Immer wieder kommt es in der Grenzregion zwischen Kirgisistan und Tadschikistan zu Scharmützeln zwischen beiden Seiten. Grund ist der umstrittene Grenzverlauf. Neuester Anlass für Streit ist eine Auseinandersetzung, die sich am Sonntag abspielte. Dabei kamen auch Schusswaffen zum Einsatz, verletzt wurde aber niemand.
Die Spannungen zwischen Kirgisistan und Tadschikistan köcheln seit einigen Tagen wieder hoch. Anlass ist ein Vorfall, der sich am Sonntag in der Grenzregion zwischen beiden Ländern ereignete. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen, als Einwohner einer tadschikischen Siedlung beim Verlegen von Rohren mit kirgisischen Grenzschutzeinheiten aneinandergerieten. Die 25 bis 30 Soldaten eröffneten laut Angaben des tadschikischen Staatskomitees für nationale Sicherheit das Feuer, Verletzte gab es dabei jedoch nicht.
Die tadschikischen Sicherheitskräfte warfen den kirgisischen Grenzsoldaten daraufhin vor, mit einer „gezielten Provokation“ die Situation in der Region zwischen beiden Seiten zu erschweren. Der Gebietsabschnitt, in dem die Arbeiten stattfanden, befinde sich auf tadschikischem Territorium.
Die kirgisische Seite sieht das anders. Sie behauptet, dass es sich um ein Gebiet handelt, das die Regierung in Bischkek als umstritten einstuft. Dabei beruft sie sich auf ein Abkommen zwischen den Regierungen beider Länder, das jegliche Arbeiten in ebenjenem Abschnitt untersage. Die Grenzschutzeinheit habe die tadschikischen Staatsbürger aufgefordert, ihre Aktivitäten einzustellen, so der kirgisische Grenzschutzdienst in einer Mitteilung. Daraufhin sei es zu einem Handgemenge gekommen, in dessen Folge sich die Grenzschützer „genötigt gesehen“ hätten, „einen Schuss in die Luft abzugeben“.
Grenze zwischen Kirgisistan und Tadschikistan regelmäßig Schauplatz von Konflikten
Im konkreten Fall geht es um einen Grenzbezirk in der verschachtelten Grenzregion, den der Fluss Isfara als natürliche Grenze trennt. Auf tadschikischer Seite befindet sich die Siedlung Chodscha Alo, auf kirgisischer das Dorf Utsch-Dobo. Der Vorfall ist bei weitem nicht der erste seiner Art. Bereits im August gab es im gleichen Bezirk eine Auseinandersetzung, bei der ein tadschikischer Staatsbürger ums Leben kam und ein kirgisischer Grenzschützer verletzt wurde.
Von den mehr als 900 Kilometern Grenze, die sich beide Staaten teilen, ist etwa die Hälfte nicht genau festgelegt ist. So kam es auch schon an anderen Abschnitten zu Gewalt. Etwa im Mai, als bei einem Streit zwischen Einwohnern beider Seiten um ein Stück Land Jagdwaffen und Granaten eingesetzt wurden. Im Dezember 2019 waren bereits Einwohner zweier anderer Grenzdörfer aneinandergeraten. Der Konflikt endete in einer Schießerei zwischen Grenzschutzeinheiten beider Länder mit mehreren Verletzten. Die größte Eskalation der letzten Zeit hatte es im September davor gegeben. Damals waren ein kirgisischer und drei tadschikische Grenzer gestorben und mehr als zehn Einwohner beider Seiten zu Schaden gekommen.
Schaparow: Konfliktlösung nur auf friedlichem Wege
Erste Bemühungen zu einer Deeskalation der neuen Spannungen gab es am Montag. So besprach der neugewählte kirgisische Ministerpräsident Sadyr Schaparow die Situation mit dem Leiter des kirgisischen Grenzschutzes. Dabei forderte er eine beschleunigte Lösung der bestehenden Streitigkeiten Kirgisistans mit seinen Nachbarn durch eine klarere Demarkation der Grenzlinien. Dies könne jedoch nur auf friedlichem Wege geschehen. „Es gibt keine unlösbaren Probleme. Jede Frage kann auf dem Wege friedlicher Verhandlungen gelöst werden“, so Schaparow, der noch bis Dezember in Personalunion die Amtsgeschäfte des Staatsoberhaupts ausüben wird, in einer Mitteilung des präsidialen Pressedienstes.
Darin heißt es auch, dass Schaparow in Kürze zu einem mehrtägigen Arbeitsbesuch in die umstrittene Grenzregion aufbrechen will, um sich einen Überblick über die bestehenden Probleme zu verschaffen.
cstr.