Im Jahr 2011 werden in Almaty die Asien-Spiele ausgetragen. Die besten Athleten aus China, Japan und Südkorea werden nach Kasachstan kommen und um die begehrten Medaillen kämpfen. Almatys Skispringer trainieren schon jetzt für den Erfolg. Dafür reisen sie auch nach Deutschland.

/Foto: DAZ, privat/

In Almaty haben die Vorbereitungen für die Asien-Spiele längst begonnen. Im Stadtteil Gorny Gigant stehen die Bauwagen der Arbeiter, und ab dem 1. April wird auch hier schweres Gerät anrollen. Es gilt, einen großen Hügel zu planieren und an seiner Stelle zwei moderne Schanzen für Skispringer zu errichten. Damit geht ein großes Stück kasachischer Sportgeschichte zu Ende. Denn noch stehen auf diesem Hügel zwei alte Skisprungschanzen – die einzigen in Kasachstan. Unterhalb der Schanzen befindet sich auch die einzige Skispringschule des Landes. Der große Hügel ringt den Betrachtern unten viel Respekt ab. Wer aber schon mal auf die Absprunghöhe geklettert ist und von oben auf die Sportschule wie auf einen Schuhkarton geblickt hat, kann schwer begreifen, was Menschen antreibt, sich mit zwei Brettern an den Füßen hinunterzustürzen.

Die jungen Wilden

Alexej Ptschelinzew und Jewgeni Ljowkin tun es sogar mit Freude. Der 16- und der 15-jährige springen schon ihr halbes Leben lang von den Schanzen und sind der Stolz der Sportschule.

Beide sind kasachische Meister in ihren Altersklassen und haben schon bei internationalen Juniorenturnieren auf dem Siegerpodest gestanden. Vor der 90-Meter-Schanze haben sie schon lange keine Angst mehr. Sie sind bereits von höheren Schanzen gesprungen und freuen sich auf die neue mit 120 Metern, die in zwei Jahren fertig gestellt sein wird.

„Beim ersten Mal hat man viel Angst“, sagt Alexej lächelnd. „Aber dann gewöhnt man sich daran.“ Alexej und Jewgeni sind auf vielen Sprungschanzen zuhause. Erst kürzlich kamen sie aus Deutschland zurück, wo sie ein Trainingslager absolviert hatten.

„Wir waren in Oberstdorf“, sagt ihr Trainer, Pawel Wassiljew, selbst ein ehemaliger Springer. „Zweimal im Jahr fahren wir für einen Monat nach Deutschland, um dort zu trainieren. Wenn in Almaty der Schnee taut, können wir hier nicht springen.“ Vor allem Hinterzarten und Oberstdorf haben es den kasachischen Skispringern angetan. Die Schanzen seien dort sehr gut und auch die sonstigen Trainingsbedingungen wären viel besser als in Kasachstan.

Die Österreicher geben den Ton an

Dieses Mal hatten die Junioren besonders viel Glück. Mitte Februar fand in Oberstdorf die Skisprung-WM statt. Alexej und Jewgeni haben mit der Nationalauswahl zusammen trainiert und beim Wettkampf die Großen lauthals unterstützt. Genützt hat es nicht viel – der beste kasachische Skispringer landete auf dem 40. Platz. Gewonnen hat ein Österreicher. Gregor Schlierenzauer zeigte vier gute Sprünge mit Weiten zwischen 208 und 218 Metern.
Die Teamwertung ging ebenfalls an die Österreicher. Die Kasachen landeten auf dem 13. Platz. Iwan Karaulow, ein Mitglied der Nationalauswahl, überrascht das nicht: „Die Österreicher geben Millionen von Euro für die Förderung dieser Sportart aus. Uns dagegen steht noch nicht einmal ein Zehntel davon zur Verfügung. Entsprechend sehen auch die Ergebnisse aus.“

Immerhin haben die Asien-Spiele 2011 für Investitionen in die neuen Sprungschanzen gesorgt. Wenn sie erst einmal gebaut sind, werden die kasachischen Skispringer auch in Almaty Trainingsbedingungen wie in Deutschland haben. Außerdem könnten dann in der zentralasiatischen Metropole große Turniere stattfinden.

„Die Kids wissen nicht, was ihnen entgeht“

Pawel Wassiljew erhofft sich nach den AsienSpielen einen Leistungsschub im Juniorenlager der kasachischen Skispringer. Vor allem rechnet der 33-Jährige damit, dass seine Sportart bei den Kindern mehr an Ansehen gewinnt. „Wir haben zurzeit zu wenige Kinder, die sich für das Skispringen interessieren“, sagt er. „Die Kids sind irgendwie modern geworden. Sie interessieren sich nur für ‚reiche’ Sportarten und wissen gar nicht, was ihnen hier entgeht.“ Pawel Wassiljew ist sicher, dass die Asien-Spiele diesen Trend umkehren werden.

Seinen Optimismus hat er von seinem Vater geerbt. Alexander Wassiljew ist Chef-Trainer der kasachischen Nationalmannschaft. Der 58-Jährige war einst selbst ein erfolgreicher Springer in der sowjetischen Nationalauswahl. Der Sohn trat in seine Fußstapfen, zuerst als Sportler, dann als Trainer. Was die Entwicklung des Skispringens in Kasachstan angeht, ist Alexander Wassiljew guter Dinge. „Gerade im Juniorenbereich sehe ich im Moment viele talentierte Springer, auf die ich mich in der Zukunft freue“, frohlockt der Trainer. Auch in der Zusammenarbeit mit dem Sportministerium und dem Nationalen Verband der Wintersportarten sehe er große Fortschritte. Die geplanten Sprungschanzen seien dafür der beste Beweis.

Große Sprünge dank neuer Schanze

So gut die neuen Schanzen auch sein mögen, auf deutsche Trainingslager möchte Alexander Wassiljew in Zukunft nicht verzichten. „Deutschland ist für mich zu meiner zweiten Heimat geworden. Am liebsten arbeite ich in Hinterzarten. Dort stimmt einfach alles: die Trainingsbedingungen und auch die Atmosphäre. Die Menschen dort sind besonders gastfreundlich, und wir freuen uns jedes Mal, wenn wir eingeladen werden“, schwärmte der Chef-Trainer am Rande der Weltmeisterschaft.

In den kommenden zwei Jahren werden die kasachischen Skispringer wohl oder übel auf Trainingslager im Ausland ausweichen müssen. Während der Bauarbeiten wird es in Kasachstan keine Möglichkeit zum Springen geben. Genau in diese Zeit fallen die Vorbereitungen für die Olympischen Spiele 2010 in Vancouver.

Mit guten Ergebnissen rechnet daher keiner. Aber schon bei den Asien-Spielen auf der neuen, heimischen Schanze wollen es die jungen Skiadler allen zeigen. Die Junioren Alexej und Jewgeni möchten dann bei den Erwachsenen springen. Für die beiden kommen dabei nur Medaillen in Frage.

So würde es auch ihr Vorbild, der Schweizer Simon Ammann, angehen. Genügend Selbstvertrauen für Medaillen haben die beiden. Auf die Frage, ob sie auch Vorbilder im eigenen Land haben, sagen sie lächelnd: „Wir sind in Kasachstan unsere eigenen Helden.“

Von Anton Markschteder

14/03/08

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