: Kristina Ogonjanz. ‚Tobt hier noch der Kampf um das Kommunikations- oder schon der um das Suchtmittel?’/

Abends sieben Uhr. Ein Internet-Café, auf der Kunajew-Straße im Zentrum von Taschkent ist gut gefüllt. Die Besucher – junge Leute zwischen 10 bis 20 Jahren – sitzen an den Computern. Es herrscht absolute Ruhe, die nur manchmal von einem seltsamen „Bee..p” oder “Dzzz…….in” – wenn ein Bildschirm erlischt – unterbrochen wird.

Was machen sie hier zu dieser Zeit, in der die meisten Jugendlichen den untypisch kühlen Sommerabend in der usbekischen Hauptstadt genießen? Sie kommunizieren miteinander. Aber wie? Per Internet!

Mittlerweile ist das Internet nicht nur die größte Datenbank der Welt, sondern auch eines der am weitesten verbreiteten Kommunikationsmittel. Nach statistischen Angaben der Webseite erudition.ru nutzen etwa 53 Prozent der Bewohner unseres Planeten das Internet als Kommunikationsmittel.

Die Kommunikation über das Internet wird ständig billiger und bequemer. Verschiedene Anbieter von Programmen wie ICQ, Skype oder der im GUS-Raum populären Internetsoftware mail.ru agent ermöglichen die Verwirklichung eines großen Menschheitstraumes – den von der Kommunikation ohne Grenzen.

Aber Psychologen hören in dieser Situation bereits die Alarmglocken für die Zukunft der Kommunikation läuten. „Die Zahl der Leute, die vom Internet und Kommunikationsprogrammen wie ICQ und mail.ru agent abhängig sind, steigt Jahr für Jahr”, erzählt die usbekische Psychologin, Irina Rannewa. „Ich habe viele Patienten, die verschiedene Formen der Abhängigkeit von virtueller Kommunikation zeigen.

„Der Mensch hat immer eine Sucht nach etwas, das ist ganz normal, aber in dieser Situation droht Degradierung, weil bei der virtuellen Kommunikation eine Erfahrung ausfällt. Solche Menschen können nur schwer echte soziale Kontakte finden.”

Aber was für Leute sind das, und warum haben sie die „Internetsucht“? Sie sind ganz verschieden. Einer heißt Sascha. Er ist 20 Jahre alt und Student. Ironischerweise studiert er Psychologie an der Pädagogischen Universität Taschkent. Er erzählt, dass er fast jede Nacht und zudem etwa drei bis vier Stunden pro Tag bei mail.ru agent verbringt und manchmal nicht bemerkt, ob draußen Tag oder Nacht ist. Ohne virtuelle Kommunikation kann er nicht leben, sagt er. Er hält sich nicht für internetabhängig. „Es ist ganz normal, und fast alle meine Freunde verbringen noch mehr Zeit im mail.ru agent”

Auch eine Frage des Lebensstils

Viele junge Leute betrachten das Internet auch nicht nur als Kommunikationsmittel, sondern als einen Lebensstil. Für sie ist es besser, über Internetprogramme miteinander zu „sprechen“, als sich real mit den Freunden zu treffen. Dabei ist es egal, ob die in einer anderen Stadt wohnen oder hautnah vor dir am anderen Computer im Internet-Cafe sitzen. „Es war sehr witzig”, erzählt Irina Geworgyan, dreifache usbekische Schachmeisterin, „Mein Freund und ich saßen einander gegenüber im Internet-Café. Wir kennen einander sehr gut, haben aber den ganzen Tag nur über das Internet kommuniziert. Und niemand hat daran gedacht, einfach so, ohne mail.ru agent etwas zu sagen. Das war wie etwas ganz Alltägliches”.
Und es gibt auch andere Meinungen zu diesem Problem. Einige Wissenschaftler und Internet-Nutzer meinen, dass das Internet als Kommunikationsmittel viele psychologische Probleme zu vermeiden und leichter enge Kontakte mit anderen Leuten zu knüpfen hilft.

„Eine solche Art der Kommunikation, wie die im Internet, gibt dir Freiheit. Ich kann im normalen Leben genauso leicht Freunde finden wie durch das Internet. Die reale und die virtuelle Kommunikation haben die gleiche Qualität“, meint die 16-jährige Laura, ständige Nutzerin von ICQ und mail.ru agent.

„Die Zukunft der Kommunikation ist das Internet. Es ist sehr praktisch, und ich sehe keine Gefahr in der Verbreitung dieses Kommunikationsmittels. Das Wichtigste ist hier nur, dass es nicht zugeht wie im Roman „Labyrinth Otraschenij” von Sergej Lukianenko, wo die Bewohner einer Stadt eine virtuelle Stadt namens Diptown gründen. In der leben und kommunizieren sie ohne zu bemerken, wie eines Tages ihre reale Heimatstadt bei einer Katastrophe zerstört wird”.

Von Kristina Ogonjanz

31/07/09

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