„Münchner Merkur“ zu Stoibers Bundestagswahlkampf:

„Es liegt im Wesen der Schadensbegrenzung, dass der Schaden durch sie noch größer werden kann. Nachdem er Wähler in Ostdeutschland verunglimpft hatte, musste Edmund Stoiber einen medialen Entlastungsangriff starten. Ein TV-Duell mit Oskar Lafontaine erschien als geeignete Nebelkerze. Das „Ereignis“ sollte von eigenen Fehlern ablenken. Dass er Lafontaine mit einer Einladung zum Duell auf Augenhöhe hebt, ihn salonfähig macht, nimmt Stoiber ebenso in Kauf wie das Risiko, rhetorisch zu unterliegen. Er hat zudem nicht bedacht, dass das Fernsehduell CSU-PDS der Kanzlerkandidatin die Show stehlen würde. Angela Merkel möchte sich fast zeitgleich mit Gerhard Schröder messen. Offenbar auf Druck Merkels musste Stoiber auf ein „Zeitungsduell“ ausweichen, im Wissen, dass diese Form der Auseinandersetzung bei der eigenen Truppe wenig Akzeptanz findet. CSU-Vordenker Alois Glück hat kürzlich der Politik ins Gewissen geredet: Die Neigung zu „Duellen“ sei ein „fataler Irrweg, eine besonders starke Sumpfblüte des Trends, Politik um des Fernsehens willen zu inszenieren“. Inszenierung sei „genau das Gegenteil von sachorientierter Politik“, so Glück. Geht es der Union überhaupt um die Sache? Oder geht es wieder um Stoiber gegen Merkel gegen Wulff gegen Stoiber? Knapp fünf Wochen vor der Wahl spielt die Union mit Elan auf das eigene Tor. Dabei liegt der Ball auf der Elfmeterlinie. Merkel und Stoiber drohen den sicher geglaubten Sieg doch noch zu verspielen.“

(„Münchner Merkur“, München, 15. August 2005)

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