Eine Studentengruppe der Fakultäten Internationale Beziehungen, Wirtschaftswissenschaften und Internationales Recht der Universität Innsbruck unter der Leitung von Prof. Jörg Becker besuchte Ende Oktober Usbekistan. Kurz vor ihrer Abfahrt diskutierten die Studenten mit ihrem Professor in gemütlicher Atmosphäre im Hotel „Usbekistan“ die Schwerpunkte der österreichischen Politik in Zentralasien, die Zukunft der Europäischen Union sowie den Schutz der Menschenrechte.
/Bild: Christina Ogonjanz. ‚Prof. Jörg Becker: „Neugierig und frech sein, um in der Welt zu überleben.“’/
Warum haben Sie Usbekistan als Ihr Reiseziel ausgewählt?
Prof. Becker: Ich versuche immer als Reiseziel für unsere Untersuchungen eine unbekannte Region auszuwählen. Ich war schon in Zentralasien und im Kaukasus. Auβerdem wähle ich nur solche Länder aus, wo ich schon Kontakte habe, und hier in Usbekistan kenne ich einige Leute.
Studenten: Warum? Das hat er gesagt. (Blick auf Prof. Becker). Er ist unser Leiter und unser Kopf. (Alle lachen).
Wie beurteilen Sie die usbekische Politik heute?
Prof. Becker: Als eine sehr vernünftige Politik. Ich bin kein Unterstützer solcher Leute, die alles kritisieren. Usbekistan hat eine sehr ausgeglichene Politik. Was die Menschenrechte betrifft, da ist sehr wichtig, dass hier die sozialen Rechte unterstützt werden.
Studenten: Wir sind eigentlich da, um die Politik zu untersuchen. Wir haben zu Hause gesagt, dass wir uns auf die Route der historischen Seidenstraße begeben.
Welche Prioritäten hat Ősterreich heute in der Beziehung zu Usbekistan?
Prof. Becker: Ősterreich ist in einer schweren politischen Lage. Etwa 50 Jahre lang herrschte ein Konkordanzsystem im Land, wo zwei große Parteien, die Sozialdemokraten und die Konservativen, die gleiche politische Macht hatten. Ősterreich war eine Brücke zwischen Ost und West. Aber ich bin momentan besorgt, weil die rechtsradikalen Ansichten in der österreichischen Gesellschaft gestiegen sind. Ősterreich hatte immer ein großes Verständnis für die Politik Usbekistans.
Studenten: Die österreichische Politik basiert auf wirtschaftlichen Interessen in der Region: Gas und Ől. Eine neutrale Politik.
Wie beurteilen Sie die Zukunft der Europäischen Union? Hat sie überhaupt eine Zukunft als politische Macht?
Prof. Becker: Sie ist als politische Union nicht kräftig genug. Ich wünsche der Europäischen Union mehr Selbständigkeit und einen Souveränitätsweg. Sie ist ein zahnloser Tiger. Aber ich bin ein Gegner der Lissabonverfassung in diesem Zustand, wie sie jetzt sie.
Studenten: Die Europäische Union hat, eine gute und lange Zukunft. 70 Prozent alle Gesetze in Ősterreich kommen aus Brüssel. Sie ist schon jetzt ein politischer Akteur.
Am Beispiel der Vereinigten Staaten und dem Irak kann man sehen, dass die Grundlagen des Internationalen Rechts und der UNO-Charta sehr oft verletzt werden. Hat Internationales Recht in der Welt der Politik an Bedeutung verloren?
Prof. Becker: Ja, leider, wie man im Kosovo-Krieg und im Irak sehen konnte. Aber dass heiβt nicht unbedingt, dass es immer so sein wird. Die Politik von Obama könnte die Situation verändern. Auβerdem gibt es ein ganz pragmatisches Argument: solche Kriege wie im Irak sind heute für alle zu teuer.
Wie wird nach Ihren Prognosen die Zukunft der Welt aussehen? Welche neuen politischen Mächte können entstehen?
Prof. Becker: Brasilien und Indien sind im Kommen. Ob China ein politisches Imperium wird, bleibt abzuwarten. Es hat fast keine Erfahrung in dieser Rolle.
Studenten: Brasilien und Indien als zukünftige politische Mächte – nein! Man soll zuerst über den Umweltschutz nachdenken und wie man den Klimawandel stoppen kann. Das Wichtigste ist die Lösung der weltweiten Umweltprobleme.
Was möchten Sie unseren Lesern raten, um in dieser verrückten Welt zu überleben?
Prof. Becker: Neugierig und frech sein.
Studenten: Nicht nur auf die Uhr schauen und an Geld denken.
Das Gespräch führte Christina Ogonjanz.
20/11/09