Seit etwa einem Jahr reisst die Anzahl der Präsentationen, Expertisen und Vorträge zum Klimawandel und seinen katastrophalen Folgen für die Menschheit nicht ab. Wenn noch vor zehn bis 15 Jahren dieses Thema eher belächelt und von sehr vielen Politikern, Wirtschaftsführern und einfachen Leuten beiseite geschoben wurde, hat sich das mit einer atemberaubenden Schnelle grundlegend gewandelt.

Heute ist es unumstritten, dass wir Menschen durch unser sehr leichtfertiges Verhalten das Klima nicht mehr nur ruinieren werden, sondern es schon gemacht haben. Die letzten alarmierenden Aussagen waren (Bericht der UNO-Klimakommission), dass die Menschheit nur noch 15 Jahre Zeit hätte, um die große Umweltkatastrophe zu verhindern. Dazu ist es notwendig, die Temperaturen der Erdatmosphäre um nicht mehr als zwei Grad ansteigen zu lassen. Das könnte jedoch nur durch einen radikalen Wandel der Produktions- und Verbrauchergewohnheiten erreicht werden, wozu aber bisher der Großteil der Politiker, Wirtschaftsmanager und der Bevölkerung weder psychologisch noch organisatorisch-finanziell bereit ist. So ist ein Ansteigen der Temperaturen um drei bis fünf Grad bis 2100 eher wahrscheinlich. Die Folgen werden tägliche Umweltkatastrophen (Trockenheit, Stürme, Ansteigen des Meeresspiegels und anderes) auch für Regionen sein, die solche Dinge bisher nur aus dem Fernsehen kannten. In nun doch wesentlich breiteren Kreisen der Politiker und der Bevölkerung Europas und anderer Staaten ist man nun durch die bewiesene Schuld des Menschen an diesen problematischen Prozessen stärker als früher bereit, sich einem radikalen Umdenken und vor allem einem konsequenten Handeln zu widmen. Australien z. B. verbietet demnächst klassische Glühlampen und erlaubt nur noch den Einsatz von Energiesparlampen. Im Hauptsünderland USA hat der Präsident erstmals seine ablehnende Haltung zur Energieeinsparung geändert und zu derselben aufgerufen, in Deutschland wird über das Schlachten einer heiligen Kuh – das Einführen eines Tempolimits auf der Autobahn – diskutiert, China, das trotz eines wesentlich geringeren Produktionsumfangs als die USA Welthauptsünder Nr. 2 ist, will sein Wirtschaftswachstum drosseln und es ökologischer ausrichten. Was tut sich nun in Kasachstan? Auf den ersten Blick nicht allzu viel. Die zahlreichen Berichte, die die Weltgemeinschaft so aufgeschreckt haben, sucht man in der Presse Kasachstans vergeblich. Wenn man sie findet, dann nur mit der Lupe. Die Botschaft scheint zu sein: Das geht uns nicht allzu viel an, wir haben zu tun, das Wirtschaftswachstum hochzuhalten, Umweltschutz kann dann kommen, wenn es uns wirtschaftlich gut geht. In vielen Köpfen sitzt offenbar noch der Gedanke, dass Umweltschutz etwas Zusätzliches zur Wirtschafts- und zur Sozialpolitik sei, aber keinesfalls ein integrierter, sondern eher störender, zusätzlicher und teurer Faktor. Umweltschutz aber ist längst zu einem erstklassigen Wachstumsfaktor der Wirtschaft geworden. Hier entstehen massenhaft neue Ideen und auf deren Grundlage Innovationen, die man auf den Weltmärkten in Form moderner Produkte ordentlich verkaufen kann. In der aktuellen Energiestrategie Kasachstans kommt Energieeinsparung als effektivster Weg der Sicherung der Versorgungsstabilität und der Verringerung der hohen Umweltbelastung nur als ein nachrangiger Punkt vor. Wirksame Information und Aufklärung der Bevölkerung und der Wirtschaftsunternehmen über die persönlich erzielbaren Vorteile aus Energieeinsparung und Umweltschutz haben Seltenheitswert. Doch dass sich gar nichts tut, kann man auch wieder nicht behaupten. Schließlich gibt es ja ein Umweltschutzministerium. Das führt im Moment auch einen hartnäckigen Kampf gegen das Abfackeln von Begleitgas bei der Erdölförderung. Das ist zweifelsohne eine sehr wichtige Aktivität.

Allerdings ist immer noch nicht klar erkennbar, ob diese harte Linie des Umweltministeriums auch von der Regierung insgesamt unterstützt wird oder ob der Umweltminister sich im Alleingang die Zähne ausbeißen wird. Möglicherweise können solche Aktionen auch eher das Ziel verfolgen, ausländische Gesellschaften aus dem lukrativen Ölgeschäft zu drängen und dann umweltmäßig alles beim Alten zu lassen. Insgesamt jedenfalls genießt die Umweltproblematik hierzulande keinesfalls den Stellenwert, den sie einnehmen müsste. Nicht unverschämt dicke Autos und berauschende Wachstumszahlen machen schließlich die Qualität des Lebens aus. Doch von der Erkenntnis, dass das Leben besonders durch nichtmaterielle Dinge lebenswert gemacht wird, ist man in eigentlich in allen Ländern noch weit entfernt. In Kasachstan ist man davon meiner Beobachtung nach allerdings noch besonders weit weg – mit eher zunehmendem Abstand.

Bodo Lochmann

09/03/07

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