Die Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika hat gewählt. Der neue Präsident heißt Donald Trump, der am 20. Januar 2017 ins Weiße Haus als Nachfolger von Barack Obama einzieht. Jubel, Hoffnung, Schock und Angst – Trump polarisiert und lässt viele Fragen offen. Denn einen Präsidenten wie ihn hat es noch nie gegeben.

Donald John Trump wurde am 14. Juni 1946 in Queens, New York City geboren. Er stieg in der Immobilien- Unterhaltungsbranche zum Milliardär auf und machte sich durch sein extravertiertes Verhalten einen Namen. Dass er einmal Präsident der USA werde, empfand man vor wenigen Monaten wohl noch als Scherz. Doch Trump hat das Unmögliche möglich gemacht und setzte sich gegen alle durch, die ihm im Weg standen: die Demokraten, Medienhäuser, Finanzkonzerne, sogar gegen die eigene Partei. Er hat den etablierten Meinungsbildern und Voraussagen getrotzt und der Welt – nach dem Brexit – das zweite Mal vor die Frage gestellt: Wie ist das möglich!?

Was ist passiert?

Mit dem Sieg Trumps endet am 8. November ein kontroverser Wahlkampf. Um nur einige Stationen wiederzugeben: Im Dezember 2015 fordert Trump nach dem Terrorangriff in San Bernardino ein komplettes Einreiseverbot für Muslime, jedenfalls so lange, bis klar sei, „was vor sich geht“. Im März 2016 verkündet er, weniger für die NATO zahlen zu wollen und ein halbes Jahr später erkennt Trump erstmalig an, dass Präsident Obama in den USA geboren sei. Im Oktober steht Trump im Verdacht, massiv Steuern eingespart zu haben und wenig später sorgt sein Spruch „Grab them by the pussy“ für Furore. Hillary Clinton macht vor allem negative Schlagzeilen durch die E-Mail Affäre, wodurch sie ins Visier des FBI gerät.
Die US-Medien setzen 200 Millionen stimmberechtigte Amerikaner vor die Wahl: Trump oder Clinton? Einen Clown oder eine Lügnerin? Viele beklagen in den sozialen Netzwerken, es sei eine Wahl zwischen Cholera und Pest.

„We make America great again“

Trump stellt bereits siegessicher seinen 100-Tage-Plan vor, mit dem er einen radikalen Wandel einleiten wolle. Laut Tagesschau sei das Ziel, „Ehrlichkeit, Berechenbarkeit und Wandel“ nach Washington zu bringen. Trump versichere, 25 Millionen neue Jobs in den nächsten Jahren zu schaffen, Milliarden vom UN-Klimaschutzprogramm einzusparen und die Grenzen strenger zu kontrollieren. „We make America great again“ (Wir machen Amerika wieder großartig), lautet die Devise, „Wir müssen mit dem Bau einer Mauer anfangen. Einer großen, schönen, mächtigen Mauer … Keiner baut Mauern besser als ich. Wenn Mexiko seine Leute schickt, schicken sie nicht ihre besten … Sie schicken Leute, die eine Menge Probleme haben.“ Und wie steht er zu Deutschland?

Trump und Merkel

Als Merkel zur Person des Jahres 2015 vom amerikanischen Nachrichtenmagazin Time gewählt wurde, postete Trump auf dem sozialen Netzwerk Twitter: „Sie haben die Person gewählt, die Deutschland ruiniert.“ In einem von New England Cable News ausgestrahlten Interview sagte er hingegen, Merkel sei eine großartige Politikerin, „Ich war schon immer pro-Merkel.“ Er sei allerdings enttäuscht von ihrer Flüchtlingspolitik. Da habe sie einen tragischen Fehler gemacht, so Trump.

Am 10. November gratuliert Merkel dem Republikaner am Telefon zur gewonnenen Wahl und versichere dem designierten US-Präsidenten auf Grundlage der „traditionell sehr guten und freundschaftlichen Beziehungen beider Länder“ eine enge Zusammenarbeit, so teilt es Vizeregierungssprecher Georg Streiter in Berlin mit. Das Auswärtige Amt verlange zudem baldige Antworten über den künftigen außenpolitischen Kurs.

