Am 29. September endete für eine Milliarde Muslime weltweit der Fastenmonat Ramadan. Auch in Zentralasien wurde vom ersten September an dreißig Tage lang gefastet. Welche Rolle der Monat Ramadan heute für Kirgisen spielt, darüber sprach Nurbek Kalmuratow – seit 1998 Imam der Gemeinde in Osch – mit der DAZ.
/Bild: Abduraschid Jorajew. ‚Nurbek Kalmuratow ist Imam der islamischen Gemeinde Osch: „Im Ramadan soll man aus einen Feind einen Freund machen“.’/
Welche Geschichte hat der Monat Ramadan in Kirgisistan?
Im Namen Gottes, des Allergnädigsten und Barmherzigen. Den Islam praktiziert man in Zentralasien seit dem achten Jahrhundert, damit möchte ich sagen, dass der Ramadan in unseren Kulturen tief verwurzelt ist. Selbst im vergangenen Jahrhundert gab es Leute, die trotz strenger Verbote durch die Sowjetregierung ihre religiösen Gebote treu befolgt haben. Interessant ist doch, dass trotz 70 Jahre währender Unterdrückung und Verfolgung das Fasten auf wundersame Weise bis heute im Leben der Kirgisen erhalten geblieben ist.
Wie beeinflusst der Ramadan heute den Alltag der Kirgisen?
In der Gegenwart ist der Einfluss des Monats auf den Alltag essenziell. Seit der Unabhängigkeit Kirgisistans werden sowohl staatliche als auch private Feiern aus Respekt vor dem heiligen Ramadan auf den nächsten Monat verschoben. Dazu gehören auch Hochzeiten und Trauerfeiern. Man ist bemüht, sich schon einen Monat im Voraus auf das Fasten einzustellen und es dann konsequent durchzuführen.
Wer fastet wie in diesem Monat?
Diese Frage möchte ich im weitesten Sinne beantworten. Zunächst hat der Monat Ramadan keine geographischen Grenzen. Er gehört nicht den Kirgisen, Usbeken, Kasachen oder Russen. Er macht keine Unterschiede zwischen Rassen und Nationen. Umgekehrt bricht Ramadan die Grenzen auf und vereinigt die Menschen. An einem Tag fängt man weltweit zu fasten an, und an einem weiteren Tag wird weltweit das Ende des Fastens zusammen gefeiert. Natürlich fastet man nicht den ganzen Monat hindurch, sondern vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang. Die gemeinsame Hungerkur und der Durst verlangen von den Fastenden, gegenüber Gott geduldig zu sein und den Mitmenschen gegenüber Verständnis zu haben. Deshalb nutzen die Leute den Ramadan als Möglichkeit, einander zu vergeben. Laut den Geboten soll man in diesem Zeitraum aus einem Feind einen Freund machen und damit einen eigenen Beitrag für Frieden auf der Welt leisten.
Sie haben uns gesagt, dass das Fasten mit einem Fest endet. Wird dieses Fest finanziell vom Staat unterstützt?
Dieses vom allmächtigen Schöpfer bestimmte Ereignis zählt heute in Kirgisistan zu den heiligen Festen. Die Gläubigen feiern diesen Tag mit großer Freude. Leider muss ich aber zugeben, dass immer noch alte sowjetische Überbleibsel in den Köpfen der Menschen die alten sowjetischen Feiertage bevorzugen lassen, obwohl die Epoche längst Vergangenheit ist. Das Ramadanfest wird im Familienkreis gefeiert, deshalb braucht es normalerweise keine staatliche Finanzierung. Die Leute besuchen einander, und es wird auch der Gestorbenen in der Verwandtschaft gedacht.
Was wünschen Sie unseren Lesern?
Ich möchte meine Dankbarkeit an den Allmächtigen Schöpfer ausdrücken. Statt den Islam richtig zu studieren und zu untersuchen, attackieren ihn heutzutage leider ständig verschiedene westliche Massenmedien. Ich hoffe sehr, dass sich diese Einstellung beim vernünftigen Teil der Welt bald verändern wird. Ich wünsche allen Frieden, Gnade und den Segen Gottes.
Das Interview führte Abduraschid Jorajew
10/10/08