„Hallo, ich heiße Igor Nagel. Wenn ich meine Identität beschreiben sollte, würde ich sagen, dass ich ein deutsch-russischer Kasachstaner bin. In Kostanai geboren, habe ich mich relativ schnell zum Deutschen hingezogen gefühlt. Mit meinen Eltern lernten wir die Sprache und benutzten diese auch manchmal zu Hause.
Als ich mich mit der Frage meiner Identität beschäftigte, stellte ich fest, dass meine eigene Wahrnehmung sehr stark durch meine deutsche Abstammung geprägt war. Dabei definierte sich das Deutschsein für mich überwiegend über das Beherrschen der Sprache. Nach dem Studium wollte ich unbedingt nach Deutschland fahren, ins Land, das ich davor nur durch Erzählungen anderer Leute sowie aus Büchern und Filmen kannte. So reiste ich als Au-pair nach Deutschland. Im Anschluss daran ließ ich mich als Koordinator des Kulturprogrammes an einer deutschen Sprachschule im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes einstellen und bin dann als FSJler nach Borkum gezogen, wo ich im Hotel an der Rezeption gearbeitet habe. So habe ich im Laufe von drei Jahren in Deutschland den tiefsten Süden und auch den hohen Norden der Bundesrepublik kennengelernt.
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Das war eine sehr intensive Zeit, voll von verschiedenen Aufgaben, interessanten Ereignissen: Ich habe viele Schlösser, Museen, Ausstellungen, Rockkonzerte, Karnevals und viele andere Events besucht. Mit Abstand das Beste war aber die Arbeit im internationalen Bereich, die es mir ermöglichte Vertreter verschiedener Kulturen kennen und verstehen zu lernen.
Somit hat der Aufenthalt im Land meiner Vorfahren mich in meiner Persönlichkeit enorm beeinflusst und mir viele Sachen bewusst gemacht. Dabei haben sich auch meine Vorstellungen von Deutschland stark verändert. Ich stellte fest, dass man nicht unbedingt deutsch sein muss, um Deutsch zu sprechen. Während ich in Kasachstan immer dachte, dass ich Deutscher bin, fühlte ich mich nun als globaler Mensch.
Nachdem ich einige Jahre in Deutschland verbracht habe, kehrte ich nach Kasachstan zurück. Die gesammelten Erfahrungen haben mir dann sehr weitergeholfen. Heute arbeite ich in Astana bei der Konrad-Adenauer-Stiftung. Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß, da ich viele interessante Veranstaltungen organisieren darf und neue Leute kennenlerne. Es ist auch toll, dass bei meiner jetzigen Tätigkeit im Alltag viel auf Deutsch gesprochen wird.
Ich empfehle es jedem, mal ins Ausland zu gehen, insbesondere in das Land, dessen Sprache man lernt. Dadurch füllt sich die Sprache mit Leben und man entwickelt sich kulturell ungemein weiter. Man fängt auch an, seine eigene Herkunft und seine persönlichen Eigenschaften besser zu verstehen und diese zu schätzen.
In Zukunft plane ich noch einmal nach Deutschland zu gehen, vielleicht um da zu arbeiten. Trotzdem wird Kasachstan immer meine Heimat bleiben.“
Text und Bild: Deutsche Botschaft Astana