In Almaty gibt es zwei bekannte Treppenwege in die Berge. Die „Treppe der Gesundheit“, die vom Eisstadion Medeu zum gleichnamigen Damm führt, ist unter Instagram-Fans sehr beliebt. Eine andere ist weniger bekannt, dafür aber gefährlicher. Sie eröffnet zudem eine schönere Sicht auf die Stadt und bietet einen richtigen Tauchgang in die Natur. Unsere Autorin berichtet über ihre Eindrücke auf den beiden Routen.

Wie viele Einheimische bin ich leider keine erfahrene Wanderin und besuche die Berge und die Vororte von Almaty sehr selten. In diesem Jahr möchte ich das ändern.

Die Ausflugssaison habe ich für mich im April an der berühmten „Treppe der Gesundheit“ eröffnet. Während es in der Stadt strahlend sonnig und warm war, war es am Medeu kühl und bewölkt. Auch lag noch Schnee. Für einen Arbeitstag war es dort ziemlich belebt, aber noch nicht zu vergleichen mit der Situation am Wochenende, wenn der Ort wirklich überfüllt ist mit Menschen. Der Aufstieg ist scharf und überfordert Unerfahrene schon zu Beginn. Im zügigen Tempo kann man die 842 Stufen in zwanzig Minuten bewältigen. Alle Besucher breiten sich oben am Damm entlang aus, um für Fotos zu posieren und so den Erfolg in ihren sozialen Netzwerken zu festigen. Fitten Jugendlichen geht es um Geschwindigkeit und eine gute Zeit, aber der 1990 aufgestellte Rekord von 3 Minuten und 32 Sekunden ist bislang noch nicht gebrochen worden.

Für Almatiner, die nicht an lange Wanderungen gewöhnt sind und kein eigenes Auto besitzen, sowie auch für Alleingänger ist es der zugänglichste und sicherste Weg bergauf in die Grüne. Der Bus 12 fährt ungefähr alle zehn Minuten vom Hotel „Kasachstan“ nach Medeu ab, und von der Haltestelle aus muss man nur noch der Menschenmenge folgen und an der Asphaltstraße entlang bis zur Treppe gehen.

Ökogebühr für den Naturschutzpark

Meine nächste große Wanderung fand im Juni statt. Die Fotos der Treppe, die zum „alten japanischen Weg“ führt, faszinierten mich schon seit langem. Und doch fragte ich mich, ob man diese überhaupt besteigen darf. Denn auf dem Weg nach oben merkt man, dass die Treppe nicht mehr im besten Zustand ist und an manchen Stellen sogar gefährlich sein kann. Trotzdem zieht sie viele Bergliebhaber an.

Um die genannte Treppe zu finden, kann man entweder mit dem Bus oder mit dem Taxi zum unteren Ausgangspunkt der Haltestelle „Alma-Arasan“ fahren. Der Bus 28 fährt vom Park des Ersten Präsidenten alle 25 Minuten ab, und ich verspätete mich zum Treffen mit meiner Tourengruppe. Zum Glück waren wir nur zu viert, und die anderen warteten auf mich. Es ist gefährlich, allein in die Berge zu gehen – ganz zu schweigen davon, unbekannte Routen auf eigene Faust zu erkunden. Meine Wanderfreunde waren mit dem Taxi gekommen und mussten eine Ökogebühr für die Einreise in den Ile-Alatau-Naturschutzpark in Höhe von weniger als 1 Euro bezahlen. Ich als Buspassagierin musste das nicht.

Dunkles Kapitel sowjetischer Geschichte

Die Treppe ist entlang eines gewaltigen Rohres gelegen, das zum Wasserkraftwerk GES-2 führt. Es ist 1.174 Meter lang, und der höchste Punkt liegt 1.700 Meter über dem Meeresspiegel. Um es zu erreichen, durchqueren wir das Dörfchen Kokschoky. Beim Klettern an der rostigen Stahlbetontreppe komme ich stark ins Schwitzen – entweder vor Anstrengung oder aus Angst vor dem Ausrutschen. Trotz teilweise fehlender Stufen versicherte uns der Guide die Verlässlichkeit der Treppe, die immerhin zu Sowjetzeiten gebaut worden war und bereits seit mehr als 70 Jahren hält. Nachdem wir innerhalb von einer Stunde zwei Drittel des Treppenaufstiegs bewältigt hatten, hielten wir auf einem kleinen Plateau auf 1.400 Metern Höhe an. Dort steht eine verlassene und mit Graffiti bemalte Bude mit einer riesigen rostigen Spule, die Karren mit Baumaterialien auf Schienen auf der anderen Seite des Rohrs hochzog. Die restlichen 300 Höhenmeter entschieden wir uns schließlich für eine Bergstraße durch den Wald.

Ab 1.700 Metern Höhe führt der alte japanische Weg den Abhang der Großen Almatiner Bergenge herunter. Der Legende nach nahmen japanische Kriegsgefangene und Repressionsopfer vieler anderen Nationalitäten am Bau des Wasserkraftwerks GES-2 teil und karrten Baumaterialien auf diesem Weg nach unten. Der ursprüngliche, volkstümliche Name etablierte sich auf touristischen Schildern. Das GES-2 wurde 1959 in Betrieb gesetzt und ist ein Teil der Kaskade, die das Wasserpotential der Großen Almatiner Bergenge nutzt. Unterwegs sind verlassene und zerstörte Steinhütten zu sehen, in denen Bauarbeiter wohnten, sowie Stollen, über die man nach Wasser suchte.

Ohne Erfahrung nicht allein in die Berge!

Mit dem Wetter hatten wir Glück. In den Bergen war es seit mehreren Tagen bewölkt, und die Sonne brannte nicht so gnadenlos wie in der Stadt. Am Nachmittag erlebten wir nur kurzzeitig einen leichten Sommerregen. Auf den Berghängen blühten viele Kräuter, und die Luft duftete wunderbar. In etwa sieben Stunden hin und zurück zum Ausgangspunkt legten wir 14 Kilometer zurück. Das war eine schöne Flucht von der schwülen und staubigen Stadt.

Bei jeder Wanderung muss man Sicherheitsvorschriften einhalten. Vor allem verbietet es sich wie gesagt, allein in die Berge zu gehen – insbesondere für Anfänger. In den sozialen Netzwerken findet man zahlreiche Touren, die erfahrene Guides leiten. Man sollte seiner Familie und seinen Nächsten Bescheid sagen, wo man hingeht, und um wieviel Uhr die Rückkehr in die Stadt geplant ist. Wenn man eine Wanderroute wählt, muss man die eigene körperliche Leistungsfähigkeit richtig einschätzen. Heißt: Wenn man selten in die Berge geht und keinen Sport treibt, sollte man sich nicht für lange, anstrengende und mehrtägige Wanderungen entscheiden.

Vor der Wanderung sollte man sich unbedingt beim Frühstück satt essen und Wasser, Pausenbrot, süßen Tee oder Soda mitnehmen, um neue Kräfte zu tanken und plötzlicher Schwäche vorzubeugen. Außerdem sollte man geeignete Sportkleidung und Wander- oder Trekkingschuhe tragen, und keinesfalls Sonnencreme, Sonnenbrille und Kappe vernachlässigen. Für den Fall eines Unwetters sollte man Windjacke oder Regenmantel dabei haben.

Von Aizere Malaisarova

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