Trumps Außenpolitik

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier ließ durchblicken, keinen blassen Schimmer zu haben, wer unter Trump für die Außenpolitik verantwortlich sein könnte. Die Europäer wissen nicht, was sie erwarte, äußerte sich Steinmeier. Deutschland und seine europäischen Verbündeten müssen sich auf einen Kurswechsel in Washington einstellen.

„Dass Amerika zuerst kommt, wird das große und maßgebliche Leitmotiv meiner Amtszeit sein“, verkündet Trump während des Wahlkampfs. „Meine Außenpolitik wird die Interessen des amerikanischen Volkes und die Sicherheit der USA über alles stellen.“ Trump kritisiert insbesondere das Atomabkommen mit Iran und Obamas Politik im Nahen Osten. Die Nato-Verbündeten sollen mehr auf eigenen Füßen stehen und einen höheren Eigenbeitrag zu ihrer Verteidigung leisten. „Die Länder, die wir verteidigen, müssen für die Kosten dieser Verteidigung bezahlen“, sagte der Immobilienmilliardär. Täten sie dies nicht, „dann müssen wir diese Länder sich selbst verteidigen lassen“. Die Zerschlagung der Terrororganisation Islamischer Staat habe für Trump höchste Priorität, Assad spiele für ihn eine untergeordnete Rolle.

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Mit Wladimir Putin werde er „sehr gut auskommen“, erklärt Trump während seines Wahlkampfes. Er teile mit ihm die Liebe zum Verhandeln. Immer wieder betont Trump in seinen Reden, dass die Probleme, die Präsident Obama mit Russland hege, unter seiner Amtszeit verschwinden werden.

Das kasachische Staatsoberhaupt Nursultan Nasarbajew spricht seine Glückwünsche an den neuen Präsidenten aus und weist daraufhin, „dass die Vereinigten Staaten eine Führungsrolle bei der Aufrechterhaltung der Stabilität, der Sicherheit und des Wohlstands auf der ganzen Welt bleiben werden“.

Trump wolle diese Stabilität und Sicherheit auch nach Nahost bringen. Er berufe sich dabei auf seine Kunst des Verhandelns und träume von einem Deal ganz besonders: Dem Friedensdeal zwischen Israel und Palästina.

Zusammenhalt im Inneren

Verhandlungsgeschick wird Trump auch im eigenen Land beweisen müssen, wo es seit seinem Wahlsieg immer wieder zu Demonstrationen, Kundgebungen und Protestmärschen gekommen ist.

In den sozialen Medien verkünden Menschen weltweit, nicht Trump habe gewonnen, sondern Hass, Rassismus, Homophobie, Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit. Unter dem Hashtag #notmypresident signalisieren US-Bürger, dass sie Trump nicht als ihren neuen Präsidenten anerkennen können.

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Wer hat Trump gewählt?

Nach Erhebungen der „New Yorker Times“ erhalte Trump vor allem Zuspruch bei den weißen Wählern mit sowie ohne College-Abschluss. Laut „Washington Post“ haben strenggläubige Christen in einem Maß für Trump gestimmt, wie seit 2004 nicht mehr für die Republikaner. Auch die weiblichen Wähler haben sich nicht in dem Maß von Trump abgewandt, wie es vorhergesagt wurde. Der Fernsehsender NBC kommt beispielsweise unter konservativen Frauen sogar auf eine Unterstützung von 78 Prozent für Trump. Clinton erhoffte einen hohen Zuspruch von Afro-Amerikanern, Latinos und asiatischstämmigen Amerikanern. Auch wenn sie insgesamt jede dieser Gruppen gewann: Bei allen dreien schnitt die Demokratin schlechter ab als ihr Vorgänger Obama im Jahr 2012.

