In Osch, der zweitgrößten Stadt Kirgisistans, erhebt sich eine der größten Lenin-Statuen Zentralasiens. Mit knapp 30 Metern Höhe gilt sie als eines der eindrucksvollsten Denkmäler dieser Art in der Region. Als steingewordene Erinnerung an die ehemalige Sowjetunion zeugt sie heute auch von der komplexen Auseinandersetzung mit der kommunistischen Vergangenheit.

In den Jahrzehnten der sowjetischen Herrschaft wurden in den Ländern Zentralasiens zahlreiche Lenin-Statuen aufgestellt – so wie auch die in Osch in den 1980er Jahren. Die Denkmäler dienten nicht nur als Tribut an den Gründervater des sowjetischen Staates, sondern auch als Zeichen politischer Dominanz der damaligen Regierung. Dabei konnten die Statuen nicht groß genug sein und wurden immer wieder in ihrer Größe übertrumpft. Die Denkmäler wurden zu einem Treffpunkt für politische Versammlungen oder Veranstaltungen und fungierten auch als Schauplatz für Feierlichkeiten und Paraden.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 begann eine Debatte über den weiteren Umgang mit den Lenin-Statuen. Eine wachsende Zahl von Menschen argumentierte, dass sie ein Symbol düsterer Vergangenheit darstellten, die es zu überwunden gelte. Sie sahen in den Denkmälern vorrangig ein Relikt der unterdrückerischen Sowjetzeit und forderten die Entfernung. Das Ergebnis waren unterschiedliche Ansätze der Handhabung in den zentralasiatischen Nachfolgerepubliken der Sowjetunion. In manchen Städten wurden die Denkmäler entfernt, um Platz für Neues zu schaffen. In anderen wurden die Statuen an abgelegeneren Orten aufgestellt, um weiterhin eine Form der historischen Aufarbeitung zu ermöglichen. Wieder andere, wie die in Osch, blieben an ihrem ursprünglichen Ort stehen, um dort als Ort der Erinnerung in jeglicher Hinsicht zu dienen.

Foto: Jan Philipp Fleischer
Text: Laura Sinem Hönes

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