Von der Abwertung der europäischen Währung profitieren Exporteure. Dies vergrößert in einigen Ländern die Schere zwischen Export und Import. Gerade Länder, die Importüberschüsse aufweisen, haben dann das Nachsehen.
Auf den Devisenmärkten dieser Welt ist im Moment wieder der Teufel los. Die Wechselkurse zwischen den Hauptwährungen der Weltwirtschaft schwanken ziemlich heftig. Ein Wechselkurs ist ja nichts anderes als der Preis einer Währung in einer anderen, und der wird durch Angebot und Nachfrage nach dieser oder jener Währung bestimmt, also nur im Ausnahmefall durch politische Entscheidungen. Politik allgemein, Wirtschaftspolitik im Besonderen und Währungspolitik ganz im Besonderen wirken natürlich auf die Wechselkurse, wenn auch nicht immer klar erkenn– und identifizierbar. Jede Antwort auf die oft gestellte Frage nach dem Wechselkurs von morgen oder übermorgen muss spekulativ bleiben; es wirken ganz einfach zu viele Faktoren, darunter auch nicht ökonomischer Art auf Angebot und Nachfrage nach Devisen.
In den letzten Wochen hat der Euro – die Gemeinschaftswährung von 18 der 28 EU-Mitgliedsstaaten – in Relation zu den wichtigsten anderen Währungen – deutlich abgewertet, im Durchschnitt um etwa 6 Prozent seit Anfang des Jahres.
Die Technische Ursache dafür ist, dass mehr Marktteilenehmer Euros verkauft als gekauft haben. Beim US-Dollar war es demnach umgedreht. Die Formelle Ursache für den Run aus dem Euro war die Aussage des Chefs der Europäischen Zentralbank, dass er den Euro für überbewertet hält, er in anderen Währungen folglich zu teuer sei. Auf solche Aussagen reagieren natürlich Devisenhändler ziemlich schnell, weil sie entsprechende Maßnahmen zur Schwächung der Währung durch die Zentralbank erwarten, denen sie zuvorkommen wollen.
Geldtechnisch gesehen erklärt sich die Flucht aus dem Euro durch die extrem niedrigen Zinsen, die europäische Festgeldanlagen bringen (der Leitzins in der Eurozone liegt im Moment bei 0,05 Prozent). Zwar sind diese Zinsen in den USA im Moment nur unwesentlich höher (der US-Leitzins beträgt 0 bis 0,25 Prozent) als in der Eurozone. Aber das Wirtschaftswachstum in den USA ist höher. Das lässt in absehbarer Zukunft auf steigende Inflation hoffen und in deren Gefolge auch auf steigende Zinsen. Also wird rechtzeitig umgeschichtet, um den eventuellen Zinsanstieg von Anfang an möglichst voll mitzunehmen.
Der Fall des Euro zum US-Dollar von ca. 1,35 auf 1,25 US-Dollar je Euro im Verlauf der letzten Monate kommt nun der europäischen Wirtschaft keinesfalls ungelegen, im Gegenteil. Schließlich werden europäische Exporte in andere Währungsgebiete – in unserem Beispiel in die USA – in Dollar nun billiger, was naturgemäß die Nachfrage nach europäischen Waren steigen lässt. Das freut die europäischen Exporteure, ihr Umsatz und ihre Exporterlöse steigen. Zwar werden Importe aus dem Dollargebiet nun in Euro auch teurer, dieser Effekt ist aber zumindest teilweise auch eher erwünscht. Schließlich steigt dadurch auch die Nachfrage nach heimischen Waren anstelle der Importwaren.
Der (relativ) schwache Euro war lange Zeit eine Forderung der Länder der Eurozone, die Probleme mit der Sicherung des nichtpreislichen Qualitäts– und Innovationsniveaus ihrer Exportwaren hatten. Der schwächere Euro erhöht ihre preisliche Wettbewerbsfähigkeit, ohne dass unbedingt die gegebenen nichtpreislichen Probleme gelöst sein müssen. Mittlerweile weisen nicht nur die traditionellen Exportüberschussländer Niederlande und Deutschland deutliche Exportüberschüsse aus, sondern auch die meisten Problemländer, die sich vorwiegend in Südeuropa befinden. Nun könnte man sich darüber eigentlich nur freuen, doch das wäre wieder zu einfach. Schließlich sind die Exportüberschüsse eines Landes die Exportdefizite (oder Importüberschüsse) anderer Länder. Importe aber vernichten letztlich Arbeitsplätze, was keinem Land gefallen kann. Also werden sich die Länder mit Importüberschüssen auch überlegen, ob sie ihre Währung nicht abwerten oder vom Markt durch gezielte psychologische oder finanzielle Maßnahmen abwerten lassen. Wenn das dann eintritt, haben wir in der Welt sehr schnell den „schönsten“ Währungskrieg mit all seinen negativen Folgen für die Stabilität und Nachhaltigkeit von Entwicklungsprozessen. Sehr leicht kann ein Währungskrieg auch in einen Handelskrieg übergehen. Das heißt, international weniger wettbewerbsfähige Waren werden künstlich geschützt, es werden also wieder Schutzzölle, Einfuhrquoten oder andere Begrenzungen des freien Warenhandels eingeführt. Daran kann aber auch auf Dauer niemand Interesse haben, schließlich ist der weitgehend freie Welthandel eine strategische Bedingung für Sicherung und Wachstum des Wohlstandes überall in der Welt.