Lampedusa und ein kleines kasachisches Dorf sind zwei scheinbar grundverschiedene Orte. Und dennoch haben sie eins gemeinsam. Sie sind die mögliche Zukunft für Menschen, die ihr Leben neu ordnen wollen. Wie das aussehen kann, zeigt die diesjährige Berlinale.

Musical, Science Fiction-Film, Roadmovie oder Handy-Doku: Festivaldirektor Dieter Kosslick verspricht eine Formenvielfalt auf der Berlinale. Die Brüder Joel und Ethan Coen machen den Anfang. Sie eröffnen die 66. Internationalen Filmfestspiele Berlin mit ihrem neuen Film „Hail, Caesar!“.

434 Filme werden vom 11. bis zum 21. Februar in den verschiedenen Sektionen der Berlinale gezeigt, 18 Filme konkurrieren in Wettbewerb um die Bären. Neben der Jurypräsidentin Meryl Streep bewerten auch der deutsche Schauspieler Lars Eidinger und die polnische Filmemacherin Małgorzata Szumowska sowie Clive Owen, Brigitte Lacombe, Nick James und Alba Rohrwacher die Beiträge.

Filmfestival als Seismograf

In diesem Jahr spiegeln die Drehbuchautoren, Regisseure und Schauspieler in ihren Filmen insbesondere die gesellschaftliche Realität wieder. Und die ist in Bewegung – genauso wie Millionen von Menschen. Die meisten unter ihnen tun dies nicht freiwillig, sie sind auf der Flucht. „Die Menschen haben nicht nur die Sprache verloren, die Beziehungen verloren, sondern das Schlimmste, was einem passieren kann.

Sie haben ihre Heimat verloren“ sagt Festivaldirektor Dieter Kosslick. Auch der Italiener Gianfranco Rosi behandelt die Thematik. Für seinen Wettbewerbsbeitrag „Fuocoammare“ filmte er über mehrere Jahre auf Lampedusa. Dabei zeigt er eine deutliche Diskrepanz im Leben zwischen heimatlosen Geflüchteten und einem heimatliebenden jungen Italiener.
Doch es werden nicht nur eurozentristische Perspektiven auf Flucht gezeigt. Weltweit Menschen verlieren ihre Heimat: Eriträer leben in Camps in Israel, die De’ang-Minderheit an der chinesisch-burmesischen Grenze ist bedroht oder Roma kommen nach Deutschland. Neben Beiträge über Flüchtlingserfahrungen zeigen andere Filme auch, warum die Menschen eigentlich fliehen. Sie beschreiben die Zustände der Länder.

Vom Libanon bis nach Deutschland

Und so liegt ein regionaler Schwerpunkt der Berlinale auch auf dem Nahen Osten. Viele Filme spielen im Libanon, Syrien, Israel oder gar in Saudi Arabien. Daneben gibt es natürlich auch deutsche Filme: So zeigt die Absolventin der Ludwigsburger Filmakademie, Anne Zohra Berrached, in ihrem Wettbewerbsbeitrag, „24 Wochen“, wie ein Paar damit umgeht, dass sein Baby möglicherweise nicht gesund zur Welt kommen wird. Hans Steinbichler verfilmte „Das Tagebuch der Anne Frank“ und Doris Dörrie präsentiert „Grüße aus Fukushima“. Insgesamt gibt es rund 150 deutsche Filme und einige Co-Produktionen. Und auch Kasachstan ist auf der Berlinale vertreten. Darunter ist zum Beispiel der Film „The Wounded Angel“ von Emir Baigazin, dessen Film „Harmony Lessons“ 2013 als erster kasachischer Film überhaupt im Wettbewerb der Berlinale gezeigt wurde und einen silbernen Bären und einen Publikumspreis gewann. „Ranenyy Angel“ zeigt vier Heranwachsende in einem verlassenen Dorf, die nach ihrem Platz im Leben suchen. Zudem findet sich ein Beitrag in der Sektion „Forum Expanded“ und eine Regisseurin aus Kasachstan bei dem Nachwuchsförderprogramm „Berlinale Talents“.
Und so sucht die Berlinale in ihren Filmen überall nach Glück – in einem neuen Land, in der Gesundheit, an verlassenen Orten. „Wir glauben, dass es weltweit ein großer Wunsch der Menschen ist, dass sie nicht nur das Recht auf Glück haben, sondern auch auf Heimat, auf Liebe, auf Selbstbestimmung, auf Arbeit, auf Leben. Und vor allen Dingen auf Überleben“, fasst Dieter Kosslick das Motto der diesjährigen Berlinale zusammen.

 

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