Auch deutsche Konzerne unterstützten Trump indirekt durch Tochterfirmen bei seiner Präsidentschaftswahl. Laut einer Grafik, die von der deutschen Tageszeitung Die Welt im Juli 2016 veröffentlicht wurde, sollen unter anderen Spenden von der Deutschen Bank, Bayer und Siemens an die Republikaner geflossen sein.

Medien und Trump

Die Mehrheit des amerikanischen Volkes hat Trump demokratisch gewählt. Das wirft die Frage auf, warum renommierte Zeitungen wie die New Yorker Times oder der Fernseherdsender CNN bis zum Schluss Clinton als klare Favoritin sahen. Waren die Journalisten zu einäugig in diesem Wahlkampf? Haben sie sich zu wenig unter die Anhänger Trumps gemischt, um das Ausmaß deren Bewegung richtig einschätzen zu können? Eines ist klar: Die aus der Ferne als mickrig gedeutet Trump-Welle schlug am Ende als Tsunami über die Medienhäuser ein und riss Journalisten aus der Fassung: Wie konnten wir so falsch liegen?

Der Schock über den Triumph eines „Clowns“, „Wahnsinnigen“ und „Rassisten“, wie sie ihn selbst erkoren hatten, zeigt, dass sie nicht die wahre Stimmung des Volkes einfingen – oder nicht wahrhaben wollten? Nach der Wahl entfesselt sich eine kritische Selbstkasteiung in der US-Medienlandschaft, die auch nach Deutschland überschwappt. Die Wirtschaftswoche schreibt, „dass der Journalismus in Amerika wie hierzulande (Deutschland) den Draht zu weiten Teilen der Gesellschaft verloren hat. Kritische Distanz zu den Eliten und ein offener Blick auf die Gründe des Volkszorns tun not.“ Auch die Tageszeitung Welt meldet, die deutsche Politik sowie die Publizistik stehen vor den Scherben ihrer Weltanschauung, ihnen sei der Bezug zur Realität verloren gegangen. Der Schlag sei härter als noch beim Brexit. Er scheine vielen noch verrückter.

Haben die Medien den Draht zu einem großen Teil der Gesellschaft verloren?

Für viele Leitmedien in Amerika war Donald Trump als Sieger undenkbar. Wie kann ein Mann, Präsident der USA werden, der durch rassistische, sexistische und vulgäre Äußerungen auffällt? Die New York Times unterstützte Clintons Wahlkampf und sprach eine Wahlempfehlung aus, ebenso das renommierte Atlantic-Magazine.

Offensichtlich hatten die US-Medien eine andere Vorstellung von Amerika als ein großer Teil der Bevölkerung. Im Wirtschaftsmagazin heißt es, „der Aufstieg der so genannten Populisten wurde nicht als das erkannt, was er im Kern ist, nämlich ein Aufstand gegen das Establishment. Statt die Gründe im offensichtlichen Versagen der Regierenden zu suchen, stürzte man sich auf die Rüpel selbst.“ Diese Anti-Trump-Taktik brachte dem Republikaner mehr Wähler ein, als dass sie die Demokraten unterstützte. Mit dem Hohn gegen Trump und seine Anhänger schnitten sich die Medien selbst ins Bein.

Diese Wunde gelte als Weckruf für einen Wandel in den Zeitungen, auf den Bildschirmen und in den Radios. Es müsse wieder Journalisten geben, die sich jenseits ihres Schreibtisches und des politischen Mainstreams unter die Menschen mischen und sich mit allen Meinungsströmungen auseinandersetzten, um inständig und allumfassend berichten zu können, was die Gesellschaft bewegt.

Auf Amerika warten große Veränderungen. Die einen schauen mit Freude in die Zukunft und die anderen mit Skepsis. Was der Wandel im Weißen Haus wirklich bringt, zeigt sich, wenn Trump das Amt als Präsident antritt.

Bild: „Liebe übertrumpft Hass” – Ein Wortspiel zweier Frauen nach dem Wahlsieg Trumps. | Foto: Jake Thompson

Anne Grundig

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