Kasachstan ist das reichste Land Zentralasiens – die Neueröffnung der Esentai Mall in Almaty ist ein weiteres Zeichen für die rasante wirtschaftliche Entwicklung der ehemaligen Sowjetrepublik. Von nun mischen Louis Vuitton, Gucci und Co im kasachischen Modemarkt mit. Auch Saks Fifth Avenue ist erstmals in Asien vertreten.
Louis Vuitton, Gucci, Saks Fifth Avenue und Co – mit ihrem Einzug in die Esentai Mall halten international bekannte Modelabels erstmals Einzug in Kasachstan. Vergangenen Freitag wurde das 450 Millionen Dollar teure Nobeleinkaufszentrum mit viel Glanz und Glamour eröffnet. Als Blickfang stolzierte das tschechische Topmodel Eva Herzigová über den Roten Teppich, eine Ballerina tanzte, von Luftballons gezogen, durch die Lüfte.
Auf 52.000 Quadratmetern bieten von nun an 160 Boutiquen ihre Modewaren feil: Auch Burberry, Stella McCartney, Ralph Lauren, Dolce & Gabbana und Loro Piana öffnen in der Mall ihre erste offizelle Niederlassung in Kasachstan. Neben dem Einkaufszentrum umfasst der Esentai Park an der Al-Farabi-Avenue den 168 Meter hohen Esentai Tower – das nunmehr höchste Gebaude Almatys. In dessen mittleren Etagen soll 2013 ein Fünf-Sterne-Hotel von Ritz-Carlton eröffnet werden, die Büros des Business-Komplexes in den unteren Etagen sind bereits in Betrieb. Ein Appartment in den oberen Etagen des Towers kostet zwischen 3000 und 6000 Dollar Miete im Monat.
Wie Investor Capital Partners mitteilte, besteht das von dem amerikanischen Architektenbüro Skidmore, Owings and Merril (SOM) entworfene Mammutprojekt insgesamt aus sieben Gebäuden. Noch sind die Hochhäuser teilweise von Baukränen verdeckt, doch schon bald sollen in drei Gebäuden weitere Luxusappartments vermietet werden. In einem der Gebäude entsteht ein Fitnesscenter mit Tennisplätzen, Spa und einer Kletterwand. Das Design des Komplexes soll SOM zufolge in Farbe und Form die schneebedeckten Gipfel der umliegenden Ausläufer der Tienshan-Gebirgskette nachahmen. Namensvorbild des Esentai Parks war das nebenan vorbeirauschende Flüsschen.
Der kasachische Investor ist auch für den Bau des Skigebiets Schymbulak außerhalb von Almaty verantwortlich. Die Eröffnung der Mall war ursprünglich bereits Anfang 2010 geplant, wurde jedoch wegen der Weltfinanzkrise verzögert. Dennoch ist der Mitbegründer von Capital Partners, Burak Oymen, von einer rosigen Zukunft für Kasachstans Wirtschaft überzeugt: „Die weltweit begehrtesten Luxus- und Haute Couture-Marken kommen nach Almaty, weil sie das enorme Potenzial des Marktes erkennen.“
Vor allem die Ölindustrie hat Kasachstan in den letzten Jahren zunehmend Reichtum beschert: Mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 11.245 Dollar (2011) liegt Kasachstan weit über dem zentralasiatischen Durchschnitt. Trotzdem lag das Durchschnittseinkommen im August bei gerade mal 104.546 Tenge, also bei etwas mehr als 500 Euro – wobei die Schere zwischen Stadt und Land ziemlich auseinanderklafft: In Almaty verdienen die Menschen im Schnitt mehr als doppelt so viel wie in dem Bezirk mit dem geringsten Durchschnittseinkommen. So wohnen in ganz Kasachstan 12.000 Millionäre; fünf Milliardäre sind in Almaty zuhause.
Auch Capital Partners-Vertriebsleiterin Sandrine Moreau gibt sich deshalb optimistisch. Sie glaubt, die neue Luxusmall komme vor allem bei den Almatinerinnen gut an: „Mir als Pariserin fällt auf, dass Frauen in Almaty sehr elegant gekleidet sind – sogar mehr noch als in Europa.“ Beim Einkaufen in den Luxusboutiquen gehe es nicht nur ums Geld, sondern vielmehr um einen Moment des Genusses: „Vielleicht wird man nicht jeden Tag hierher kommen, um sich eine schicke Tasche oder so etwas zu kaufen, aber einmal im Jahr will man sich vielleicht etwas Gutes tun.“ In der zweiten Etage des Einkaufszentrums gebe es schließlich auch massentauglichere Geschäfte wie promod oder Mango – so könne man beispielsweise ein schlichtes Shirt gut mit einer Louis-Vuitton-Handtasche kombinieren.
Louis Vuitton öffnete bereits am 11. Oktober die Türen, Saks Fifth Avenue sogar schon am 30. September. Die amerikanische Luxusmodekette betritt in Asien damit Neuland. Die erste Boutique des Unternehmens wurde 1924 in New York eröffnet. Noch heute dient diese als Vorzeigeobjekt und Hauptsitz. Im Laufe der Jahre kamen 44 weitere in Amerika, Mexiko City, Dubai, Manama, Bahrain und jetzt auch in Almaty hinzu.
Dem neueröffneten Luxusgeschäft ist die Frische anzumerken: Ein Hauch von Sägespänen liegt in der Luft, High Heel-Geklapper hallt über den neuen Steinboden. Selbst die Klofrau werkelt noch unter dem Waschbecken in der sonst blankgeputzten Damentoilette herum. Dazwischen die ersten Käuferinnen, besänftigt von Easy-Listening-Musik, beraten von zahlreichen Verkäuferinnen, behütet von Wachpersonal in Krawatte und Anzug – ebenso zahlreich. Eine Käuferin wird fündig: Mit übergroßen Papptüten bewaffnet verlässt sie die Boutique schließlich. Nicht nur extravagante Designerstücke, sondern auch Uhren, Schuhe und Porzellan warten herausgeputzt in Virtrinen und von Lampen ins rechte Licht gerückt auf den potenziellen Käufer.
Sogar ein Jäckchen für den Sohnemann findet Mami für stolze 500 Euro bei Gucci. Auch bei Armani Junior, Baby Dior und D&G Junior kann die frischgebackene Mutter das Kind nach dem neuesten Schrei einkleiden. Eine Kaffeebar, Couchecken und Plastiksessel laden zu ausführlichen Frauengesprächen über die angehende Neuerwerbung ein. Doch nicht nur die anspruchsvolle Frau kommt bei Saks Fifth Avenue auf ihre Kosten. Auch der Mann kann sich bei Hugo Boss, Montblanc und Co auf der Suche nach einem neuen Anzug austoben – ungeachtet des Baulärms auf der Straße. Die Handwerker wuseln noch fleißig durch die Gassen der Türme, es hämmert, staubt und dröhnt. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis schließlich auch die anderen Gebäude des Esentai Parks öffnen und der Luxus ganz Einzug hält.