Die Deutsche Polizeigewerkschaft und der Verband Bildung und Erziehung wollen flexibler auf das wachsende Gewaltproblem an deutschen Schulen reagieren – mit einem Gemeinschaftsprojekt, das die Zusammenarbeit von Polizei, Lehrern und Jugendarbeitern erhöht

Auch wenn Zeitungen oder Fernseh- und Rundfunkanstalten in letzter Zeit nur sporadisch über das Problem berichteten, ist die Sache inzwischen ernst . Die Rede ist von der alltäglichen Gewalt an den Schulen in Deutschland. Dazu gehören Schlägereien auf dem Schulhof, Brutalität auf dem Schul- oder Nachhauseweg, Vandalismus in den Bussen oder Straßenbahnen aber auch Konflikte mit tödlichem Ausgang, wie der Amoklauf an einer Erfurter Schule mit 17 Toten im April 2002 oder neulich der Mord an einer Realschullehrerin in Ahrensburg bei Hamburg Ende Januar diesen Jahres.

Laut einer jüngsten Schülerbefragung an einer Großstadtschule gab jeder Dritte an, mit Angst zur Schule zu gehen. Jeder Achte soll dort bewaffnet sein. Nach einer im Jahre 2003 angefertigten Studie des Bundeskriminalamtes sind fünf Prozent der Schüler gewalttätig, ein Drittel schlägt regelmäßig zu. Pädagogen fühlen sich mit den täglichen Gewaltausbrüchen überfordert. Gewaltvorbeugung an den Schulen tut not.

So wollen nun Pädagogen und Polizei gemeinsam das Problem angehen. Unter dem Titel „Gewalt darf keine Schule machen“ haben die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) ein Positionspapier vorgelegt und bei einer Pressekonferenz in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt. Danach sollen im Sinne einer vernetzten Gewaltprävention Schule und Polizei mehr als bisher Partner in einer Allianz für ein friedliches Leben und Lernen in der Schule werden. Die Zusammenarbeit von Schule und Polizei soll durch vertrauensbildende Maßnahmen entwickelt werden. Schulen sollen sich als Teil eines pädagogischen Netzwerks verstehen und auch die Polizei als Partner für Gewaltvorbeugung einbinden.

Zwar gibt es in vielen Bundesländern bereits Initiativen, die Kinder- und Jugendgewalt an Schulen einzudämmen – doch nach Auffassung sowohl der Polizei als auch der Pädagogen fehlt es noch an einer flächendeckenden und abgestimmten präventiven Bekämpfungsstrategie. Jede einzelne Schule hat den pädagogischen Auftrag, aggressives Verhalten in Bahnen zu lenken, die ein soziales und humanes Miteinander ermöglichen, so die Initiatoren des Projekts „Gewalt darf keine Schule machen”.

Bei der Entwicklung schulischer Präventiv- und Sicherheitskonzepte ist eine gegenseitige Unterstützung erforderlich. Man möchte erreichen, dass alle Kinder und Jugendlichen, insbesondere jene mit nichtdeutscher Herkunft, erfahren, dass die Polizei zum Schutz der Bevölkerung präsent ist und in persönlichen Konfliktlagen Hilfe geben kann. Bei sogenannten Anti-Gewalt- oder Schutz-Trainings an Schulen sollen auch Polizeibeamte mitwirken.

Weiter sieht die Kooperation vor, dass bei den örtlichen Polizeidienststellen feste Dienstposten ausschließlich für die Gewaltprävention an Schulen eingerichtet werden. Man möchte aber auch erreichen, dass Schulleiter sich verpflichtet sehen, bestimmte Gewaltformen bei der Polizei unmittelbar anzuzeigen.

Es sollen darüber hinaus gemeinsame Seminare für Polizei und Lehrkräfte zu Gewaltbewältigung veranstaltet werden. Lehramtskandidaten sollen bereits während ihrer Ausbildung im Rahmen eines Praktikums bei der Polizei die Kriminalprävention sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen von Jugendstrafverfahren kennen lernen.

Nach Ansicht der Vertreter der Deutschen Polizeigewerkschaft und des Verbandes Bildung und Erziehung ist dies ein wichtiger Schritt, die Schule zu einem angstfreien und offenen Lern- und Lebensort zu entwickeln.

Wie schnell all das in die Tat umgesetzt werden kann, lässt sich nicht genau voraussagen. Dafür müssen noch die örtlichen Polizeidienstellen, die Lehrer und die Eltern wie auch die Politiker sensibilisiert werden. Zum weiteren Ausbau solcher Zusammenarbeit bilden sicherlich einige Projekte, die sich bewährt haben, eine geeignete Grundlage. Eines davon ist der Einsatz von Jugend-Kontaktbeamten, genannt „Jucops“, die in einigen Schulen in dem Bundesland Nordrhein-Westfalen bereits anzutreffen sind. Die „Jucops“ der Dortmunder Polizei beispielsweise pflegen eine enge Zusammenarbeit mit den Schulen, stehen den Schülern als Ansprechpartner zur Verfügung und bieten unter anderem ein Deeskalationstraining an.

Wenn es notwendig ist, werden die „Jucops” auch mal schnell und unbürokratisch weiter helfen. Dazu wollen sie Kontakte etwa zur Drogenberatung herstellen und pflegen. Nicht nur Jugendliche und Kinder, auch Eltern, Erzieher und Lehrer können die „Jucops” ansprechen. Bei der Hagener Polizei wurde speziell für Kinder und Jugendliche eine Jugend-Hotline eingerichtet. Vorgesehen ist, solche Jugend-Kontaktbeamte baldmöglichst landesweit bei Polizeidienststellen anzusiedeln.

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