Bei ihrem Treffen haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin angekündigt, die Beziehungen beider Länder auszubauen. Auch die deutsche Tagespresse äußert sich zum Staatsbesuch: THÜRINGER ALLGEMEINE (Erfurt)
Der Empfang war kühl, aber für Moskauer Verhältnisse nicht wirklich frostig. Was sollen Deutschland und Russland, unabhängig davon, wer gerade regiert, auch tun? Beide Länder sind jenseits aller Differenzen schon allein wegen ihrer Lage und Größe in Europa aufeinander angewiesen. Deshalb war auch das Risiko für Angela Merkel, einiges von dem, was ihr Vorgänger gerne nur genuschelt hat, offen anzusprechen, überschaubar. In die Sauna wird sie mit Wladimir Putin ohnehin nicht wollen. Alles andere lässt sich sachlich am Verhandlungstisch regeln.
TAGESSPIEGEL (Berlin)
Angela Merkel erweckt den Eindruck, als betrachte sie Problemstellungen weniger vom Konflikt her als von der denkbaren Lösung. Nach dem Besuch in Washington und am Ende der Reise nach Moskau wird deutlich, dass die Außenpolitik der Bundesrepublik sich wieder auf traditionelle, bewährte Gesetzmäßigkeiten besinnt. Dazu gehört, sich niemals in eine Situation hineinmanövrieren zu lassen, in der man zwischen den USA und Frankreich entscheiden muss. Genau in diese Lage geriet Deutschland in der Irakkrise, als es sich zusammen mit Frankreich und Russland gegen die USA positionierte.
WESTDEUTSCHE ZEITUNG (Düsseldorf)
Merkel tut gut daran, Missstände klar anzusprechen, ohne ihre jeweiligen Gesprächspartner bloßzustellen. Sie tut gut daran, Polarisierungen zu vermeiden und stattdessen wieder jene Mittlerrolle einzunehmen, die einer Mittelmacht zukommt – eine Mittlerrolle, die mit Blick auf neue Konflikte – siehe Iran – Gold wert sein kann. Merkels neuer Kurs ist insofern ein alter. Ihr Außenminister Frank-Walter Steinmeier von der SPD wird sich kaum gegen diese Normalisierung stemmen. Er hätte dazu momentan auch gar nicht die politische Kraft.
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (München)
Merkel wird zeigen müssen, ob sie auf Dauer den Einflüsterern, etwa aus dem Kreise der deutschen Wirtschaft, wird widerstehen können. Einige von ihnen wie der Vorsitzende des Ostausschusses, Klaus Mangold, werden ihr weismachen wollen, dass gute Geschäfte in Russland nur zum Preis der Servilität gegenüber dem Kreml gemacht werden können. Nötig aber ist in Wahrheit jene Balance, die Merkel bislang andeutet: Deutschland kann in Russland durchaus partnerschaftlich seine Interessen vertreten, ohne seine demokratische Seele zu verkaufen. Auf das richtige Maß kommt es an.