Am 8. März war Internationaler Frauentag. Dieser Tag bedeutet für viele Blumen, Shopping und Geschenke, doch ein paar Frauen wollen mehr. In zahlreichen Städten demonstrieren Frauen für ihre Rechte. Unsere Autorin begleitet den ersten Woman’s March in Kasachstan.
Das Streichquartett spielt die Kleine Nachtmusik von Mozart. Etwas schief, manchmal gleitet eine Hand ab, manchmal sitzt der Bogen nicht richtig auf der Saite, manchmal kommt eine von den Musikerinnen aus dem Takt. Den Zuschauerinnen und Zuschauern ist das egal, sie klatschen trotzdem Beifall. Vor der Gruppe liegt ein Geigenkoffer voll mit Geldscheinen. Ein Mann geht vorbei, über seinem Kopf schweben zwanzig Heliumballons, sicher an seinem Handgelenk verknotet. Alle rot, in Herzform, mit der Aufschrift „I love you”. Vielleicht hat er zwanzig Geliebte oder zwanzig Töchter. Wahrscheinlich aber will er sie verkaufen, es ist der 8. März.
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Erste Frauendemonstartion
Im Arbat, der bekannten Fußgängerzone in Almaty, trägt fast jede Frau Blumen mit sich herum. Heute bekommt sie lauter schöne Dinge. Gelbe Tulpen, Luftballons, vielleicht auch Kuchen. Heute muss jede Frau schön sein. Doch es gibt Frauen, die an diesem Tag etwas anderes vorhaben, als sich beschenken zu lassen und Kuchen zu essen. An der Straßenecke hat sich eine kleine Gruppe versammelt. Es sind Frauen verschiedenen Alters mit Plakaten in den Händen. Sie wollen heute Demonstrieren. Eine der Initiatorinnen erklärt: „Heute ist ein historisch sehr wichtiger Tag. Frauen haben in diesem Land schon lange nicht mehr demonstriert. Wir wollen mit unserem Protest daran erinnern, dass es am 8.März nicht um Weiblichkeit oder die schwache Seite von Frauen geht. Es geht darum, dass Frauen Rechte haben. Ehefrau oder Mutter zu sein, zu kochen und gut auszusehen ist nicht alles, was sie sein kann. Frauen verdienen es, in der Nacht keine Angst haben zu müssen, nicht als Objekt gesehen zu werden und gleich viel zu verdienen wie Männer. Deswegen bin ich hier!”.
Internationale Solidarität
Organisiert wurde die Aktion von der feministischen Gruppe Kazfem. Sie schließen sich damit einer weltweiten Bewegung an. Von Brasilien bis Polen, überall auf der Welt gehen Frauen am 8. März für ihre Rechte auf die Straße. Wenn möglich sollen sie an diesem Tag aus Protest nicht arbeiten oder aus Solidarität schwarz tragen.
Abgrenzung von Klischees
Vor einem Jahr haben Zhanar Sekerbayeva und Gulzada Serzhan die Gruppe Feminita gegründet. Sie wollen auf ihrer Website und mit ihrem Podcast über frauenpolitische Themen informieren. Auch sie nehmen an der Protestaktion teil. Sekerbajewa ist Sozialwissenschaftlerin und erforscht das Phänomen des weiblichen Bodybuildings, auch Bikinifitness genannt. Sie sieht die Sportart als eine Möglichkeit für Frauen sich von Geschlechterklischees abzugrenzen.
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Im Arbat setzt sich die Gruppe in Bewegung. Fußgängerinnen und Fußgänger schauen verwundert, manche machen Fotos. Auf viel Verständnis scheinen die Frauen nicht zu stoßen. Das Streichquartett spielt jetzt „Die vier Jahreszeiten von Vivaldi“. Die Frauen singen das Lied „Brot und Rosen”: Wenn wir zusammen gehen kommt mit uns ein besserer Tag, die Frauen, die sich wehren, wehren aller Menschen Plag, zu Ende sei, dass kleine Leute schuften für die Großen, her mit dem ganzen Leben.