Bei den Gesprächen der Staatschefs geht es um eine Vertiefung der Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, Wirtschaft, Investitionen, Energie, Verkehr und Logistik.

Frank-Walter Steinmeier hat in seiner politischen Karriere bereits mehrfach die Länder der Region Zentralasien besucht. Doch die Reise in dieser Woche, die den Bundespräsidenten erst nach Kasachstan führt und später weiter nach Kirgisistan, findet unter anderen Vorzeichen statt als frühere Staatsbesuche – etwa 2017 in Kasachstan oder 2019 in Usbekistan. Denn damals standen die südöstlichen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetrepubliken weit weniger im Fokus der Weltöffentlichkeit als heute unter dem Eindruck der kriegerischen Auseinandersetzung in der Ukraine sowie des Ringens zwischen den westlichen Staaten und China um die führende Rolle in der Welt.

Mit seinem Ressourcenreichtum und seiner geopolitischen Lage ist insbesondere Kasachstan ein Wunschpartner für die benachbarten Führungsmächte. Auch Deutschland und die EU sind bestrebt, ihre Beziehungen mit Astana weiter auszubauen, und Bundespräsident Steinmeier landete am späten Montagabend in der kasachischen Hauptstadt, um das zu unterstreichen. „In der schwierigen Nachbarschaft Russlands und Chinas sendet er ein Signal der Partnerschaft an die Staaten Zentralasiens und betont Deutschlands Interesse an der Diversifizierung seiner politischen, wirtschaftlichen und energiewirtschaftlichen Beziehungen“, hieß es bereits im Vorfeld auf der offiziellen Seite des Bundespräsidenten.

Besonderes Augenmerk auf Mittlerem Korridor

Den Höhepunkt seines dreitägigen Staatsbesuchs bildete zweifelsohne Steinmeiers Treffen mit seinem kasachischen Amtskollegen Kassym-Schomart Tokajew am Dienstagvormittag, dem eine offizielle Begrüßungszeremonie vorausging. Tokajew und Steinmeier, den deutsche Wirtschaftsvertreter begleiteten, stellten die Mitglieder ihrer offiziellen Delegationen einander vor. Nach einem Begrüßungsrapport des Chefs der Ehrengarde erklangen die Hymnen beider Länder, bevor im Ostsaal des Präsidentenpalasts die Gespräche beider Staatsoberhäupter begannen.

Die Präsidenten erörterten den Stand der deutsch-kasachischen strategischen Partnerschaft und die Aussichten für ihre Weiterentwicklung. Besonderes Augenmerk habe dabei auf der Stärkung des politischen Dialogs und die Vertiefung der Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, Wirtschaft, Investitionen, Energie, Verkehr und Logistik gelegen, hieß es im Anschluss an das bilaterale Treffen auf der Seite von Präsident Tokajew. Konkret im Fokus: die Entwicklung der transkaspischen internationalen Transportroute und die Zusammenarbeit in den Bereichen Öl und Gas, grüne Energie und Industrie.

Tokajew: „Sehr offener Meinungsaustausch“

Nach ihrem Zweiergespräch setzten Steinmeier und Tokajew ihr Treffen im erweiterten Format mit den Mitgliedern ihrer offiziellen Delegationen fort. In seiner Begrüßungsansprache an die deutschen Gäste betonte der kasachische Präsident, dass der Besuch seines deutschen Gegenübers „gute Möglichkeiten für die weitere Stärkung der umfassenden Zusammenarbeit zwischen Kasachstan und Deutschland“ eröffne.

„Wir haben uns auf Ihren Besuch gefreut, der sehr wichtig ist, um der Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern zusätzliche Impulse zu verleihen“, sagte Tokajew, und nannte Deutschland in dem Zusammenhang einen der wichtigsten Partner Kasachstans in der Europäischen Union. „Wir hatten gerade einen ausführlichen und sehr offenen Meinungsaustausch über viele Fragen im Zusammenhang mit unserer Zusammenarbeit, unserem Zusammenwirken in internationalen Organisationen sowie der geopolitischen Lage“, so Tokajew weiter.

