Präsident Kassym-Schomart Tokajew hat in seiner diesjährigen Ansprache an die Nation eine umfassende Agenda für die digitale Transformation Kasachstans vorgestellt. Unter dem Titel „Kasachstan im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz: aktuelle Aufgaben und ihre Lösungen durch digitale Transformation“ präsentierte er einen ehrgeizigen Plan, der die Modernisierung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft beschleunigen soll.
Zentrales Vorhaben ist die Gründung eines neuen Ministeriums für Künstliche Intelligenz und digitale Entwicklung. Dieses soll von einem Minister im Rang eines stellvertretenden Premierministers geleitet werden und die landesweite Koordination der Digitalisierung übernehmen. Ergänzend ist die Einrichtung eines nationalen Zentrums für künstliche Intelligenz vorgesehen, das konkrete Anwendungen entwickeln und Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen bereitstellen soll. Tokajew betonte, dass Kasachstan innerhalb von drei Jahren zu einer vollständig digitalen Staatsstruktur umgebaut werden müsse.
Kasachstan als Finanzstandort
Ein weiterer Schwerpunkt seiner Rede war die Gesetzgebung. Der Präsident forderte die zügige Einführung eines sogenannten Digitalcodes, der die rechtlichen Grundlagen für künstliche Intelligenz, Plattformökonomie, Big Data und andere Schlüsselbereiche der digitalen Welt festschreiben soll. Parallel dazu sollen ein staatlicher Fonds für digitale Vermögenswerte und ein strategischer Krypto-Reservefonds geschaffen werden, um Innovationen zu fördern und die nationale Finanzarchitektur abzusichern. Große Investitionsprogramme im Hightech-Sektor sowie neue Gesetze zur Stärkung von FinTech und zum liberalisierten Handel mit digitalen Assets sollen Kasachstan zudem als zukunftsfähigen Finanzstandort positionieren.
Neben den digitalen Initiativen blickte Tokajew auch auf andere Politikfelder. Er verwies auf die Rückführung von illegal erworbenen Vermögenswerten im Umfang von 850 Milliarden Tenge, die bereits in den Bau von Schulen, Sportanlagen, medizinischen Einrichtungen und Wasserinfrastruktur geflossen seien. In der Energiepolitik kündigte er den Bau weiterer Kernkraftwerke an und betonte zugleich die Bedeutung moderner Kohletechnologien für eine stabile Energieversorgung. Der Agrarsektor soll mit einem Rekordbudget von einer Billion Tenge gestärkt werden, um Exporte durch bessere Logistik, effiziente Veterinärsysteme und moderne Marketingstrategien auszuweiten.
Politische Reformen
Zum Abschluss seiner Ansprache stellte der Präsident politische Reformen in Aussicht. Er sprach sich für die Einführung eines Einkammersystems im Parlament aus. Über diese grundlegende Neuausrichtung der Staatsstruktur sollen die Bürgerinnen und Bürger 2027 in einem nationalen Referendum entscheiden. Damit verknüpft Tokajew seine Digitalagenda mit einem weitreichenden politischen Reformprozess.
Die jährliche Ansprache des kasachischen Präsidenten an die Nation, das sogenannte Poslanie, ist eine feste politische Tradition. Sie dient nicht nur dazu, Bilanz über das vergangene Jahr zu ziehen, sondern legt zugleich die Leitlinien für die künftige Entwicklung des Landes fest. Dabei richtet sich der Präsident direkt an die Bevölkerung, aber auch an Regierung, Parlament und Verwaltung, die seine Vorgaben in konkrete Maßnahmen umsetzen sollen. Seit der Unabhängigkeit Kasachstans im Jahr 1991 haben diese Reden eine wichtige Orientierungsfunktion für Politik und Gesellschaft und gelten als programmatisches Fundament der staatlichen Entwicklung.