Innovative Projekte sind eigentlich immer von Problemen begleitet. Es gibt nur sehr wenige Projekte, die im ursprünglich geplanten Zeit-, Kosten- und Leistungsrahmen realisiert werden. So ist das auch beim Projekt Europäische Währungsunion, das vor nur zwölf Jahren gestartet wurde. Die jetzt vor der Währungsunion stehenden Probleme hätte man sicher teilweise vorhersehen können, keinesfalls wäre aber dann alles problemlos verlaufen. Schließlich handelt es sich hier um ein außerordentlich komplexes Projekt, das nicht allein durch formale Regeln gesteuert werden kann. Geldfragen zeichnen sich immer auch durch politische und psychologische Aspekte aus, die sich zu einem Gutteil der rationalen Kontrolle entziehen.

Es hat in der Wirtschaftsgeschichte durchaus schon mehrere Währungsunionen in zwischenpolitisch selbständigen Ländern gegeben, die letztlich aber alle gescheitert sind, vorwiegend in militärischen und wirtschaftlichen Krisenzeiten. Die gegenwärtigen Probleme der Eurozone sind durchaus eine Gefahr für ihren Bestand in seiner heutigen Form, sprich es ist nicht ausgeschlossen, dass ein, zwei Länder wieder zu ihrer nationalen Währung zurückkehren müssen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist jedoch nicht allzu hoch. Das Projekt der europäischen Währungsunion ist im Unterschied zu den historischen Beispielen jedoch ein besonderes Projekt, zum einen weil eine sehr große Anzahl von politisch selbständigen Ländern daran teilnimmt und zweitens, weil diese teilnehmenden Länder wirtschaftlich ziemlich unterschiedlich entwickelt sind, also objektiv unterschiedliche Interessen gegeben sein müssen.

Die Krise der europäischen Gemeinschaftswährung kann für den Erfolg des Projekts sehr nützlich sein, deckt sie doch schonungslos Mängel und Schwächen des bisherigen Systems auf; sie legt den Finger auf Dinge, die man normalerweise gar nicht sieht oder nicht sehen will. Die Krise ist aber nur dann eine Chance, wenn die Politiker der 17 Teilnehmerstaaten die richtigen Entscheidungen treffen, was zugegebenermaßen leichter zu fordern als zu realisieren ist.

Nun gibt es viel Kritik am Krisenmanagement der Politik – zu späte Reaktion, unzureichend weitgehende Beschlüsse, Vorhandensein nationaler Egoismen lauten dabei einige Kritikpunkte. Da ist sicher etwas dran, wobei man nicht vergessen darf, dass die EU oder die Währungsunion kein Zentralorgan ist, das seine Teilnehmer beliebig kommandieren kann. Alle Gremien der EU – auch die der Währungsunion – können nur die Aufgaben realisieren, die ihnen von den Mitgliedsstaaten übertragen wurden. Weniger schon, mehr aber nicht.
Die Wirtschaftsgeschichte liefert ebenfalls Beispiele, wie Krisen die Welt besser und stabiler gemacht haben. Im Geldbereich kann man da vor allem das Beispiel der Schaffung der Nationalbank der USA anbringen. Der weitgehend nicht zentral gesteuerte Bankensektor der USA befand sich 1907 in einer tiefen Liquiditätskrise. Infolge des Fehlens eines Rettungsfonds für rettungswürdige Banken drohte das Bankensystem zusammenzubrechen. In dieser Stunde der Gefahr wurde es möglich, was vorher nicht erreicht worden war: Der Bankensektor gründete (ohne Mithilfe des Staates!) sein eigenes Reservesystem, die heutige FED, also die US-Nationalbank.

Auch Europa braucht ein einheitliches Reservesystem, das nicht an den nationalen Grenzen haltmacht. Irland zum Beispiel hatte ein Bankensystem, das für das kleine Land völlig überdimensioniert war. Irland alleine kann seine Banken natürlich nicht retten. Doch die irischen Banken haben auch Projekte mit gesamteuropäischer Bedeutung finanziert. Folglich muss auch Gesamteuropa helfen. Bisher passiert das nur sporadisch. Notwendig ist jedoch eine dauerhafte gesamteuropäische Lösung, die jedoch das Abgeben weiterer Elemente der nationalen Souveränität an Gemeinschaftsorganen bedeuten wird. Das gefällt nicht allen.

Bodo Lochmann

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