Bundespräsident Steinmeier wiederum bedankte sich bei seinem Gastgeber für die Einladung nach Astana und die herzliche Gastfreundschaft auf kasachischem Boden. In einer anschließenden gemeinsamen Presseerklärung sagte Steinmeier: „Mit meiner Reise in Ihr Land möchte ich gemeinsam mit Ihnen die vielfältigen Beziehungen unserer Länder würdigen. Kasachstan ist für die Bundesrepublik ein Schlüsselpartner in der zentralasiatischen Region, politisch, kulturell und wirtschaftlich. Wir sind uns einig, dass wir unsere Verbindungen in den kommenden Jahren noch enger knüpfen wollen, auch angesichts der riesigen Herausforderungen, vor denen wir stehen.“

Mehrere Abkommen und Absichtserklärungen unterzeichnet

Im Zuge der Gespräche zwischen beiden Seiten wurden mehrere Dokumente unterzeichnet, die auf Tokajews offizieller Seite präsentiert wurden:

  • eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem kasachischen Wissenschafts- und Hochschulministerium und dem deutschen Auswärtigen Amt
  • eine Gemeinsame Absichtserklärung zur Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsministerien beider Länder zur Fortbildung von Unternehmern aus Kasachstan.
  • eine Absichtserklärung zwischen dem Nationalen Geologischen Dienst Kasachstans und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
  • eine Vereinbarung über die Umsetzung des Projekts zum Bau einer Anlage zur Herstellung von Gipsplatten und Trockenbaumischungen zwischen dem Akimat der Region Schambyl und der Firma Knauf Gips Taraz
  • eine Vereinbarung über die Gründung des Kasachisch-Deutschen Instituts für nachhaltiges Ingenieurwesen
  • eine Absichtserklärung zwischen dem kasachischen staatlichen Eisenbahnunternehmen Kazakhstan Temir Zholy und der Rhenus SE & Co. KG
  • Vereinbarung über die Entwicklung einer Partnerschaft im Bereich Personenbeförderung sowie Transport und Logistik zwischen der DB Engineering & Consulting GmbH und der Kazakhstan Temir Zholy
  • Vereinbarung über die Lokalisierung der Produktion von Mittelspannungsschaltanlagen für die Energiewirtschaft der Republik Kasachstan mit Siemens-Technologie
  • Vereinbarung über gemeinsame Aktivitäten zur geologischen Erkundung fester Mineralien und deren Verarbeitung

Im weiteren Verlauf des Tages nahm Bundespräsident Steinmeier mit Präsident Tokajew an einem Forum deutscher und kasachischer Hochschulrektorinnen und -rektoren teil. Dort nannte es Tokajew seinen „Traum, Kasachstan in einen Wissenschafts-Hub in Eurasien zu verwandeln“, wofür die Beteiligung deutscher Universitäten eine „außerordentlich wichtige Rolle“ spiele. Steinmeier hob in seiner Rede die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern im Bereich der Hochschulbildung, der wissenschaftlichen Forschung und der Studentenausbildung hervor. Im Rahmen der Veranstaltung wurden mehrere Vereinbarungen zwischen Hochschuleinrichtungen Kasachstans und Deutschlands unterzeichnet. Insgesamt nahmen Vertreter von 11 deutschen und 25 kasachischen technischen Universitäten am Rektorenforum teil.

Anschließend wohnte der Bundespräsident zusammen mit seinem kasachischen Amtskollegen dem Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsforum Astana bei, wo es unter anderem um die Unterzeichnung eines Abkommens mit der Firma Svevind zur Gewinnung von grünem Wasserstoff über 50 Millionen US-Dollar ging. Dabei betonten die Anwesenden die Möglichkeit, mittels Wasserstoff Stahl, Aluminium und andere wichtige Metalle ökologisch sauber herzustellen. Später am Abend kam es dann noch zu einem Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft.

Am Mittwoch ging es dann weiter nach Aktau, wo Steinmeier unter anderem an der Grundsteinlegung für das Institut für Nachhaltige Ingenieurwissenschaften an der Yessenov-Universität teilnahm. Darüber hinaus standen Gespräche mit Vertretern der Firma Svevind zu dem grünen Wasserstoffprojekt Hyrasia One sowie die Durchführung einer Probebohrung an. Auch eine Besichtigung des Hafens sowie die Veranschaulichung der regionalen und internationalen Transportrouten waren vorgesehen. Der Hafen Aktau steht sinnbildlich für die Versuche Kasachstans, seine Energielieferungen gen Westen unabhängiger von Russland zu machen.

cstr.

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