Gibt es bald keine Saiga-Antilopen mehr? Eine mysteriöse Epidemie rafft massenweise Saiga-Antilopen dahin. Die seltenen Huftiere sind besondere Weidetiere der kasachischen Steppe. Deutsche Experten rätseln an der Ursache der verheerenden Saiga-Seuche.
Die Saiga-Antilope ist vom Aussterben bedroht. Seit Mitte Mai sind tausende Saigas an einer mysteriösen Infektionskrankheit gestorben. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums der Republik Kasachstan handelt es sich bisher um 85.000 tote Tiere.
Internationale Forscher sind dabei, sich ein vollständiges Bild über die Saiga-Seuche zu verschaffen. „Es wird noch gezählt, aber wir gehen davon aus, dass mehr als 100.000 Tiere betroffen sind“, sagt Steffen Zuther von der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF).
Besonders viele Tierleichen sind im Bezirk Kostanai und Akmola gefunden worden. „Das ist eine Katastrophe“, sagt Zuther. Die Population sei dort vor dem Massensterben sogar gestiegen. „Darüber haben wir uns noch gefreut“, sagt der Saiga-Experte. Der Geoökologe ist Projektleiter für die Zoologische Gesellschaft Frankfurt.
Er forscht zusammen mit Experten aus dem kasachischen Landwirtschaftsministerium und dem Königlichen Tierärztlichen Institut der Universität London an den Ursachen der mysteriösen Epidemie.
Kasachische Medien haben das Massensterben in Zusammenhang mit dem Absturz der Proton-Rakete verbunden.
Der Unfall hatte sich Mitte Mai auf dem Gelände des Weltraumbahnhofs Baikonur ereignet. „Kostanai, Akmola und Aktobe sind weit entfernt von der Absturzstelle. Wir denken, dass es keinen direkten Zusammenhang mit dem Massensterben gibt“, sagt Maibek Moldabekov, Vize-Chef der kasachischen Raumfahrtbehörde.
Das Landschaftsministerium vermutet hingegen eine andere Ursache. Für das Massensterben könnte das Pasteurellosis-Bakterium verantwortlich sein, teilt der stellvertretende Landwirtschaftsminister Erlan Nysanbaev mit.
Die Experten der Zoogischen Gesellschaft Frankfurt sind sich allerdings nicht so sicher. „An was die Tiere gestorben sind, wissen wir noch nicht“, erläutert ZGF-Sprecher Michael Brombacher. Das Bakterium könne sich lediglich schädlich auf den Organismus auswirken, wenn die Tiere zum Beispiel durch Wettereinfluss oder eine Kalbung geschwächt seien. Noch im Jahr 2014 wurden in der Betpak-Region 217.000 Saigas gezählt.
In der Vergangenheit haben bereits öfter ungeklärte Seuchen die seltenen Steppentiere heimgesucht. Anfang der 1990er starben massenweise Saigas am Aralsee. Experten führten diese Epidemie auf Milzbranderreger zurück. Zu Sowjetzeiten gab auf der ehemaligen Aralsee-Insel Wosroschdenije ein geheimes Versuchslabor für Biowaffen. Dort führten Forscher Experimente mit Milzbrand-Erregern durch. Die gefährlichen Bakterien vergruben sie auf der Insel, die seit 2008 Teil des Festlands ist.