Automatisch erstellte Sport- und Finanznachrichten, künstliche Nachrichtensprecher, Roboter, die News-Redakteure ersetzen: Der Zukunftstrend Künstliche Intelligenz (KI) hält immer mehr auch im modernen Journalismus Einzug. Doch wo verläuft die Grenze zwischen dem Nutzen dieser Entwicklung für Journalisten und den Problemen für ihre Arbeit?

Mit dem Thema setzt sich seit längerem der Journalist und Trainer für Medienkompetenz Pawel Bannikow auseinander. Bannikow ist Chefredakteur des Online-Portals Faktcheck.kz, das sich unter anderem darauf spezialisiert hat, Aussagen in Medien und von Seiten offizieller Personen auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Außerdem arbeitet die Redaktion daran, Propaganda, Desinformationskampagnen und in sozialen Medien verbreitete Mythen aufzuspüren – etwa die seit einiger Zeit kursierende Behauptung, durch den Fleischwolf gedrehtes Schafsfett würde Coronaerkrankte heilen.

Sporttexte werden schon lange automatisch erstellt

Vergangene Woche war Bannikow zu Gast bei einem Webinar, das die Konrad-Adenauer-Stiftung Kasachstan gemeinsam mit der KIMEP-Universität in Almaty organisierte. Ziel der Veranstaltung, an der auch Vertreter kasachischer Medien und Medienschulen teilnahmen, war es, Interessierten aus anderen Berufsfeldern ein Bild von Herausforderungen, Chancen und aktuellen Trends im Journalismus zu liefern. Bannikows Thema: „Künstliche Intelligenz und Automatisierung als Instrument oder Konkurrenz für Journalisten?“

Als wohl profanstes Beispiel für KI im Journalismus nannte der Experte den Sportbereich, wo Automatisierung und Roboter schon seit fast fünf Jahren zum Einsatz kommen. In Schweden experimentierte 2015 das News-Unternehmen Mittmedia zunächst für die Wettervorhersage mit Bots, die Daten des nationalen Meteorologischen Instituts in Texte umwandelten. Ein Jahr später folgte das Projekt „Rosalinda“, das auf einem ähnlichen Prinzip basiert: Ein Bot zieht Daten von einer schwedischen Sportseite mit Informationen über 90.000 Teams und 1,5 Millionen Wettkämpfen und wandelt diese in Texte um, die sich sofort veröffentlichen lassen. Am stärksten ist die automatisierte Arbeit mit Datenbanken aber im Finanzjournalismus ausgeprägt, wo es täglich eine gewaltige Menge an globalen Finanzmarktdaten zu erfassen und analysieren gilt.

Verblüffend authentische Texte

Etwa ein Drittel aller Nachrichtentexte, so Bannikow, würden inzwischen weltweit durch Künstliche Intelligenz verfasst – als Ergebnis maschinellen Lernens: Die KI würde mit Qualitätstexten gefüttert und lerne dadurch stetig hinzu. Am Ende seien die Texte so authentisch, dass die meisten Leser gar nicht erkennen könnten, ob diese von Menschenhand stammen. Genau hierin aber liegt laut dem Journalisten das Dilemma. Denn auch viele der Texte, die sich nach Prüfung als Fakes erweisen, seien Produkte von Bots. Dies gehe so weit, dass darin Probleme ebenso erfunden würden wie Experten, die eine Lösung dafür parat hielten.

Gleichwohl nutzen Bannikow und seine Kollegen KI, um Informationen zu sammeln und zu verarbeiten, die dabei helfen, Falschnachrichten zu enttarnen. „Man kann die KI so programmieren, dass sie regelmäßig Datenbanken abruft, um genau den Content zu filtern, der für einen Journalisten relevant ist“, so Bannikow. Er ist daher überzeugt, dass Journalismus künftig auch mehr mit Programmieren zu tun haben werde: „Eine Redaktion, in der es keinen Programmierer gibt, wird den Anschluss verlieren.“

Kein Ersatz für echten Journalismus

Im Zusammenhang mit der Konkurrenz für Journalisten durch Maschinen blickt der Experte unter anderem ins benachbarte China. Dort wurden bereits zwei 3D-Robotermodelle eingesetzt, um TV-Nachrichten zu verlesen. Bannikow glaubt, dass dies nicht nur im Fernsehen, sondern auch im Radio ein Zukunftstrend ist, durch den menschliche Nachrichtensprecher auf kurz oder lang ersetzt werden. Das Gleiche gelte für Redakteure, die News sichten und sammeln.

Quelle: Batie TV

Dass KI letztenendes Journalisten ganz ersetzen könnten, hält Bannikow dagegen für ausgeschlossen. Trotz KI-basierten Texten und Roboter-Nachrichtensprechern – Maschinen würden nie in der Lage sein, exklusive Inhalte zu produzieren, Recherchen zu tätigen, Expertenanalysen vorzunehmen oder Interviews zu führen. Auch in seinem Kernbereich, dem Faktchecking, werde KI nur ein Hilfsmittel bleiben. Die „endgültige Entscheidung fällt hier immer der Mensch.“

cstr.

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