Antikitsch, Anmut und Leidenschaft durch das Prisma aus Eis und Flammen: Katharina Müller und Tim Dieck – das ist eine bezaubernde Lovestory, gepaart mit hinreißenden Tänzen, intensiven Emotionen und kräftezehrender Arbeit.

Dieses lächelnde und kecke Paar wird von tausenden Verehrern des Eiskunstlaufs auf der ganzen Welt bestaunt: Katharina und Tim – zweifache deutsche Meister, Meister der NRW-Trophy 2016 und 2018, Gewinner der Silbermedaille des Nizza International Cup. Übrigens ermöglichte es die lebhafte und emotionale Darbietung des Dieck-Müller-Duos bei den Weltmeisterschaften 2021, für Deutschland eine Eintrittskarte für die Olympischen Spiele zu holen.

Es ist bekannt, dass Tim Dieck ein gebürtiger Deutscher ist. Er wurde in Dortmund in eine Familie professioneller Eiskunstläufer geboren. Die Mutter von Katharina Müller stammt aus der Ukraine, und der Vater – ein Deutscher – wurde in Kasachstan geboren. Seine Vorfahren waren Anfang der 40er Jahre nach Zentralasien deportiert worden. Deshalb bewältigt die junge Sportlerin nicht nur Pirouetten und Rotationen ausgezeichnet, sondern beherrscht auch perfekt Deutsch und Russisch.

Heute trainieren Tim und Katharina in Moskau, führen selbstvergessen mit der ihnen eigenen Improvisation und ihrem Glanz ihren Blog im Internet und träumen von zukünftigen Siegen.

Katharina, eine sehr berühmte deutsche Eiskunstläuferin und übrigens Ihre Namensvetterin, behauptete einmal: „Der Eiskunstlauf ist eine Mischung aus Kunst und Sport.“ Was denken Sie darüber?

Dem stimme ich absolut zu. Die Aufgabe der Eiskunstläufer ist es, eine glänzende und wunderschöne Vorstellung zu kreieren, bei der sie gekonnt, aber gleichzeitig leicht, extatisch und voller Freude über die spiegelnde Oberfläche des Eises schweben. Es erklingt schöne Musik, die Lichter flackern, das Publikum ist begeistert… Dabei ahnt der Betrachter nicht, wie viel Mühe, Arbeit und Schweiß hinter dem stimmungsvollen Bild stecken.

…welches unendlich weit von der Realität entfernt ist?

So kann man es natürlich auch sagen. Jeder Profisport ist eine ernstzunehmende Angelegenheit und buchstäblich Knochenarbeit. Wenn man sich ständig selbst zwingen und überwinden muss, seinen Körper trotz der Umstände in Form zu halten, selbst wenn die unerträglich sind… Hinaus auf das Eis zu gehen, Stützen und Haken usw. zu zeigen, das ist nur die halbe Miete. Man muss auch die Seele, Emotionen, Ästhetik mit einbeziehen. Der Eiskunstlauf, insbesondere der Paarlauf, ist ein sinnlicher Sport; er steckt voller Emotionen. Dazu ist es wichtig, auf den Partner zu hören, ihn zu fühlen, ein Gleichgewicht mit ihm zu finden.

Wie sieht es mit den Trainingsbedingungen in Deutschland aus?

