Zentralasien ist seit der Unabhängigkeit der fünf postsowjetischen Länder immer wieder Schauplatz von Grenzstreitigkeiten. An einem der Standorte ist dagegen nun Bewegung in die verhärteten Fronten zweier Länder gekommen. Anlass war der Staatsbesuch des neuen kirgisischen Präsidenten in Usbekistan.

Usbekistan und Kirgisistan haben sich darauf verständigt, dass Usbekistan seine Ansprüche auf die Ortschaft Ungar-Too aufgibt, wie die Pressesprecherin des kirgisischen Präsidenten Sadyr Schaparow am Samstag erklärte. Kirgisistan verpflichte sich demnach im Gegenzug, die Auto- und Flugverbindung in die usbekische Exklave Soch freizugeben. Fragen der Grenzdemarkation im betroffenen Gebiet sollen innerhalb der nächsten drei Monate geklärt werden. Für die Lösung weiterer umstrittener Grenzfragen wurde laut der Sprecherin Schaparows bereits eine Spezialkommission ins Leben gerufen.

Die beiden Orte im besonders umstrittenen Ferghanatal waren in den letzten Jahren häufiger Ziel von zum Teil gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Usbekistan und Kirgisistan. Oft geht es dabei um den Zugang zu natürlichen Ressourcen. Erst im Mai vergangenen Jahres kam es in der kirgisischen Oblast Batken, wo auch die usbekische Exklave Soch liegt, zu einem Konflikt zwischen Einwohnern beider Seiten. Im Streit um eine Wasserquelle schlugen diese zunächst aufeinander ein und bewarfen sich schließlich mit Steinen. Auch Behausungen wurden damals in Brand gesetzt. Bischkek und Taschkent verständigten sich im Anschluss auf eine gemeinsame Aufarbeitung der Vorkommnisse.

Konflikte auch mit Tadschikistan

Zu Streit um die Ortschaft Ungar-Too kam es unter anderem im August 2016, als kirgisische Milizionäre einen usbekischen Milizionär in dem Gebiet festnahmen. Der Vorwurf: Verletzung der Grenze. Das usbekische Militär setzte daraufhin Einheiten des Innenministeriums über dem Berg Ungar-Too ab, um so die Freilassung des Milizionärs zu erzwingen. Tage später nahmen sie zudem ihrerseits kirgisische Ingenieure in Gewahrsam, um sich von der kirgisischen Seite Zugang zu einem Wasserspeicher in dem Gebiet zusichern zu lassen.

Weil es auch mit Tadschikistan immer wieder zu Grenzstreitigkeiten kommt, hatte Sadyr Schaparow bereits im vergangenen Jahr friedliche Lösungen angemahnt. Er forderte eine beschleunigte Lösung der bestehenden Streitigkeiten Kirgisistans mit seinen Nachbarn durch eine klarere Demarkation der Grenzlinien. „Es gibt keine unlösbaren Probleme. Jede Frage kann auf dem Wege friedlicher Verhandlungen gelöst werden“, so Schaparow damals.

Kirgisistan und Usbekistan schließen Investitionsabkommen

Die nun geschlossene Vereinbarung ist eines der Ergebnisse des Staatsbesuchs Schaparows im Nachbarland. Für Schaparow war es der insgesamt dritte offizielle Besuch seit seinem Amtsantritt. Zuvor hatte er bereits Russland und Kasachstan besucht. Bei dem Treffen mit seinem usbekischen Amtskollegen Shavkat Mirziyoyev ging es neben dem Grenzabkommen auch um die Zusammenarbeit beider Länder in den Bereichen Industrie, Energie und Militär. Insgesamt unterzeichneten die beiden Staatsoberhäupter 22 Dokumente.

Dazu zählen ein Maßnahmenpaket zur Erweiterung und Vertiefung der Industriekooperation, in dessen Rahmen die Umsetzung von 50 Projekten vorgesehen ist. Großes Augenmerk lag zudem auf einem Abkommen zur Gründung eines usbekisch-kirgisischen Investitionsfonds. Dieser verfüge über ein Gründungskapital von 50 Millionen US-Dollar, erklärte der kirgisische Vize-Premierminister für Finanzen und Wirtschaft Ulukbek Karmyschakow auf einem Business-Forum in Taschkent. Darüber hinaus wurden Dokumente über gegenseitige Energielieferungen sowie über die Zusammenarbeit beim Bau von Wasserkraftwerken in Kirgisistan unterzeichnet.

Der usbekische Präsident Shavkat Mirziyoyev verkündete zudem, dass die Voraussetzungen für die Aktivisierung von Geschäftskontakten verbessert werden sollten. Auch neue Kooperationsprojekte in den Bereichen Handel, Landwirtschaft, Transport und Infrastruktur in Höhe von insgesamt 900 Millionen US-Dollar seien vorgesehen. „Ich bin sicher, dass der gemeinsame Investitionsfonds dazu beitragen wird, diese Projekte voranzubringen“, so Mirziyoyev.

cstr.

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