Die Taschkenter U-Bahn gilt als die erste in ganz Zentralasien. Hinter ihren architektonisch beeindruckenden Stationen als interessante Anlaufstelle für Fotografen verbirgt sich eine teils tragische Entstehungsgeschichte.

Es sind die 1960er Jahre: Ein schweres Erdbeben der Stärke neun zerstört die mehr als 2.000 Jahre alte Stadt fast komplett. Rund 300.000 Menschen verlieren ihr Zuhause. Die Tragödie wird als Chance gesehen, eine neue, prachtvolle Sowjetstadt zu errichten. Der damalige Rekonstruktionsplan beinhaltete neben den breiten, paradegerechten Straßen und zahlreichen Parks auch die Idee, einen untergründlichen, öffentlichen Nahverkehr zu errichten – ganz nach dem Vorbild Moskaus.

Geld sollte dabei keine Rolle spielen; jede einzelne Station wurde von sowjetischen Baumeistern als prachtvoller Kulturpalast geplant und umgesetzt. Es galt, das glänzende Erbe der Sowjetunion in allen Haltestellen darzustellen und für die Ewigkeit festzuhalten. Die Vorbereitungsarbeiten begannen im Jahre 1972 unter Berücksichtigung der seismischen Natur der Region: Während der gesamten U-Bahn-Route gibt es alle 33 Meter einen seismischen Gürtel, der U-Bahn-Linien und Bahnhöfe vor Zerstörung schützt.

Eine Station – eine Geschichte

1977 wurde zu Ehren des 60. Jahrestages der UdSSR die erste U-Bahn Linie Tschilonsor mit sechs Stationen im am dichtesten besiedelten Stadtteil eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt galt die Taschkenter Metro als siebte in der Sowjetunion und die 37. in der gesamten Welt. Jede Station erzählt eine einzigartige Geschichte.

So werden etwa die klassisch sowjetischen Themen der Raumfahrt, Völkerfreundschaft und Helden der UdSSR in unterschiedlichen, künstlerischen Ausführungen behandelt.

Wie es nach dem Zerfall der Sowjetunion in Zentralasien üblich war, wurden anschließend viele U-Bahn-Stationen nach usbekischen Geschichtshelden umbenannt, beispielsweise der Amir-Temur-Platz (früher Oktoberrevolution). Trotz den schwierigen Bedingungen der Übergangszeit und dem Bruch der langfristigen wirtschaftlichen Beziehungen wurde die weitere Entwicklung des Schienennetzes nicht gestoppt. Dank der Aufmerksamkeit und Unterstützung des ersten Präsidenten der Republik Usbekistan Karimow und des derzeitigen Präsidenten Mirsijojew wird die Arbeit an der Gestaltung und dem Bau neuer U-Bahn-Linien erfolgreich fortgesetzt.

Die Haltestelle „Alischer Nawoi“ erinnert an eine Moschee.
Die Haltestelle „Alischer Nawoi“ erinnert an eine Moschee.

Das Design jeder einzelnen Station (Säule oder Gewölbe) hing von der seismischen Position, den Bodenmerkmalen, der Grundwasserposition und den Stadtplanungsfaktoren ab. All dies war eine Reihe von Schwierigkeiten, für die wissenschaftliche Forschung, Berechnungen, teure Strukturen und komplexe Baumethoden eingeführt wurden. Alles zusammen erhöhte nicht nur die Schätzung, sondern beeinflusste auch das zukünftige Erscheinungsbild der Stationen. Einige Schwierigkeiten entstanden bei der Lieferung von Materialien: Steinblöcke aus Marmor und Granit, die zur Veredelung von Wänden, Säulen und Böden verwendet wurden, wurden aus den Regionen Usbekistan, der Ukraine, Russland, Belarus, Kasachstan und Kirgisistan an eine Marmorfabrik geliefert, in welcher die Platten verarbeitet und weiterverwendet wurden. Im Ganzen kann man in allen Stationen verwendetes Nurata, Gazgan-Marmor und usbekischen Granit bestaunen. Bemerkenswert sind aber auch orientalische Architekturmotive die einen realisieren lassen, dass man sich in Zentralasien befindet.

Moderner Minimalismus

Die neueren U-Bahn-Stationen unterscheiden sich deutlich von denen zu der Zeit der Eröffnung. Minimalismus und Funktionalität charakterisieren die Haltestellen, die nach den 1970er Jahren erbaut wurden. So auch die zwei neuesten Stationen „Kiptschak“ und „Turon“, die erst Anfang März offiziell eröffnet wurden.

Täglich nutzen rund 400.000 Menschen die fünf Linien der Taschkenter Metro. Eine Fahrt kostet, zum jetzigen Zeitpunkt, 1725 usbekische Som, das sind umgerechnet 13 Cent. Eine kleine Rundfahrt, um die prachtvollen 50 Stationen zu bestaunen, lohnt sich in jedem Falle. Besonders beeindruckend sind die Stationen „Kosmonawtlar“ und „Alischer Nawoi“. Falls Sie jedoch planen, professionelle Fotoaufnahmen zu machen, ist eine spezielle Genehmigung erforderlich.

Annabel Rosin

Teilen mit:

Все самое актуальное, важное и интересное - в Телеграм-канале «Немцы Казахстана». Будь в курсе событий! https://t.me/daz_asia

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein