Am 22. und 23. Oktober 2025 wurde Almaty zum Zentrum des europäischen und zentralasiatischen Tourismusdialogs: Bei der “Regional Conference on the Empowerment of Women in Tourism in Europe”, gemeinsam organisiert von UN Tourism, dem kasachischen Ministerium für Tourismus und Sport sowie dem Almaty Tourism Bureau.

Mit fast 400 Teilnehmenden sowie Vertreter:innen aus internationalen Organisationen, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft bot die Konferenz eine willkommene Gelegenheit, um die strukturellen Ungleichheiten der Tourismusbranche sichtbar zu machen und Strategien für mehr Chancengleichheit und weibliche Führung zu diskutieren.

Zwar sind Frauen mit 54% die Mehrheit der Beschäftigten im Tourismussektor, aber sie verdienen dennoch rund 15% weniger als Männer, sind häufiger in Teilzeit- und Saisonarbeit tätig und nur zu 23% in Führungspositionen vertreten. Während eine geschlechtersensible Politik und der Aufstieg von Frauen deutliche Fortschritte machen, bestehen weiterhin große Hürden wie ein eingeschränkter Zugang zu Kapital, verschiedene Formen der Diskriminierung, ungleiche Betreuungsverpflichtungen und ein Mangel an Mentoring-Möglichkeiten.

Im Auftaktpanel mit internationalen Repräsentantinnen, inklusive Ceren Güven Güres von UN Women Central Asia, Irmela Preissner von Biblische Reisen und Aleksandra Abdykaparova vom Ministerium für Wirtschaft und Tourismus in Kirgisistan, wurde diskutiert, wie Netzwerke, Mentoring und gegenseitige Unterstützung für die Überwindung dieser strukturellen Barrieren von entscheidender Bedeutung sind. Preissner betonte, dass die gegenseitig wahrgenommene Verantwortung eine entscheidende Rolle spielt, um Frauen den Zugang zu Führungsstrukturen zu ermöglichen.

„Die Bedeutung von Netzwerken ist wirklich enorm. Auf individueller Ebene müssen wir uns auch selbst verantwortlich machen – für das, was wir sagen und was wir erreichen wollen. Es ist so leicht, etwas anderes vorzuziehen, und allzu oft geben Frauen allen anderen den Vorzug vor ihrer eigenen Karriere.“

Stereotype brechen

Das zweite Panel rückte die Präsenz von Frauen in traditionell männlich dominierten Berufsfeldern in den Mittelpunkt. Die Diskussion zeigte, dass Veränderung dort beginnt, wo Frauen sichtbar werden – als Pilotinnen, Unternehmerinnen, Bergführerinnen oder Ingenieurinnen.

Zu den Rednerinnen gehörte auch Azhar Nessipbayeva, Airbus-Pilotin bei Air Astana. Laut der International Pilot Association waren im Jahr 2024 nur 5% aller Pilot*innen Frauen, und lediglich 1,5% von ihnen Kapitäninnen. Sie zeigte sich verwundert über die bestehenden Doppelstandards:

„Wir leben im 21. Jahrhundert – in einer Welt voller Jeff Bezos und Elon Musks – und dennoch wird noch immer gefragt, ob Frauen Flugzeuge fliegen können. Wie ist das möglich? Wir leben in einer Zeit, die höchste technologische Standards setzt.

Aber können wir eine Gesellschaft wirklich als entwickelt bezeichnen, wenn Menschen immer noch nach ihrem Alter oder ihrem Geschlecht beurteilt werden – statt nach ihren Fähigkeiten, ihrer Erfahrung und ihrem Wissen?“

Zwar hat Kasachstan in den letzten Jahren sichtbare Fortschritte bei der wirtschaftlichen Teilhabe von Frauen erzielt, doch kulturelle Stereotype und institutionelle Barrieren bremsen weiterhin den Weg zu einer echten Gleichstellung.

Vor diesem Hintergrund machte das Abschluss-Panel „Almaty Women Take Centre Stage“ sichtbar, wie Frauen den Wandel vor Ort aktiv gestalten – in der Bergsteiger-Community, der Stadtplanung oder der Gastronomie. Adiya Karsybek, Gründerin der Initiative „Äyel men Kala“ („Frauen und Stadt“), betonte, wie wesentlich eine inklusive Stadtplanung für die Förderung des Tourismus und die Lebensqualität in Städten ist: „Geschlechtersensible Stadtplanung ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Sie bildet das Fundament für Sicherheit, Komfort und Chancen für alle. Wenn wir Städte inklusiv gestalten, schaffen wir Orte, an denen sich alle – Einwohnerinnen wie Besucherinnen – sicher, gesehen und willkommen fühlen.“

Die digitale Kluft schließen

Laut der International Telecommunication Union (ITU) sind Frauen in Zentralasien 18% seltener online aktiv als Männer – und noch seltener sind sie in den Bereichen des digitalen Unternehmertums vertreten. Diese digitale Ungleichheit schränkt ihre wirtschaftlichen Chancen massiv ein.

Vertreterinnen der Europäischen Kommission, von Omio und UN Women betonten, dass digitale Kompetenz und Gleichstellung Hand in Hand gehen müssen. Digitalisierung, sei kein Selbstzweck – sondern ein Werkzeug, um den Frauen neue Räume für wirtschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung zu eröffnen. Insbesondere digitale Bildungsprogramme für Frauen – vor allem in ländlichen Regionen und Minderheitengemeinschaften – sind entscheidend, um diese Lücke zu schließen und Frauen den Zugang zu Wissen, Märkten und Technologien zu verbessern.

In einem Land, in dem Frauen im Wirtschaftsleben zwar sichtbar sind, aber noch immer mit traditionellen Rollenbildern, Lohnunterschieden und begrenztem Zugang zu Führungspositionen konfrontiert werden, war die Veranstaltung ein wichtiges Signal. Für viele Teilnehmerinnen bot sie nicht nur Gelegenheit zum Austausch, sondern sie war auch eine Ermutigung – zu mehr Sichtbarkeit, Solidarität und Selbstvertrauen.

Zum Abschluss wurde der „Almaty Call to Action to advance Women’s Empowerment in Tourism“ vorgestellt – ein Maßnahmenplan, der unter anderem eine gleiche Bezahlung, den Abbau von Stereotypen und klare Richtlinien gegen Diskriminierung und Gewalt am Arbeitsplatz fordert.

Katarina Kukla

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