Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hat in einem Telefonat mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew vorgeschlagen, weitere Friedensgespräche zwischen Baku und Jerewan in Kasachstan abzuhalten – Astana oder Almaty kamen dabei als mögliche Veranstaltungsorte zur Sprache.

Tokajew gratulierte Alijew zur Unterzeichnung einer Friedenserklärung in Washington unter Vermittlung von US-Präsident Donald Trump. Er betonte, dass diese Erklärung dem Völkerrecht und den UN-Resolutionen entspreche und positive Impulse für die regionale Zusammenarbeit im Südkaukasus setzen könne.

Alijew zeigte sich dankbar und würdigte die historische Bedeutung der Vereinbarungen. Tokajew kündigte zudem ein Telefonat mit Armeniens Premierminister Nikol Paschinjan am heutigen Montag an. Die Friedenserklärung zwischen Aserbaidschan und Armenien war am 8. August im Weißen Haus unterzeichnet worden – ein symbolträchtiger Schritt hin zu einem umfassenden Friedensvertrag.

Eine Schlüsselkomponente der Vereinbarung ist der sogenannte „Trump Route for International Peace and Prosperity“ (TRIPP): ein Transitkorridor von Baku zur aserbaidschanischen Exklave Nakhchivan durch armenisches Gebiet, einschließlich Infrastruktur für Transport und Energie, dessen Entwicklung von einem US-Konsortium realisiert werden soll.

Kasachstan als neutraler Gastgeber

Kasachstan bietet sich als neutraler und erfahrener Gastgeber an: Bereits 1991 vermittelte der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew gemeinsam mit Russlands Boris Jelzin das Zheleznovodsk-Kommuniqué zwischen Armenien und Aserbaidschan – auch wenn es später nicht ratifiziert wurde und durch komplexe Ereignisse gestört wurde.

Unter Tokajew hat Kasachstan seine Rolle als Vermittler wieder verstärkt. Das Land verfolgt eine sogenannte „Multi-Vektor“-Außenpolitik, die starke Beziehungen zu Russland, China, den USA und Europa fördert, um als neutraler, stabiler Vermittler akzeptiert zu werden.

Astana hat bereits internationale Erfahrung als Gastgeber von Verhandlungen, etwa bei den „Astana-Gesprächen“ zur Syrien-Krise, als auch beim Treffen mit dem Iran über sein Atomprogramm. Auch bilaterale Beziehungen zu Armenien wurden aktiv ausgebaut: Bei Tokajews Besuch in Eriwan im April 2024 wurden zehn Abkommen unterzeichnet, darunter ein Wirtschafts-Roadmap-Plan bis 2025 mit einem Ausbau des bilateralen Handels auf bis zu 350 Millionen USD.

Die Auswahl Almatys als Tagungsort ist symbolisch geladen: Hier wurde im Dezember 1991 die Alma-Ata-Erklärung unterzeichnet, die den Grundstein für die spätere Entwicklung der Staaten der GUS legte, einschließlich der Festlegung zwischenstaatlicher Grenzen. Beobachter sehen in Kasachstan daher einen ausgewogenen und logistiksicheren Gastgeber, der Verständnis für beide Seiten bietet und gleichzeitig eigene wirtschaftliche Interessen, insbesondere in Bezug auf Transitkorridore wie dem Mittleren Korridor, verfolgt.

Tokajews Initiative, als Gastgeber für Friedensgespräche zwischen Armenien und Aserbaidschan zu fungieren, ist kein isolierter Vorschlag – sie basiert auf Kasachstans langfristigem außenpolitischem Ansatz: einem Mix aus Neutralität, regionaler Verantwortung und strategischem Eigeninteresse. Die Verbindung zur Geschichte in den 90er Jahren, Erfahrung als Gastgeber internationaler Friedensgespräche und die aktuelle geopolitische Dynamik im Südkaukasus verleiht dieser Rolle besondere Glaubwürdigkeit.

DAZ

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