Das Österreichische ist so manchem Deutschen ein großes Mysterium. Der Grund dafür ist nicht nur die Aussprache, sondern auch allzu oft das andersartige Vokabular. In unserer Reihe Österreichisch für Anfänger bemüht sich Rafaela Lobaza, gebürtige Österreicherin, einen Einblick in das Sammelsurium der österreichischen Wörter und Phrasen zu bieten, die einem Deutschen wohl eher unbekannt sind. Diese Woche widmen wir uns dem Wort „sudern“.
Beim Sudern handelt es sich um eine Tätigkeit, die in ganz Österreich praktiziert wird. Jedoch wird in Wien so viel mehr und mit soviel liebevollem Einsatz gesudert, dass sich manch ein Tiroler oder Oberösterreicher, der nach Wien zieht, ganz neue Sudertechniken aneignen muss, um dort nicht aufzufallen. Sudern bedeutet soviel wie jammern und ist eng verwandt mit dem Raunzen, das an dieser Stelle erst vor ein paar Wochen beschrieben wurde.
Das Wichtigste beim Sudern ist, wie schon erwähnt, die richtige Technik. Man muss sich Zeit lassen beim Sudern. Jedes kleine Problemchen, über das man sich beschwert, verdient es, einige Stunden bearbeitet zu werden. Am besten ist es sogar, täglich auf dieselben Themen zurückzukommen und sich immer wieder über dieselben Aspekte aufzuregen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass das Sudern nie, aber wirklich nie, lösungsorientiert sein darf. Die Gefahr einer Lösung liegt darin, dass man sich dann die neuen Suderthemen für die nächsten Wochen wieder hart erarbeiten oder sie vielleicht sogar erfinden muss. Wenn man sich beim Sudern an all diese Regeln hält und alles richtig macht, dann erhält mit viel Glück vielleicht irgendwann den netten Titel „alter Suderant“. Man muss sich nur ein bisschen bemühen.