Geschubst, ausgelacht und beleidigt zu werden gehört für viele Jugendliche zum Schulalltag. Das bestätigte eine aktuelle Umfrage unter Schülern des Gymnasiums Nr. 18 in Almaty. Ob in der baden-württembergischen Kleinstadt Oberkochen zwischen Ulm und Stuttgart oder in der Großstadt Almaty – die Form der Gewalt unterscheidet sich nicht. Im Rahmen eines Schüleraustausches präsentierten die kasachstanischen und deutschen Jugendlichen Ende September in Almaty Theater und Zahlen zum Thema „Jugend und Gewalt“.

/Bild: Olesja Klimenko. ‚Der Weg eines Schülers zum Gewalttäter: „Geschubst, ausgelacht und beleidigt“.’/

Glitzersterne in Blau und Weiß. Blümchen in Filzstiftrosa. Darunter hängt in Großbuchstaben, jeder Buchstabe einzeln auf DIN A-4 Papier gedruckt, schräg nebeneinander an die Wand hinter der Bühne geklebt, das Thema „Jugend und Gewalt“. Zwei Jahre haben sich Schüler des Ernst-Abbe-Gymnasiums in Oberkochen und Schüler des Gymnasiums Nr. 18 mit diesem Problem beschäftigt. Ende September zeigten die Schüler aus Deutschland und Kasachstan gemeinsam ihre Abschlusspräsentation.

Auf ein eindrucksvolles Theaterstück über den Weg eines Jugendlichen zum Gewalttäter folgen selbst erstellte Statistiken. In deutsch-kasachstanischen Zweierteams präsentieren die Jugendlichen ihre Ergebnisse: 227 Schüler der Schule Nr. 18 haben an der Umfrage teilgenommen, 62 Prozent der Jungen und 55 Prozent der befragten Mädchen haben Erfahrung mit Gewalt gemacht. Zu den am häufigsten genannten Antworten zählen geschubst, ausgelacht und beleidigt zu werden.

Hart erarbeiteter Kompromiss

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Nun steht der deutsche Schüler in schwarzen Jeans mit angedeutetem Irokesenschnitt auf der Bühne, hält sich lässig am Statistikplakat fest, und sein Partner entpuppt sich als Mitschüler aus Oberkochen. Die Übersetzung ins Russische stockt. „Das muss jetzt mal übersetzt werden!“, ruft der Lehrer. „Warum sagen Sie mir das!“, ruft der Schüler zurück. Hinter den Jugendlichen liegt eine anstrengende Zeit, das Abschlussprojekt ist ein hart erarbeiteter Kompromiss.

Bereits seit 18 Jahren besteht der Schüleraustausch zwischen dem naturwissenschaftlichen Gymnasium in der baden-württembergischen Kleinstadt Oberkochen und der Schule Nr. 18 in Almaty. Auch nach bereits erfolgreichen gemeinsamen Abschlussarbeiten zu Themen wie Poesie und Musik, FairPlay oder gesunde Ernährung prallen bei der Projektarbeit noch immer unterschiedliche Vorstellungen aufeinander. In Kasachstan bestimmt der Lehrer das Vorgehen, in Deutschland kann der Schüler auch mal den Lehrer im ruppigen Ton auf einen Fehler hinweisen. Ein Vergleich der Schulsysteme in beiden Ländern war bereits Thema einer gemeinsamen Projektarbeit. Manche Themen bleiben aktuell.

Von Christine Karmann

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