Der Mord an zwei Jesuitenpatres in Moskau hat auch in Deutschland große Bestürzung ausgelöst. In vielen Kirchengemeinden wurde der beiden Opfer gedacht – des deutschstämmigen Otto Messmer und des Ecuadorianers Victor Betancourt Ruiz. Der aus Kasachstan stammende Messmer war gerade erst von einem Besuch seiner Mutter aus Deutschland zurückgekehrt.
/Bild: Jesuiten Orden. ‚Pater Otto Messmer war der Obere der russischen Jesuiten. Pater Betancourt-Ruiz lehrte als Professor am Moskauer Institut für Theologie, Philosophie und Geschichte, das von den Jesuiten getragen wird.’/
Die Nachricht von den in Moskau Ende Oktober in ihrer Wohnung tot aufgefundenen katholischen Geistlichen sorgt in der katholischen Welt wie auch in der politischen Öffentlichkeit in Deutschland für Aufruhr. Nachdem feststand, dass der im kasachischen Karaganda geborene Otto Messmer und der Ecuadorianer Viktor Betancourt-Ruiz, beide Angehörige der Ordensgemeinschaft der Jesuiten, durch schwere Schädel-Hirn-Traumata zu Tode gekommen waren, gab es fast täglich Protestkundgebungen und auch eine Mahnwache vor der Botschaft der Russischen Föderation in Berlin. Angeführt wurden die insgesamt etwa 200 Personen von dem in Berlin wirkenden Jesuitenpater Klaus Mertes.
Mutmaßlicher Mörder aus dem Homosexuellen-Milieu
Auch die Sprecherin für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Erika Steinbach MdB forderte in einer Presseerklärung die russische Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft auf, den Mordfall umgehend aufzuklären.
Kurze Zeit später berichteten russische Nachrichtenagenturen, dass infolge der Ermittlungen der 38-jährige arbeitslose Russe, Michail Orjechow in einem von Homosexuellen besuchten Klub in Moskau wegen des Verdachts der Ermordung der zwei Jesuiten festgenommen wurde. Der Verdächtige, der in Moskau bisher nicht gemeldet lebte und seinen Unterhalt mit homosexueller Prostitution bestritt, hat laut russischer Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei den Mord an den beiden Geistlichen bereits bei seiner Verhaftung gestanden.
Diese Erfolgsmeldung, die das Interesse der deutschen Medien erst einige Tage später auf sich lenkte, stellte die Protestierenden kaum zufrieden, im Gegenteil, sie brachte sie noch mehr auf. Nach deren Lesart würden die Meldungen der russischen Medien die Toten und die Ordensgemeinschaft der Jesuiten in ein schiefes Licht setzen. Es würde eine Verleumdungskampagne gegen die Katholische Kirche in Russland geführt und die homosexuelle Szene in Moskau mit Kriminellen gleichgesetzt. Die Unabhängigkeit der russischen Gerichtsbarkeit wird angezweifelt, und auch, dass der inzwischen durch Haftbefehl einsitzende mutmaßliche Mörder der tatsächliche und einzige Täter sei.
Auch wenn Glaubensbrüder, Freunde und Bekannte der Ermordeten durch das brutale Geschehen tief betroffen waren und sind, kann man die Protestaktion und die Intention der Berliner Demonstranten nicht ganz nachvollziehen.
Erstens haben fast übereinstimmend die Print- wie auch die elektronischen Medien von Anfang an über den Mord berichtet und die Verdienste der beiden Toten, die in der russischen profanen wie auch kirchlichen Öffentlichkeit standen,herausgestellt.
Pater Otto Messmer war der Obere der russischen Jesuiten. Messmer stammte aus Kasachstan, wo er 1961 in einer kinderreichen Familie in der Industriestadt Karaganda geboren wurde. Der 42-jährige Pater Betancourt-Ruiz kam aus Ecuador nach Russland. Er lehrte als Professor am Moskauer „Institut für Theologie, Philosophie und Geschichte“, das von den Jesuiten getragen wird.
Zweitens berichteten die russischen Medien auch, dass unmittelbar nach Bekanntwerden der Todesfälle sowohl Vertreter der Russisch-Orthodoxen Kirche wie auch die der Glaubensgemeinschaft der Muslime Russlands ihre tiefe Trauer um die beiden, auch von ihnen hochgeschätzten Persönlichkeiten bekundeten.
Wodkaflaschen und Kondome am Tatort
Nachdem die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft verlautete, es werde in alle Richtungen ermittelt, haben die Medien, deren Vertreter teilweise auch Zugang zum Tatort bekamen, nicht unerwähnt lassen können, dass in der Wohnung Spuren eines heftigen Kampfes, herumliegende Wodkaflaschen und zwei benutzte Kondome gesichtet werden konnten. Die Ermittler wiesen gegenüber der Presse darauf hin, dass diese Indizien nicht zwingend den Tathergang widerspiegeln müssen. Es sei denkbar, dass eine falsche Fährte gelegt werden sollte.
Laut Obduktionsbericht steht inzwischen fest, dass die zwei Jesuitenpatres zwar auf gleiche Art, jedoch in einem Zeitabstand von ein bis zwei Tagen durch schwere Schläge auf den Kopf ermordet wurden. Fakt ist, dass die Mobilfunknummer des Tatverdächtigen auf dem Mobiltelefon eines der Opfer registriert wurde, und dass er durch die Aufzeichnungen einer Videokamera und durch Nachbarn identifiziert werden konnte. Als Motiv soll er laut Staatsanwaltschaft bei seiner Festnahme persönlichen Streit mit dem Ecuadorianer Pater und einen plötzlichen Wutausbruch in alkoholisiertem Zustand angegeben haben. Den deutschstämmigen Pater Otto Messmer habe er erschlagen müssen, um ihn als Zeugen für seine erste Tat beseitigen zu wollen.
Die beiden Ermordeten wurden inzwischen bestattet, Messmer in Pullach bei München, wo einige seiner Familienangehörigen leben, Betancourt-Ruiz in seiner ecuadorianischen Heimat. Dem Tatverdächtigen soll demnächst der Prozess gemacht werden. Wird er beider Morde für schuldig befunden, ist mit einer Haftstrafe von mindestens 20 Jahre bis lebenslänglich zu rechnen.
Von Josef Bata
14/11/08