In der DAZ berichten Studenten aus Zentralasien von ihren Erfahrungen mit Studium und Leben in Deutschland. Mit welchen Erwartungen sie kamen, was sie schätzen und was sie vermissen, lesen Sie in diesem Beitrag.

Farogat Alijewa (25) aus Usbekistan:

Ich bin im Oktober 2022 nach Deutschland gekommen. Davor habe ich an der Staatlichen Wirtschaftsuniversität in Taschkent studiert. Inzwischen habe ich mein BWL- Masterstudium an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg begonnen. Um dafür zugelassen zu werden, brauchte ich einen Bachelor-Abschluss, gute Noten und ein Sprachzertifikat, das ich leider zu Beginn nicht hatte.

Ich kam mit Deutschkenntnissen auf A1-Niveau hier an und habe deshalb nach meiner Ankunft ein Jahr lang die Sprache gelernt. Dabei habe ich in einer deutschen Au-Pair-Familie gelebt. Vor Beginn des Wintersemesters konnte ich schließlich die DSH-Prüfung ablegen.

Die Ausbildung an der deutschen Universität ist nicht nur qualitativ hochwertig, sondern auch kostenlos – selbst für ausländische Studenten. Für Studenten gibt es viele Möglichkeiten und Vergünstigungen, zum Beispiel ein Deutschlandticket für
29 Euro oder Rabatte in Museen.

Am Anfang war es sehr schwierig, weil ich zum ersten Mal in einem anderen Land lebte. Es gab einige Momente, in denen ich mich sehr schlecht fühlte und dachte, dass jeder es schafft – nur ich nicht. Nach rund sechs Monaten hatte ich mich aber an die neue Umgebung gewöhnt.

Ich dachte, die Bürokratie in Usbekistan sei sehr stark ausgeprägt. Aber hier ist es noch schlimmer. Ich hatte keine Ahnung, dass es so schwierig ist, hier ein Bankkonto zu eröffnen. Zum Glück hat mich meine deutsche Familie immer unterstützt. Die deutsche Pünktlichkeit im Nah- und Fernverkehr ist auch ein Mythos. Vor der Ankunft haben mir alle davon erzählt, aber tatsächlich sind die Deutschen selbst nicht zufrieden.

Der kulturelle Unterschied zwischen Usbekistan und Deutschland ist sehr groß. Wenn man zum Beispiel eine Frage mit „nein“ beantwortet, bedeutet das „nein“. Wenn in Usbekistan eine Person am Tisch mit „nein, danke“ antwortet, wird sie erneut gefragt, da es sein könnte, dass die Person schüchtern ist. Am Anfang habe ich in einer deutschen Familie immer mit „nein“ geantwortet, und sie haben das direkt als Weigerung aufgefasst.

Es gibt viel Positives – zum Beispiel Weihnachten und Neujahr mit Studenten aus verschiedenen Ländern. Wir haben Deutsch gesprochen und uns verstanden, unsere nationalen Gerichte zubereitet. Es hat sehr viel Spaß gemacht.

Was ich vermisse? Meine Familie. Natürlich gibt es die Möglichkeit, immer mit ihnen zu kommunizieren, aber live ist anders. Ich vermisse das Haus, Mamas Fladen, Mamas Pilau. Hier ist es nirgendwo zu finden. Alles ist gut, aber es fehlt immer noch diese Gemütlichkeit. Trotzdem möchte ich nach dem Abschluss hier bleiben. Hier habe ich sehr gute Leute und neue Freunde gefunden.

Ilja Oster (20) aus Kasachstan:

Ich habe deutsche Wurzeln väterlicherseits und russische mütterlicherseits. Soweit ich weiß, gehörte mein Urgroßvater zu den Wolgadeutschen. Das heißt, dass diese Vorfahren sich schon lange in Russland niedergelassen hatten. Als Folge der Umsiedlung nach 1941 kam er nach Karaganda.

Bevor ich nach Deutschland kam, absolvierte ich elf Schulklassen und verbrachte zwei Jahre an meiner Universität in Kasachstan. Während meines Studiums an der Universität arbeitete ich auch als Deutschlehrer. Ich habe die ganze Zeit bei meinen Eltern gelebt.

Seit ungefähr acht Monaten lebe ich in Deutschland und studiere Cybersicherheit. Das Studium ist auf Deutsch. Ich habe erst 2019 angefangen, die Sprache zu lernen. Ehrlich gesagt ist es immer noch ein wenig schwer, zu studieren.

Ich habe mich aus mehreren Gründen dafür entschieden, nach Deutschland zu kommen. Der erste war, dass ich mich schon seit meiner Kindheit für dieses Land interessiert habe. Mir hat die deutsche Autoindustrie, der Sport, insbesondere Fußball, und auch die Geschichte Deutschlands sehr imponiert. Der zweite Grund war die Zugänglichkeit der deutschen Bildung im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Dabei ist die Qualität im internationalen Vergleich hoch.

