In Deutschland tritt man Aussteigern und all denen, die ihr Glück auf eine andere Weise suchen, manchmal skeptisch gegenüber.
Oft kommt es in unserer durchgeplanten Welt vor, dass Menschen einen Ausweg aus der absoluten Absicherung suchen. Es ist nicht jedermanns Sache, ein Musterleben zu führen, in dem der eigene Lebenslauf von Anbeginn an geplant und nach den Anforderungen der Personalbüros gestaltet ist. Vieles bleibt nämlich in einem rein nach den Gegebenheiten der Vernunft ausgerichteten Leben auf der Strecke. Es sind doch vor allem die kleinen Dinge, die die Welt schön und das Dasein lebenswert machen. Außerdem, wo wäre unsere Welt, hätte es nicht die vielen unvernünftigen Menschen gegeben, die entgegen den gängigen gesellschaftlichen Vorstellungen und rein nach ihren eigenen Überzeugungen gelebt haben. Viele brauchbare Erfindungen wären nie auf den Weg gebracht worden, hätte es diese Querdenker nicht gegeben.
Nur auf die Karriere bezogene Menschen vergessen oft, nur Jobs und Geld nicht alles im Leben, sondern nur notwendige Dinge zum Leben sind. So manchmal fragt man sich, ob jemand, der seine Zeit auf der Welt lediglich auf seine berufliche Zukunft zuschneidet, eigentlich im Hier und Jetzt lebt. Ein bisschen Hedonismus könnte so manchem dieser Arbeitstiere jedenfalls nicht schaden, wenn auch der Genuss der schönen Dinge auf der Welt zumeist unvernünftig ist.
Nicht jeder empfindet es also als toll und schon gar nicht als spannend, wenn beim Berufseinstieg bereits Gehaltserhöhungen und die spätere Rente feststehen. Wer es spannender braucht und auch noch den nötigen Mumm mitbringt, nach den eigenen Vorstellungen zu leben, der bricht früher oder später aus einer Gesellschaft, deren höchste Werte in der finanziellen Absicherung und der Kontinuität eines Lebensweges zu bestehen scheinen, aus. Er sucht sich eine andere Möglichkeit, ein neues, aufregendes Leben abseits einer geplanten und durchgestylten Welt zu führen. Zugegeben, das sind dann wohl die absoluten Hedonisten unter uns. Dennoch, das Unverständnis, mit der sie die breite Masse zumeist bestraft, haben sie sich auf keinen Fall verdient. Die Leistungsgesellschaft verachtet doch auch niemanden, der dem Arbeitstrott in die Selbständigkeit entflieht. Am Ende kann beiden, sowohl dem Unternehmer, als auch dem Aussteiger dasselbe Ergebnis blühen: Entweder sie haben Erfolg, oder aber es droht der finanzielle Ruin.
Was also löst den Unterschied in unseren Köpfen aus und erzeugt die Akzeptanz für den einen, die dem anderen verwehrt bleibt? Diejenigen die unserer Gesellschaft entfliehen, nennen wir nämlich meist abfällig Aussteiger, während wir für diejenigen, die vor ihren Chefs flüchten, den wohlklingenden Namen Jungunternehmer auf Lager haben. Beim Aussteiger haben wir das klare Bild eines Taugenichtses an palmengesäumten Stränden vor Augen. Zum Unternehmer blicken wir verklärt auf. Dabei erfüllen die wenigsten dieser Menschen diese gängigen Klischees. In den seltensten Fällen ist der eine ein arbeitsscheuer Gestrandeter, der lediglich in den Tag hinein lebt, und mindestens genauso rar sind diese Helden der Arbeit, die aufgrund ihrer Existenz die Welt verändern. Viele Unternehmer sind nämlich ins vermeintlich große Geschäft eingestiegen, um danach bankrott zu stranden, und so mancher Aussteiger ist aus der einen Gesellschaft ausgestiegen, um in einer anderen groß rauszukommen.
Von Christoph Salzl
09/02/07