Nacheinander empfängt Kasachstans Präsident Tokajew in dieser Woche die Spitzenvertreter zweier bedeutender EU-Länder. Es geht um wirtschaftliche Zusammenarbeit und Investitionen, bei Orbán um die Beziehungen zu einer speziellen Ländergruppe.
Kasachstan bleibt weiter ein beliebter Zielort für Besuche europäischer Staats- und Regierungschefs. Nach gegenseitigen Besuchen zwischen der deutschen und kasachischen Seite im Juni und September kommen in dieser Woche der französische Präsident Emmanuel Macron und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán nach Astana, um sich mit Kasachstan Staatsoberhaupt Kassym-Schomart Toakjew zu treffen. Das bestätigte der Pressedienst Tokajews in der vergangenen Woche.
Während des Besuchs von Macron werden die Staats- und Regierungschefs beider Länder Gespräche über die Stärkung der Handels-, Wirtschafts-, Investitions- und Energiekooperation führen und Fragen der internationalen und regionalen Agenda erörtern, hieß es von offizieller kasachischer Seite. Frankreich ist innerhalb der EU einer der Top-Investoren im größten Land Zentralasiens. Laut Daten der kasachischen Nationalbank zum ersten Quartal dieses Jahres belegte es unter allen Ländern mit rund 200 Millionen US-Dollar den zehnten Platz bei ausländischen Direktinvestitionen, unter den EU-Ländern den vierten Platz.
Ungarn und die Turkländer
Obwohl das kleine Ungarn wirtschaftlich weit weniger Gewicht auf die Waage bringt, verdient auch Orbáns Besuch großes Augenmerk. Ungarns Ministerpräsident verfolgt innerhalb der EU regelmäßig seinen eigenen Kurs, was sich auch in der außenpolitischen Orientierung widerspiegelt. Als Chinas Staatschef Xi Jinping kürzlich nach Peking lud, um das Jubiläum der Seidenstraßen-Initiative mit den Teilnehmerländern zu feiern, war Orbán der einzige Spitzenvertreter eines EU-Landes, nachdem Italien unter Giorgia Meloni inzwischen auf Distanz gegangen ist. Orbán unterhält zudem gute Beziehungen zu Russlands Präsident Putin und nutzte den Besuch in Peking, um als erster EU-Regerungschef in diesem Jahr den Kremlherrscher zu treffen.
Nun verschlägt es Ungarns Ministerpräsidenten nach Kasachstan, das gemäß der Vorstellung vieler Ungarn als turksprachiges Land gemeinsame historische Wurzeln mit den Mitteleuropäern hat. Besonders unter Orbán hat in Ungarn ein Herkunftskult Einzug gehalten, wonach die Ungarn einst als Nachkommen von Hunnenkönig Attila aus den asiatischen Steppen nach Westen drangen. Die isolierte Stellung des Ungarischen, das zu keiner einzigen offiziellen Sprache von Ungarns Nachbarländern eine verwandtschaftliche Beziehung hat, verstärkt diesen Eindruck.
Auch vor diesem Hintergrund hat Ungarn als einziges europäisches Land einen Beobachterstatus in der Organisation der Turkländer inne, die am Freitag in Astana zu ihrem zehnten Gipfeltreffen zusammenkommen und somit ein Jubiläum feiern. Feste Mitglieder der Organisation sind neben Kasachstan noch Aserbaidschan, Kirgisistan, die Türkei und Usbekistan. Neben Ungarn weiterer Beobachter ist Turkmenistan. Am Vortag soll es bei einem bilateralen Treffen zwischen Orbán und Tokajew ähnlich wie beim Besuch von Macron um einen Ausbau der Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, Wirtschaft, Investitionen, Kultur und Gesellschaft gehen.