Für Sportlerpaare sind die Bedingungen gut, zum Beispiel zeigt sich Aljona Sawtschenko, eine deutsch-ukrainische Eiskunstläuferin, auf internationaler Ebene hervorragend. Unter den „Einzelläufern“ gibt es ebenfalls exzellente Eiskunstläufer… Allerdings fehlt es an qualifizierten Trainern, echten Assen auf ihrem Gebiet, die den Athleten nicht nur dabei helfen könnten, auf die Beine zu kommen, sondern sich auch auf internationaler Ebene zu halten… Ja, in Oberdorf gibt es zum Beispiel Michael Huth, ein wunderbarer Eiskunstlauftrainer, ehemaliger Einzelläufer, Meister der DDR und Teilnehmer an den Olympischen Spielen. Und das ist im Allgemeinen vermutlich alles. Tanzpaare sind in einer sehr schwierigen Situation. In der letzten Saison mussten sie Deutschland verlassen und in andere Länder ziehen: in die USA, nach Kanada, nach Russland. Tim und ich wurden von Vitali Schultz ausgebildet. Aber auch wir mussten gehen, weil wir uns weiterentwickeln und unser Niveau steigern mussten, und dafür gab es keine angemessenen Bedingungen.

Jetzt trainiert ihr in Russland?

Bereits seit drei Jahren. Aber um ehrlich zu sein, aufgrund der Pandemie laufen wir seit fast einem Jahr bereits wieder in Deutschland: wir mussten schnell einen Ausweg aus dieser Zwangslage finden. Und wir hatten sozusagen das Glück, zu einem gewissen Konsens zu gelangen, indem wir den wunderbaren Nationaltrainer Martin Skotnitski, der bereits über 70 Jahre alt ist, dazu überreden konnten, uns als Paar zu trainieren. Und um ehrlich zu sein, war das für ihn nicht einfach: Immerhin besteht ein großer Altersunterschied.

Wie teuer ist es, heute Eiskunstlauf in Europa zu betreiben?

Der Sport selbst ist nicht gerade billig. Im Vergleich zu Amerika sind die Preise in Europa allerdings mehr oder weniger vertretbar. In den USA geht das meiste Geld weg – dort Eiskunstlauf zu betreiben, ist sehr kostspielig. Tim und ich haben versucht, in den USA zu trainieren, aber wir konnten es uns dort nicht leisten. Natürlich gibt es auch in Europa „teure“ Trainer: insbesondere Barbara Fusar-Poli aus Italien. Aber sie ist zweifellos eine erfahrene Lehrerin und Trainerin, die Paare gekonnt auf internationales Niveau bringt, deshalb kosten ihre Dienste nicht wenig. Im Allgemeinen haben die Europäer einen eher spezifischen und pragmatischen Ansatz für den Sport: es wird lieber jeder überflüssige Cent gespart, als das Geld für professionelle Trainer auszugeben. Der Fokus liegt auf der Wirtschaftlichkeit, daher ist die Situation mit Künstlern auf Weltklasse-Niveau eigentlich bedauerlich.

Anscheinend hatten Ihre Eltern eine andere Meinung, als sie Sie dem Eiskunstlauf überließen?

Als ich fünf Jahre alt war, wurde im Familienrat entschieden, dass sich das Kind mit etwas beschäftigt werden muss. Es wurde eine Karte für zehn Trainingsstunden gekauft und beschlossen, zu sehen, ob mich Eiskunstlauf interessieren würde. Am Ende hat es mir sehr gut gefallen. Bereits nach sehr kurzer Zeit lief ich meinen ersten Klubwettbewerb und belegte den zweiten Platz. Ich denke, dies war der Schlüsselmoment: der erste Sieg, die lebendigen Eindrücke, die funkelnden Emotionen. Sie haben meinen zukünftigen Weg weitgehend vorgegeben.

Welche Opfer mussten Sie bringen?

Die Antwort ist offensichtlich und simpel: Viele Profisportler sind dazu gezwungen, ihr Privatleben zu opfern. Es bleibt wenig Zeit, um mit der Familie und mit nahestehenden Menschen zusammen zu sein. Manchmal nenne ich Tim und mich Zigeuner, weil wir ständig aus dem Koffer leben: mal in Russland, mal in Deutschland, ein anderes Mal auf Wettbewerben. Im Allgemeinen gibt es keine Stabilität (lacht). Aber wir lassen uns ausschließlich von unseren guten Absichten leiten: wir haben unser Ziel und werden danach streben. Im Moment hat der Eiskunstlauf für mich die oberste Priorität – meine Zukunft und meine Vergangenheit sind damit verflochten.