Der Zulassungsprozess verlief nicht allzu schwierig, weil meine Familie und ich beschlossen, die Dienste einer Agentur zu nutzen, die bei der Aufnahme an deutschen Hochschulen in allen Phasen hilft. Aber wenn ich das alles hätte selbst machen müssen, wäre es wohl viel schwieriger gewesen, da es viele Fallstricke gibt, die man berücksichtigen muss.

Ich brauchte einen Monat, um mich vollständig an den lokalen Lebensstil zu gewöhnen und zu erkennen, dass ich jetzt nicht mehr zu Hause bin. In den acht Monaten meiner Ausbildung habe ich es geschafft, einmal Kasachstan zu besuchen. Ich hoffe, dass es in Zukunft möglich sein wird, mindestens einmal im Jahr nach Hause zu fliegen.

Besonders unangenehme Momente gab es bisher zum Glück nicht. Der einzige Fall, der mich etwas nervös machte, war, dass ich ein neues Buch für die Bibliothek kaufen musste. Angeblich, weil ich es durcheinandergebracht hatte. Tatsächlich aber hatte ich es bereits in diesem Zustand ausgeliehen, konnte es nur nicht beweisen.

Ich habe noch nicht entschieden, ob ich nach dem Studium weiter in Deutschland leben möchte. Einerseits gibt es hier viel mehr Perspektiven, eine stärkere Wirtschaft, eine stabile politische Situation. Andererseits habe ich immer noch Sehnsucht nach Hause, und deshalb muss ich in Zukunft ernsthaft darüber nachdenken.

Am meisten vermisse ich natürlich meine Eltern, meine Familie und Freunde. Aber ich bin auch oft nostalgisch in Hinblick auf Almaty, die Mentalität, die Küche und die Natur Kasachstans.

Karlygasch Schäfer (Schumambetowa) (29) aus Kasachstan:

Ich habe meinen Bachelor in Wirtschaft und Finanzen in Kostanai absolviert. Dann arbeitete ich in der staatlichen Verwaltung und betätigte mich anschließend freiberuflich im Bereich SMM. Bevor ich nach Deutschland kam, arbeitete ich als Vermarkterin im Lexus-Autohaus in der Hauptstadt.

In Deutschland lebe ich seit drei Jahren. Zuerst kam ich im Rahmen eines Au-Pair-Programms hierher, um eine Sprache zu lernen. Jetzt studiere ich an der Technischen Hochschule Ingolstadt in einem Masterstudium in den Fächern Vertrieb, Marketing, Medien.

Bei der Auswahl des Landes für meine Ausbildung spielte eine Rolle, dass das deutsche Diplom weltweit anerkannt wird und die Qualität der Ausbildung als besser gilt. Ich habe allerdings mehr von meiner Ausbildung in Deutschland erwartet. Im ersten Semester habe ich besonders keine neuen Kenntnisse erhalten.

Zuerst gab es eine Phase der Euphorie und einen starken Wunsch, alles Neue zu lernen. Es fiel mir leichter, da ich mich in die Familie integriert und an die deutsche Kultur gewöhnt habe. Ich denke, es hätte mehr Stress gegeben, wenn ich sofort zum Studium gegangen wäre.

In den drei Jahren hier habe ich einen Menschen getroffen, der bereits mein Mann ist. Er kommt aus Kasachstan, ist aber Deutscher. Selbst jetzt kann ich nicht mit Sicherheit sagen, dass wir in Deutschland bleiben oder ein anderes Land zum Leben wählen oder nach Kasachstan zurückkehren werden. Die Zeit wird es zeigen.

Zu den Nachteilen hier gehören Bürokratie und Service. Auch Empathie ist bei den Menschen schwach ausgeprägt. In Kasachstan habe ich mich daran gewöhnt, dass Menschen sich immer gegenseitig helfen. Sie schätzen Beziehungen viel mehr, sind konformer, geselliger. Außerdem ist der Digitalisierungsgrad in den GUS-Staaten viel höher als hier, wenn ich zum Beispiel an die Kaspi-Bank denke. In Kasachstan ist es zudem einfacher, Arbeit und Unterkunft zu finden. Auch vermisse ich natürlich meine Familie und Freunde. Und das Essen – leckeres Fleisch und Gemüse.

Vom hohen Niveau der medizinischen Versorgung in Deutschland hatte ich im Vorfeld viel gehört. Dabei gab es Fälle, in denen ich davon enttäuscht war. Einmal aber kam ich mit akuten Schmerzen ins Krankenhaus und sah, wie Ärzte ihre Arbeit in Notsituationen effizient und klar verrichten.

Ich mag es sehr, hier zu reisen, schöne Orte zu sehen. Auch die Vielfalt der Kulturen und internationale Erfahrung. Das Lernen hier beeinflusst das Denken sehr gut. Ich habe enormen Zugang zu verschiedenen Informationsquellen, die ich in Kasachstan nicht abrufen kann. Das Diplom öffnet mir zusätzliche Türen.

Daniil Nilov

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