Gletscher schmelzen, Dürren nehmen zu und der Aralsee trocknet weiter aus – das Thema Wasser rückt in den Mittelpunkt der politischen Debatten in Zentralasien.
Die Infrastruktur Kasachstans ist stark heterogen und das Land sieht sich in mehreren Regionen mit maroden Wasser- und Stromleitungen konfrontiert. Diese Ungleichheit könnte die Implementierung moderner Technologien verlangsamen. Kasachstan setzt daher vermehrt auf digitale Lösungen zur Überwachung von Risiken, die Umweltkatastrophen wie die Flutkatastrophe im April 2024 herbeiführen können.
In Kasachstan werden 60% aller Wasserressourcen für die Agrarwirtschaft verwendet, was das Land zu einem der wasserintensivsten Länder in Zentralasien macht. Dabei stellt das Oberflächenwasser, das zur knappen Hälfte aus grenzüberschreitenden Flüssen aus den Nachbarländern Kasachstans stammt, den hauptsächlichen Wasservorrat dar.
Nach Angaben des Ministeriums für Wasserressourcen und Bewässerung beträgt der durchschnittliche Wasserverbrauch pro Produktionseinheit in Kasachstan 109 Kubikmeter und ist damit deutlich höher als in Russland (44 m3) oder den Vereinigten Staaten (44 m3).
Während flussabwärts gelegene Staaten wie Usbekistan stark auf Wasser für die Landwirtschaft angewiesen sind, haben flussaufwärts liegende Länder wie Tadschikistan durch Staudammprojekte die Oberhand in der Wasserversorgung der Region.
Diese hydro-politische Gemengelage birgt ein gewisses Konfliktpotenzial. Folgerichtig ist die „Wasserdiplomatie“ ein zentrales Thema, das für das demokratische Gemeinwesen von essenzieller Bedeutung ist.
Europäische Interessen und Entwicklungszusammenarbeit der EU
Neben Kasachstan sehen sich unter anderem China und Europa in Zugzwang. In diesem Spannungsfeld konkurrieren zwei Modelle der Einflussnahme: die multilateral ausgerichtete Entwicklungszusammenarbeit des Westens, angeführt von Deutschland (GIZ) und der EU (Team-Europe-Initiative, TEI), zum anderen Chinas bilaterale Großprojekte im Rahmen der Belt-and-Road-Initiative.
Peking setzt durch bilaterale Kredite, etwa für Staudammprojekte und digitale Infrastruktur, auf wirtschaftliche Abhängigkeiten.
Dahingegen stützt sich die westliche Entwicklungszusammenarbeit auf integrative Ansätze zur Stärkung regionaler Kooperationen, beispielsweise durch Netzwerke wie den „International Fund for Saving the Aral Sea“ (IFAS). Gleichzeitig besteht jedoch die Gefahr, dass europäische Handelsinteressen die Ressourcen Zentralasiens auf Kosten der lokalen Bevölkerung ausbeuten.
Neue Projekte und neues Problembewusstsein
Ein zentraler Problempunkt ist das Fehlen eines einheitlichen, vertraglich abgesicherten Rahmens für die Nutzung grenzüberschreitender Flüsse. Am Ende des vergangenen Jahres ratifizierte Kasachstan den Wasserkodex, der erstmals Wasser als Grundlage von Leben und wirtschaftlichem Wachstum anerkennt.
Das Dokument umfasst einen Rechtsrahmen zur Bewältigung von Wasserknappheit und grenzübergreifenden Herausforderungen im Wassersektor. Darüber hinaus sieht es vor, die illegale Nutzung von Wasserressourcen und Misswirtschaft einzudämmen.
Kasachstan plant dieses Jahr das Nationale Informationssystem für Wasserressourcen einzuführen. Es soll mit Hilfe einer KI-gestützten Software die Wasserbestände in Echtzeit überwachen sowie Überflutung und Dürreperioden vorhersagen.
Unter diesem Hintergrund setzten weiterführende universitäre Projekte und spezialisierte Studiengänge in Kasachstan auf die Ausbildung von wichtigen Fachkräften für das Land.
Deutsch-Kasachische Kooperationen
Deutschland ist Kasachstans wichtigster Partner in der Agrarwirtschaft. Beim vergangenen 43. Treffen des Berliner Eurasischen Klubs in Astana wurde die deutsch-kasachische Zusammenarbeit im Bereich der dualen Ausbildung und der Anwendung moderner Wassertechnologien besonders hervorgehoben.
Erst im vergangenen August einigten sich Vertreter beider Länder darauf, den Entwurf eines globalen Wasserpartnerschaftsabkommens (GWP) zwischen Kasachstan und Deutschland auszuarbeiten. Es sieht vor, über 300 Unternehmen in der Wasserwirtschaft zu vereinen und die Implementierung bewährter innovativer Technologien zu ermöglichen.
Im Jahr 2024 hat Kasachstan 218 Milliarden Tenge für die Durchführung von 324 Projekten der Wasserversorgung bereitgestellt, wovon 106 Milliarden Tenge für 122 Projekte in städtischen Gebieten und 112 Milliarden Tenge für 202 Projekte in ländlichen Siedlungen verwendet wurden.