Und was ist Ihr Ziel?

Die Olympischen Spiele. Und wir sind auf dem Weg dorthin.

Können Sie sich noch einmal pro Woche einen Kuchen erlauben?

Natürlich! Ohne Süßes sehe ich überhaupt keine Glückseligkeit im Leben, deshalb gönne ich mir an einem Tag der Woche, gewöhnlich ist das Samstag, etwas Leckeres. Ich erliege der Versuchung und esse, wovon ich die ganze Woche geträumt habe… Natürlich achte ich ansonsten auf die richtige Ernährung und esse hauptsächlich Gemüse. Und außerhalb der Saison kann ich mich davon erholen. Selbst wenn ich ein bisschen zunehme, das Wichtigste ist, sich nicht vom Fast Food mitreißen zu lassen, und dann verliere ich auch wieder schnell an Gewicht. Vor den Wettkämpfen herrscht selbstverständlich eine strenge Diät und eine hohe Belastung. Ein spezieller Plan sieht vor, Fett zu verbrennen und Wasser zu verlieren, damit man für den Partner so leicht wie möglich wird.

Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste beim Paarlauf: Freundschaft, Respekt oder Liebe?

Ich denke, all dies in seiner Gesamtheit. Ich sehe Tim öfter als meine Familie. Wir wissen sehr viel voneinander. Das ist eine sehr herzliche Beziehung.

Und ich habe gedacht, die romantischen Gefühle, die ihr Paar demonstriert, dazu dienen, das Image aufrechtzuerhalten.

Sagen wir es einfach ohne Selbstironie: zwischen uns besteht eine sehr enge Freundschaft. Wenn es in einem Paar zwischen Eiskunstläufern keine Sympathie, kein gegenseitiges Verständnis und keinen elementaren Respekt gibt, dann bleibt nichts hängen. Und Konflikten kann man bei weitem nicht aus dem Weg gehen: Die Energie muss man für die Arbeit und nicht für Konfrontationen aufwenden. Es ist klar, dass es zu Streitigkeiten zwischen mir und Tim kommt: der Profisport ist keine Traumwelt. Aber wir versuchen immer, vernünftig zu argumentieren und diese oder jene Situation angemessen zu betrachten. Wir waren uns auch einig, dass es keine Liebesbeziehung zwischen uns geben wird und wir uns nicht gegenseitig die Herzen brechen würden – dies würde unweigerlich Arbeit und Karriere beeinträchtigen. Das ist unsere bewusste und vernünftige Entscheidung.

Was könnte zur Zwietracht zwischen Ihnen und Tim führen?

Tim ist ein sehr zielstrebiger und ehrgeiziger Mensch, was ich zweifellos mag. Jedoch lebt er buchstäblich für den Eiskunstlauf: beinahe rund um die Uhr. Hier unterscheide ich mich etwas von ihm – mir ist Balance in allem wichtig.

Mit welchem der berühmten Choreografen würden Sie gerne zusammenarbeiten?

Eigentlich haben wir bereits jetzt die wunderbarsten Trainer: Angelika Krylowa, Maxim Stawiski und Albena Denkowa – man muss sich ihre Erfolge ansehen: es ist das ideale Trainerteam. Tim und ich bewundern sie. Daneben hatten wir auch die Möglichkeit, mit der fantastischen Marina Zuewaja und ihrem Superteam zusammenzuarbeiten: Oleg Epstein und Massimo Skalli. Wir haben jetzt die kreative Choreografin Jelena Maslennikowa, sie hilft in der Show „Ice Age“ mit. Da besteht kein Zweifel, dass die Kommunikation mit ihnen für uns etwas Besonderes und Erstaunliches sind.

Vielen Dank für das Interview. Viel Glück!

Marina Angaldt
Übersetzung: Philipp Dippl

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