Auf dem Gipfel in Astana werden zahlreiche Dokumente unterzeichnet, konkrete politische Ergebnisse sind jedoch rar. Die Teilnehmer eint das Ziel einer stärker diversifizierten Weltordnung. Kasachstans Präsident Tokajew zieht ein positives Fazit zur Präsidentschaft seines Landes in der Organisation.

Wenn Vertreter nicht-westlicher Großmächte wie China und Russland bei Gipfeltreffen zusammenkommen, ist dort oft die Rede von einer multipolaren Weltordnung – einer Welt mit unterschiedlichen Machtzentren. So auch in der vergangenen Woche, als Kasachstan im Rahmen seines Vorsitzes in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit die dort vertretenen Staaten nach Astana lud. Der Einladung folgten 16 Staatschefs, darunter Schwergewichte wie Chinas Präsident Xi Jinping, Kremlchef Wladimir Putin, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und der Emir von Katar. Auch UN-Generalsekretär António Guterres besuchte zunächst Almaty, später Astana, um an dem Gipfel teilzunehmen.

Der Ruf einer multipolaren Weltordnung fand schließlich auch ihren Widerhall in der gemeinsamen Erklärung, die die Gipfelteilnehmer unterzeichneten: „Tektonische Verschiebungen treten auf in der Weltpolitik, der Wirtschaft und anderen Bereichen der internationalen Beziehungen“, heißt es dort. „Eine gerechtere und multipolare Weltordnung ist am Entstehen.“

Die weiteren 24 Dokumente, die am Donnerstag unterzeichnet wurden, lesen sich eher wie lose Bekenntnisse und Absichtserklärungen. Die Annahme einer Initiative der SOZ „Über die globale Einheit für eine gerechte Welt, Einigkeit und Entwicklung“ wird ebenso genannt wie eine Strategie zur Entwicklung der SOZ bis 2035. Als wichtigstes konkretes politisches Ergebnis des zweitägigen Treffens dürfte indes die Aufnahme von Belarus in die Organisation zu werten sein.

Tokajew zieht Fazit zu kasachischem SOZ-Vorsitz

Auf der Ratssitzung der Staatschefs der Organisation ergriff am Donnerstag Gastgeber Kassym-Schomart Tokajew als Hauptredner das Wort. In seiner Rede stellte er fest, dass die SOZ zu einem wirksamen Mechanismus zwischenstaatlicher Beziehungen geworden sei, der auf der Grundlage des „Shanghai-Geistes“ der Freundschaft, der guten Nachbarschaft, der Gleichheit und der gegenseitigen Unterstützung funktioniere.

„Die SOZ hat sich als einzigartige Plattform erwiesen, in der die Stimmen und Interessen aller ihrer Mitgliedsländer gleichermaßen berücksichtigt werden“, so Tokajew wörtlich. „Unsere langfristige Zusammenarbeit basiert auf einer unerschütterlichen demokratischen Basis, die, da bin ich mir sicher, durch neue Inhalte gestärkt wird.“

Mit Blick auf die Ergebnisse des kasachischen SOZ-Vorsitzes sagte Kasachstans Präsident, dass dank der aktiven Unterstützung aller SOZ-Teilnehmer in dieser Zeit etwa 150 Veranstaltungen auf verschiedenen Ebenen abgehalten wurden, darunter Digital-, Tourismus-, Energie- und Geschäftsforen sowie der SOZ-Jugendrat.

„Die Vertragsgrundlage wurde um 60 neue Dokumente ergänzt, darunter die Anti-Drogen-Strategie, den Plan zur Umsetzung der wirtschaftlichen Kooperationsstrategie, das Abkommen im Bereich Umweltschutz und die Strategie zur Entwicklung der Energiekooperation“, hob er hervor. Und weiter: „Der Kreis der internationalen Organisationen, die Partner der SOZ sind, hat sich erweitert. Die Aktivitäten der Sonderarbeitsgruppe für Investitionen wurden wieder aufgenommen. Der Prozess des Übergangs zur Abwicklung in Landeswährungen habe eine positive Dynamik gewonnen“

Zudem hätten die kulturell-gesellschaftlichen Verbindungen zwischen den Mitgliedstaaten einen Aufschwung erfahren. Um dies zu unterstreichen, hob Tokajew ein gemeinsames Musikfestival sowie die Bestimmung von zehn touristischen Territorien zur Umsetzung von länderübergreifenden Projekten hervor.

Schließlich äußerte sich Tokajew noch zu den Schlüsselbereichen für die weitere Entwicklung der Organisation. An erster Stelle, so Kasachstans Präsident, stehe die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheitspolitik. An zweiter Stelle nannte er den Ausbau der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, an dritter den Ausbau des Logistik- und Transportnetzes durch weitere Korridore und verlässliche Lieferketten.

Bilaterale Gespräche mit SOZ-Staatschefs

Der Besuch der zahlreichen Staatsvertreter bot auch die Möglichkeit zum regen bilateralen Austausch, wie die Zweiergespräche Tokajews mit mehreren Amtskollegen zeigten. Einen besonderen Empfang hatte bereits am Dienstag Chinas Präsident Xi Jinping erfahren, den Tokajew persönlich am Flughafen der Hauptstadt traf (die DAZ berichtete).

Die beiden Staatschefs unterzeichneten am Ende ihrer Verhandlungen neben einer gemeinsamen Erklärung mehr als 30 Dokumente – unter anderem über eine Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den Regierungsparteien beider Länder, mehr Kooperation im technologisch-wirtschaftlichen Bereich, eine Erweiterung des grenzüberschreitenden Bahnverkehrs oder über Zusammenarbeit im Bereich der für die grüne Transformation benötigten strategischen Rohstoffe.

Bei Gesprächen mit Russlands Präsident Wladimir Putin lobte Tokajew Russland für dessen Beitrag zur Stärkung des „Geistes von Shanghai“ und der Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen den SOZ-Mitgliedstaaten. Über die kasachisch-russischen Beziehungen sagte Tokajew vor dem Hintergrund von Putins Besuch im November vergangenen Jahres: „Die während Ihres Besuchs vereinbarten Projekte verkörpern tatsächlich den strategischen Charakter der Interaktion zwischen unseren Staaten. Daher habe ich keinen Zweifel daran, dass sie umgesetzt werden, da sie den Interessen Kasachstans und der Russischen Föderation entsprechen.“

Weitere bilaterale Gespräche führte Tokajew etwa mit Aserbaidschans Ilham Aliyev, Tadschikistans Emomali Rahmon und Turkmenistans Gurbanguly Berdimuhamedow. Bei einem Gespräch mit dem Emir von Katar Tamim bin Hamad al Thani bekräftigten beide Seiten den Wunsch, die Zusammenarbeit ihrer Länder in einer Vielzahl von Bereichen zu vertiefen.

cstr.

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